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Kälberaufzucht: Konsequent bis ins Detail!

Lesezeit: 9 Minuten

Die Verluste während der Kälberaufzucht sind in vielen ostdeutschen Milchviehbetrieben zu hoch. Oft liegen sie weit über 15 %. Eine mögliche Ursache dafür ist, dass größere Betriebe mit besonderen Problemen und Anforderungen zu kämpfen haben: Der Infektionsdruck steigt mit zunehmender Kälberzahl. Die Anforderungen an das Hygienemanagement und die Krankheitsvorbeuge sind sehr hoch. Die Kontrolle und der Überblick gestalten sich in großen Kälberbeständen schwieriger. Die Einteilung, Organisation und Motivation von Lohnarbeitskräften erfordern viel unternehmerisches Geschick. Die von uns besuchten Betriebe haben diese Probleme und Bedingungen erfolgreich gemeistert. Dafür haben sie zwar keine völlig neuen Strategien entwickelt. Aber sie setzen die Anforderungen in den verschiedenen Abschnitten der Aufzucht sehr konsequent um. Abkalbebox und Geburtsüberwachung Abkalbeboxen mit Stroheinstreu gehören in den Großbetrieben zum Standard. Die Kühe kommen maximal eine Woche, meist aber zwei bis drei Tage vor dem Abkalben in die Abkalbebox. Die Betriebsleiter achten strikt darauf, dass nicht mehr als drei Tiere in einer Box aufgestallt werden. Zudem setzen sie die Anforderungen an die Hygiene konsequent um: frische Einstreu, nach jeder Belegung Reinigung und Desinfektion. Die Geburtsüberwachung in den besuchten Betrieben wird unterschiedlich organisiert, je nach Einteilung der FremdArbeitskräfte. Viele Betriebe arbeiten im Mehrschicht-System, entweder mit Frühund Spätschicht oder in drei Schichten mit einer zusätzlichen Nachtschicht. Das Drei-Schicht-System, z.B. in der Milchviehanlage Rockendorf, bietet Vorteile bei der Geburtsüberwachung. Die Kalbinnen werden dort rund um die Uhr kontrolliert. Doch auch in den Lohnarbeitsbetrieben ohne Nachtschicht funktioniert die Überwachung. Im Milchhof Diera hat die Spätschicht zum Beispiel um 18.30 Uhr Feierabend. Danach werden die Tiere bis 23.00 Uhr von einem der drei Gesellschafter kontrolliert. Morgens um 4.30 Uhr beginnt die Frühschicht. Der Melker muss als erstes die Kühe in den Abkalbeboxen kontrollieren, bevor mit dem Melken begonnen wird, erklärt Gesellschafter Dieter Schlunke. Ähnlich arbeitet auch das Landgut Krosigk in Sachsen-Anhalt. Eine Nachtwache gibt es aus Kostengründen nicht. Daher müssen die Melker morgens um 4.00 bei Arbeitsbeginn als erstes den Abkalbebereich kontrollieren. Auch abends vor Schichtende um 22.00 Uhr muss ihr letzter Blick den Kalbinnen gelten. Die Versorgung von Kuh und Kalb hat Vorrang vor allen anderen Arbeiten und vor dem Feierabend, erklärt Herdenmanager Jürgen Garn. Dieser Grundsatz wird auch im Familienbetrieb von Armin und Karl-Heinz Hahn konsequent umgesetzt. Die Geburtsüberwachung erfolgt rund um die Uhr. Im Notfall können wir sofort eingreifen und so Verluste in den ersten Lebensstunden der Kälber verhindern, erklärt Karl-Heinz Hahn, in dessen Betrieb seit Jahren die Aufzuchtverluste nahe Null liegen. Wie den Überblick behalten? In den Großbetrieben mit Fremdpersonal ist es wichtig, dass die Mitarbeiter bei jedem Schichtwechsel eine ordentliche Übergabe machen. Das heißt, sie müssen der nächsten Schicht genau mitteilen, welche Arbeiten erledigt wurden und auf eventuelle Probleme hinweisen. Bei uns muss der überbrückende Fütterer der Kälberfrau alle Tätigkeiten mitteilen, die er bei den Kälbern oder bei den Kalbinnen durchgeführt hat, berichtet Günter Kleditzsch aus Großschirma. Um den Überblick zu behalten, werden in vielen Großbetrieben die Tätigkeiten schriftlich festgehalten, beispielsweise in einem Stallbuch oder auf Stalltafeln. Wichtig ist dies z. B. bei Zeitpunkt und Menge der ersten Kolostrumgabe, die in allen Betrieben so schnell wie möglich nach der Geburt erfolgt. Wir haben ein Buch, in dem die