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„Im Frühjahr dreht der Markt nach oben“

Lesezeit: 6 Minuten

Das weltweite Milch-Angebot ist zu groß. Das wird sich bald ändern. Dann beginnt eine neue Preis-Rallye. Wann’s losgeht, erklärt Kevin Bellamy von der niederländischen Rabobank.


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Die Preise auf dem Weltmarkt sind deutlich abgestürzt. Wie dramatisch ist die Lage?


Bellamy: Der Markt ist weiter übersättigt. Die USA hat Rekordbestände an Magermilchpulver und hohe Bestände an Käse. Die Bestände in China sind aufgrund der steigenden Milchproduktion im Inland weiter hoch. Europas Bestände in der Intervention und öffentlichen Lagerhaltung sind gewachsen, aber überschaubar. Der schwache Euro hat beim Export geholfen. Die Bestände in Neuseeland und Australien sind vermutlich relativ gering, weil sie viel Ware bei den niedrigen Preisen in den Markt gedrückt haben.


Die Milchmenge in den USA steigt, getrieben durch die günstige Milchpreis-Futterkosten-Marge. In Europa hat die Menge im ersten Quartal 2015 wegen der drohenden Superabgabe nur langsam zugelegt, dann aber stärker.Gleichzeitig hat in den USA und Europa der Milchkonsum wieder zugelegt. China fragt auf dem Weltmarkt aber nur schwach nach: Die Inlands-produktion ist gestiegen, das Konsumwachstum abgeflacht. Aber aufgrund der niedrigen Preise dürfte die heimische Produktion sinken und somit die Bestände schmelzen. Russlands Embargo bleibt hingegen bestehen. Weil der Rubel abgewertet ist, dürften die Russen so schnell nicht in den Markt zurückkommen.


Die weltweiten Markt-verwerfungen sind also nur dem Russland-Embargo und Chinas schwächelnder Wirtschaft geschuldet?


Bellamy: Ganz so einfach ist es nicht. Denn die Hauptursache für den weltweiten Preissturz ist das hohe Milch­angebot. 2014 hat die globale Milchmenge rasant zugelegt. Im Jahr zuvor hatten alle Märkte noch schwierige Produktionsbedingungen: Europa hatte 2013 ungünstige Witterungsbedingungen, im Mittleren Westen der USA gab es eine Dürre, Neuseeland litt unter einer Trockenperiode und China hatte mit dem Wetter und Tierkrankheiten zu kämpfen. 2014 verbesserten sich die Bedingungen in allen Ländern, parallel stiegen die Milchpreise – ideale Bedingungen für die Milchproduktion. Die Milchmenge stieg bis zur Überversorgung, die Preise begannen zu fallen. Doch gleichzeitig sanken die Produktionskosten, beispielsweise durch den schwachen Euro oder den niedrigen Ölpreis. Deshalb stieg die Milchmenge weiter. Dann brach die Nachfrage in China und Russland ein. Das führte zu einem ähnlichen Crash wie 2009 (Übersicht).


Ist die Talsohle bei den Preisen denn jetzt erreicht?


Bellamy: Davon ist auszugehen. Neuseeland und Australien drücken kaum noch Bestände in den Markt, seitdem haben sich die Preise auf dem Weltmarkt stabilisiert. Die Rabobank schätzt, dass die Milchproduktion in Neuseeland in diesem Jahr um 11 % niedriger ausfallen wird als im Vorjahr. Denn die Milchpreise sind extrem niedrig und die Farmer haben bereits vermehrt Kühe geschlachtet. Sollte es zu einer lang anhaltenden Dürre aufgrund des Wetterphänomens El Niño kommen, könnte der Rückgang noch stärker ausfallen. Auch in Europa wird sich die Milchproduktion aufgrund der angespannten Liquidität der Milch-erzeuger abschwächen. Und das Export-Angebot aus den USA könnte über den Winter abnehmen.


Dreht der Markt also bald wieder nach oben? Wann steigen die Milchpreise endlich wieder?


Bellamy: Ganz so schnell geht es nicht. Die meisten Mengeneffekte werden erst Anfang 2016 spürbar sein. Hinzu kommt, dass China erst zu Jahresbeginn 2016 wieder zollvergünstigte Waren einführt, was die Nachfrage stimuliert. Die Rabobank geht deshalb davon aus, dass der Markt im ersten Quartal 2016 nach oben dreht und der Preisanstieg im zweiten Quartal 2016 deutlich an Fahrt aufnimmt. Dann steigen auch die Milchpreise wieder.


