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Jungvieh: Aufziehen oder abgeben?

Lesezeit: 5 Minuten

Für die Jungviehaufzucht gibt es zahlreiche Konzepte. Doch für wen lohnt sich die Aufzucht überhaupt und wann ist es besser, Färsen zuzukaufen?


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Arbeitszeit sowie Futter- und Stallkosten für die Jungviehaufzucht lassen sich schwer erfassen. Denn die Aufzucht läuft auf vielen Betrieben nebenbei: Altgebäude dienen als Ställe, im Trog landen Futterreste und der Senior erledigt die Brunstbeobachtung.


Wieviel Zeit und Geld das Jungvieh wirklich kostet, merken vor allem Betriebe, die Fremd-Arbeitskräfte beschäftigen. So schlagen die Kosten für die Jungviehaufzucht bzw. Remontierung mit 2 bis 4 ct/kg Milch zu Buche.


Kein Jungvieh aufzuziehen war für die meisten Betriebe trotzdem lange Zeit undenkbar. Die fragliche Qualität der Zukauftiere und die Gefahr der Einschleppung von Krankheiten sind nur zwei Gründe. Inzwischen stellen jedoch einige Milchviehhalter genau das wieder in Frage, beispielsweise um Arbeitskräfte einzusparen oder kurzfristig die Liquidität des Betriebes zu erhöhen.


Beim Wachsen zusehen


Für die Aufzucht der weiblichen Nachzucht im eigenen Betrieb oder in einem Pachtstall gibt es zahlreiche Argumente:


  • Wer das Jungvieh selbst aufzieht, hat auch die Qualität selbst in der Hand. Erkrankungen im Kälberalter wie Lungenentzündung und Durchfall sind Färsen häufig nicht mehr anzusehen. Es ist aber nachgewiesen, dass beispielsweise schon eine leichte Veränderung der Lunge die spätere Leistung maßgeblich beeinflusst.
  • Die eigene Nachzucht fügt sich in der Regel aufgrund ihrer Genetik sowie der Abwehr gegen bestandsspezifische Erreger gut in die Herde ein.
  • Der Zukauf von Rindern ist eine der häufigsten Ursachen für die Einschleppung von Krankheiten. So gelangt z.B. BHV1 in einem Drittel der Fälle durch Tierzukauf in den Bestand. Das zeigt eine Auswertung des Rindergesundheitsdienstes in Nordrhein-Westfalen. Auch Mastitiserreger können so in den Bestand gelangen. Deshalb ist es wichtig, aktuelle Blut- und Milchprobenergebnisse anzufordern und vor dem Einstallen ggf. eine Quarantäne durchzuführen.
  • Wer jetzt die Aufzucht aufgibt, muss in zwei Jahren die ersten Färsen zukaufen. Es ist jedoch unklar, wo der Marktpreis dann liegen wird.


Kleinvieh macht auch Mist


Auf der anderen Seite stehen Argumente für den Verkauf der weiblichen Kälber nach zwei Lebenswochen und den Zukauf von abgekalbten Färsen:


  • Die Aufgabe der Jungviehaufzucht verbessert vorübergehend die Liquidität des Betriebs. In den beiden Folgejahren muss dieser weniger Jungvieh arbeitsintensiv aufziehen und zugleich noch keine Färsen zukaufen.
  • Für die gesamte Aufzucht von der Geburt bis zur Abkalbung der Färse sind pro Tier etwa 20 Arbeitsstunden anzusetzen. So spart ein Betrieb mit 100 Kühen und 25% Remontierung durch den Verzicht auf die Jungviehaufzucht 500 bis 600 Arbeitsstunden pro Jahr.
  • Mist und Gülle aus der Jungviehaufzucht fallen nicht mehr an. Das entlastet den Lagerraum sowie die Fläche zur Nährstoffausbringung. Liegt das Erstkalbealter im Schnitt bei mehr als 24 Monaten, steigt außerdem die Nährstoffmenge, die in der Bilanz anzusetzen ist.
  • Die Remontierung der Herde ist bei dem Zukauf von Färsen besser planbar. Eine Altkuh kann dann ersetzt werden, wenn es nötig ist und nicht wenn eine neue Färse nachrückt. Das gilt insbesondere für Betriebe mit Melkroboter, bei denen die Tierzahl pro Roboter feststeht.
  • Zur eigenen Nachzucht gehören auch einzelne Färsen, die spät kalben, dreistrichig, schwermelkend oder nicht für den Melkroboter geeignet sind. Bleiben diese im Bestand, besetzen sie den Platz von produktiveren Tieren. Andererseits lassen sie sich nicht kostendeckend verkaufen. So bedeuten diese Tiere immer ein Verlustgeschäft, das die Aufzuchtkosten der übrigen Tiere erhöht.