wichtigsten Daten aufgeschrieben werden, u. a. Geburtsdatum, Ohrmarkennummer, Menge und Zeitpunkt der ersten Biestmilchgabe, Auffälligkeiten, erklärt Dieter Schlunke vom Milchhof Diera. Im Milchviehbetrieb Großvoigtsberg werden Stalltafeln für die Aufzeichnungen genutzt. So erkennt jeder Mitarbeiter die wichtigsten Dinge auf einen Blick, meint Günter Kleditzsch. Auch die Beobachtungen über den Zustand der abgekalbten Kühe, wie z. B. die Wasserund Futteraufnahme, müssen dem nächsten Mitarbeiter schriftlich oder mündlich mitgeteilt werden. Haltung der Kälber: Konsequent Rein-Raus Die Betriebe fahren ein konsequentes Hygieneprogramm, um ein Aufschaukeln des ohnehin schon höheren Infektionsdrucks zu vermeiden. Die Kälber werden höchstens bis zur zweiten Kolostrum-Mahlzeit bei den Müttern gelassen. Dann kommen sie in den meisten Betrieben in eingestreute Kälberhütten oder Einzeliglus auf leicht zu reinigenden Betonflächen auf dem Hofgelände. Seit wir mit Iglus arbeiten, haben sich die Probleme zu Beginn der Aufzucht erheblich verringert, erklärt Achim Goßrau aus Nausnitz. In der Milchviehanlage Rockendorf geht man noch einen Schritt weiter. Sofort nach der Geburt kommen die Kälber in so genannte Trockenbuchten. Dort erhalten sie Kolostrum und werden gewaschen, um den Keimdruck zu senken. Nach einem halben Tag kommen sie in die Einzel-Iglus. Die Kälber werden nach spätestens 14 Tagen in Kälberställen mit Gruppenbuchten aufgestallt. Die besuchten Betriebe arbeiten mit festen Gruppen im Rein-Raus. Problematisch in den großen Betrieben ist häufig die alte Bausubstanz. Die ehemaligen Kälberkammern wurden saniert und umgebaut. Das Stallklima darin war katastrophal. Heute stehen die Kälber in gefliesten Abteilen, wo viel Licht und frische Luft hineinkommen, was den hohen Hygieneanforderungen gerecht wird, berichtet Carsten Weber. Auch im Milchhof Diera und in Großvoigtsberg wurden alte Stallungen für die Kälber saniert, in Nausnitz steht diese Maßnahme noch an. Knackpunkt in den Kälberställen ist die Hygiene. Die Buchten werden in allen Betrieben mindestens zweibis dreimal wöchentlich entmistet, gereinigt, desinfiziert und frisch eingestreut. Bei den großen Kälbern misten wir stallbedingt täglich aus, so Achim Goßrau. Die strikte Einhaltung der Betriebshygiene setzt sich nach dem Absetzen von der Tränke und dem Umstallen in andere Stallungen fort. Tränke und Futter Die Kälber erhalten in den ersten drei bis fünf Tagen nach der Geburt Kolostralmilch, in den meisten Betrieben zweimal täglich. Wir tränken viermal am Tag, damit die Kälber pro Mahlzeit nicht so große Milchmengen aufnehmen müssen und die Verdauung besser funktioniert. Das viermalige Tränken lässt sich im Schichtsystem gut umsetzen, so Anlagenleiter Weber aus Rockendorf. Durch eine lückenlose Beobachtung der Kälber kann man bei Problemen frühzeitig eingreifen. Bei uns bekommen alle Kälber im Iglu eine Diät-Tränke mit Zucker zur Vorbeuge, erläutert Geschäftsführer Goßrau aus Nausnitz seine Strategie. Nach der KolostrumPhase stellen die Betriebe noch im Iglu auf Milchaustauscher (MAT) bzw. ein Gemisch aus MAT und Vollmilch um. Häufig wird bereits am ersten Tag ein Kälberstarter angeboten. Die Mitarbeiter legen nur kleine Mengen vor und sind angewiesen, Futterreste täglich zu entfernen. Einig sind sich die Betriebe, dass sich insbesondere die Gabe von Maiskörnern positiv auf die Verdauung der Kälber auswirkt. Beim Einsatz von Heu gehen die Meinungen auseinander. Der Milchhof Diera verzichtet auf Heu. Es ist kein Energieträger, meint Dieter Schlunke. Auch im Familienbetrieb Hahn wird vor der siebten Lebenswoche kein Heu beigefüttert. Andere Betriebe setzen Heu in geringen Mengen ein. So fressen die Kälber wenigstens kein verschmutztes Stroh aus der Einstreu, was hygienisch bedenklicher ist, erklärt Günter Kleditzsch. Nach der Umstallung der Kälber in