Gibt es neue Impulse vom Weltmarkt – jetzt, wo Russland und China nicht so stark sind?


Bellamy: Auf jeden Fall. Zunächst einmal ist wichtig, dass – abgesehen von Russland und China – die Nachfrage nach Milchprodukten konstant gut ist. Neue Impulse gibt es zudem beispielsweise für Milchfett: In den USA ist der Zusammenhang zwischen gesättigten Fettsäuren und Herzerkrankungen widerlegt, gleichzeitig sind ungesättigte (Trans-) Fettsäuren in Margarine verboten. Das hat die Butter-Nachfrage stark beflügelt. Auch in Europa steigen die Preise für Milchfett aufgrund der hohen Nachfrage.


Aber natürlich gibt es auch Rückschläge: So läuft beispielsweise der Trend zu griechischem Joghurt in den USA aus, der Absatz stabilisiert sich. Und in Europa sind alle Käseproduzenten direkt oder indirekt von dem Russland-Embargo betroffen. Sie mussten von heute auf morgen die Produktion umstellen oder neue Absatzkanäle suchen. Das klappt aber immer besser.


Konkret: Wie haben sich die Handelsströme verschoben? Welche Regionen fragen stärker nach?


Bellamy: Der globale Milchhandel hat sich auf mehrere Wege verschoben. Zunächst haben viele Länder kleine Mengen auf dem Milchmarkt gekauft. Die Käufer kamen vor allem aus dem Mittleren Osten, Nord-Afrika und Südost-Asien. Viele haben sich aufgrund der niedrigen Preise überversorgt und warten, bis die Nachfrage im Land anspringt. Die Importmengen deutlich ausgebaut haben bisher Nord-Afrika und Südost-Asien. Der Import von West-Afrika ist sonst auch gewachsen, jetzt aufgrund der niedrigen Ölpreise aber zurückgefallen.


Der Welthandel hat sich auch aufgrund des Dollar-Euro-Kurses ver­schoben. So sind die europäischen Milchprodukte jetzt wettbewerbsfähiger, die EU hat deutlich mehr in die USA exportiert.


Wird sich der Nachfrage­zuwachs fortsetzen? Wie sind die längerfristigen Aussichten für den Milchmarkt?


Bellamy: Die Fundamentaldaten für den mittelfristigen Ausblick sind gut. Bis zum Jahr 2020 wird die Nachfrage nach Milchprodukten um rund 2 % jährlich steigen. Das ist nicht so viel wie in der Zeit von 2000 bis 2010, aber mehr als in den letzten fünf Jahren. Wenn der wirtschaftliche Aufschwung anhält, werden sich viele Schwellenländer nicht selbst versorgen können. Der globale Handel muss zulegen, um die Nachfrage zu befriedigen. Wir gehen von einer weiteren Handelsmenge von 20 Mio. t bis 2020 aus. Wenn man bedenkt, dass die Betriebe bereits jetzt die besten Flächen bewirtschaften, wird sich die steigende Nachfrage nur mit einer intensiveren Produktion oder Produktion auf Grenzstandorten er­füllen lassen. Die Preise für Milchprodukte müssen also langfristig steigen.


Wird sich der Markt also einpendeln? Gibt es künftig keine Steilflüge und Abstürze der Preise mehr?


Bellamy: Doch, die starke Preisvolatilität bleibt. Denn leider hängt die Entwicklung des Milchmarktes auch von vielen nicht vorhersehbaren Faktoren ab: Wetterkapriolen, Währungsschwankungen, Handelsrestriktionen, politischen Veränderungen, Vernetzung zu Getreide-, Dünger- und Energiemärkten sowie weniger Preisstützung durch den Staat.


Was sollten Milcherzeuger tun, um mit den starken Preisausschlägen auf dem Weltmarkt zurechtzukommen?


Bellamy: Gerade in Europa sind die Milchviehbetriebe im Vergleich zu anderen Exportregionen anfälliger für niedrige Preise. Eine Konsolidierung ist wegen der hohen Landpreise schwierig. Die sieben wichtigsten Strategien, um die künftige Milchpreis-Achterbahnfahrt zu überstehen, sind in der Checkliste zusammengefasst.

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