Aufzuchtkosten kalkulieren


Um die Frage nach einer Strategie für die Jungviehaufzucht allein aus wirtschaftlicher Sicht zu beantworten, müssen die Kosten für die Aufzucht im Betrieb bekannt sein. In der Übersicht auf Seite R19 sind diese beispielhaft für zwei Aufzuchtstrategien aufgeführt, die sich in ihrer Intensität stark unterscheiden.


Geht man von gleichen Kosten pro Einheit für Stallplatz, Arbeit und Futter sowie Fläche für die Gülleausbringung aus, hängen die Aufzuchtkosten vor allem von der Aufzuchtintensität ab. Also davon, wie schnell die Tiere ihr Erstbesamungsgewicht erreichen. In dem vorliegenden Beispiel ist ein optimales Lebendgewicht zur ersten Besamung von 400 kg für Holsteinrinder vorausgesetzt. Kälber, die über zwölf Wochen Tränkephase eine ad libitum Tränke erhalten, wiegen zum Absetzen bereits 29 kg mehr als solche, die über zehn Wochen eine restriktive Tränke erhalten. Die restriktiv getränkten Kälber kompensieren in der folgenden Aufzuchtphase ihr Gewichtsdefizit, erreichen das Erstbesamungsalter jedoch erst mit 18,5 anstatt mit 14 Monaten. Durch die längere Aufzucht und die höhere tägliche Futteraufnahme fressen diese Tiere insgesamt in der Aufzucht mehr Grundfutter. Sie kalben anstatt mit 24 mit knapp 28 Monaten zum ersten Mal ab. So schlagen Futter, Stallplatz, Arbeit und Gülleausbringung bei extensiver Aufzucht in diesem Beispiel stärker zu Buche. Insgesamt liegen die Kosten nach intensiver Aufzucht bei 1648 € und nach extensiver bei 1912 €.


Aufzuchtverluste sind in dem Beispiel nicht berücksichtigt. Das sollte bei der Kalkulation auf Betriebsebene jedoch geschehen: Verbleibende Tiere müssen entstandene Kosten für die Aufzucht von abgegangenen oder verendeten Tieren mittragen.


Unterm Strich...


Letztendlich müssen Landwirte den Kosten für die Aufzucht auf dem eigenen Betrieb den Preis für den Zukauf abgekalbter Färsen der gleichen Qualität gegenüberstellen. Im Jahr 2019 lag der Zuschlagspreis (netto) an den drei Auktionsstandorten der Zuchtorganisation Masterrind in Niedersachsen im Durchschnitt bei 1733 €. Dieser variiert jedoch im Jahresverlauf sowie abhängig von Tierqualität, Nachfrage und Angebotsgröße stark. Hinzu kommen Kosten für die Provision, den Transport und ggf. weitere Untersuchungen. Davon können Betriebsleiter wiederum die Einnahmen aus dem Verkauf der weiblichen Kälber abziehen.


Eine solche betriebsindividuelle Gegenüberstellung zeigt, ob die eigene Jungviehaufzucht oder der Zukauf allein aus wirtschaftlicher Sicht sinnvoller sind. Welches System jedoch zu den betrieblichen Abläufen und der Einstellung passt und welche Mehrkosten der Betriebsleiter dafür in Kauf nimmt, sollte dieser für sich beantworten. katharina.luetke-holz@topagrar.com

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