Gruppenbuchten arbeiten die meisten Betriebe aus arbeitswirtschaftlichen Gründen mit Tränkeautomaten. Günter Kleditzsch verzichtet auf Automaten und setzt stattdessen kostengünstige KunststoffAbfalltonnen ein. Diese werden mit der Tagesmenge Kalttränke für die jeweiligen Kälbergruppen befüllt. Dann werden Schläuche hineingehängt, die zu den Nuckeln in den Buchten führen. Die Kälber müssen sich allerdings beim Saufen etwas mehr anstrengen, meint er. Familienbetrieb Hahn setzt während der gesamten Tränkeperiode konsequent auf die Einzeltiertränke mit Eimern. So habe ich direkt die Kontrolle über die Tränkeaufnahme, meint Karl-Heinz Hahn. Bei der Tränketechnik achten die Betriebsleiter und das Personal auf absolute Sauberkeit. Alle Bestandteile des Tränkeautomaten müssen regelmäßig gereinigt werden, d.h. der Automat selbst, die Nuckel und die Leitungen, stellt Dieter Schlunke aus Diera klar. Die Tränkedauer in den Betrieben ist unterschiedlich. In Großvoigtsberg beispielsweise werden die Tiere nach maximal 10 Wochen abgetränkt. Der Milchhof Diera hingegen praktiziert das Frühabsetzen mit 42 Tagen, bzw. 56 Tagen bei etwas schwächeren Kälbern. In Rockendorf geht man den umgekehrten Weg und tränkt bis 90 Tage ab, nach dem 40. Tag wird die Tränkemenge kontinuierlich zurückgefahren. Die Kälber erhalten generell Beifutter zur Tränke. Zum Standard gehören Kälberaufzuchtfutter. Daneben werden unterschiedliche Komponenten angeboten, z. B. Trockengrün-Häcksel aus Klee, Heu, Körnermais oder auch ein kleiner Anteil TMR. Der Milchhof Diera füttert statt Heu eine TMR mit viel Gras- und wenig Maissilage. Neben der MAT-Tränke steht den Kälbern ständig frisches Wasser aus Schalenoder Nippeltränken zur Verfügung. Impfregime und Behandlungen Die Betriebe Rockendorf, Großvoigtsberg und Diera impfen die Muttertiere zwei Mal vor dem Abkalben gegen Rota- und Coronaviren. Mit dieser Schutzimpfung sollen schwere Kälberdurchfälle verhindert werden. In Diera werden die Kälber außerdem gegen Kälbergrippe und Glatzflechte (Trichophytie) geimpft. Die Abstände zwischen der ersten und zweiten Impfung müssen streng eingehalten werden, um eine optimale Wirkung zu erzielen, so Dieter Schlunke. Es ist aber darauf zu achten, dass zwischen den unterschiedlichen Impfungen genug Zeit liegt, damit sich das Immunsystem der Kälber vom Impfstress erholen kann. Auch der Betrieb Hahn GbR impft routinemäßig gegen Grippe und Flechte. Im Betrieb Großvoigtsberg werden die Kälber vorbeugend gegen Salmonellen geimpft. Ansonsten beschränken sich die Behandlungen durch den Tierarzt in den besuchten Betrieben meist auf Notfälle. Viel wichtiger ist die Vorbeuge, dadurch entstehen viele Probleme erst gar nicht, meint Dieter Schlunke. Die Erfolge der besuchten Betriebe können sich sehen lassen. Keiner verbucht mehr als 10% Verluste während der Aufzucht, die meisten liegen sogar noch erheblich darunter. Damit schneiden sie auch im gesamtdeutschen Durchschnitt gut ab. Erfolgskontrolle durch Aufzeichnungen Um einen Überblick über Erfolge, aber auch über Probleme zu bekommen, dokumentieren die Betriebe die durchgeführten Maßnahmen, Behandlungen und Verluste. Durch genaue Aufzeichnungen können wir gezielt Verbesserungen in den einzelnen Bereichen durchführen, erklärt Milchviehanlagenleiter Weber aus Rockendorf. Dort wird seit ca. zehn Jahren eine Statistik über die Verluste und sonstige Probleme geführt. Durch eine farbige Hervorhebung von extrem guten oder schlechten Ergebnissen in Tabellen fallen diese sofort ins Auge. Manche der besuchten Betriebe nutzen ein Stallbuch oder Tafeln für die Aufzeichnungen. Die Kontrolle und Verbesserungen in den einzelnen Abschnitten der Aufzucht sowie die Umsetzung der wichtigste Regeln für die Kälberaufzucht gehören in den besuchten Betrieben zum Erfolgskonzept. Ramona Stracke

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