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Konsequenz und Kuhverstand

Lesezeit: 7 Minuten

Familie von Bodelschwingh aus Schleswig-Holstein darf sich top agrar-Zellzahlprofi nennen. Sie investiert täglich viel Zeit in die Tierbeobachtung, um früher reagieren zu können.


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Einfache Systeme, konsequent umgesetzt – so lässt sich die Formel für gute Eutergesundheit auf dem Milchkuhbetrieb der Familie von Bodelschwingh beschreiben. Die Betriebsleiter Meike und Bernhard von Bodelschwingh halten in Brokenlande (Schleswig-Holstein) 106 Milchkühe und die weibliche Nachzucht. Ein weiteres Standbein des landwirtschaftlichen Betriebes ist der Anbau von 45 ha Speise-, Saat- und Industriekartoffeln.


Neuer STall zahlte sich aus


Viele unterschiedliche Bausteine bilden auf dem Betrieb die Basis für eine gute Eutergesundheit. Einer ist die Haltung der Kühe. „Vor fünf Jahren haben wir den neuen Kuhstall gebaut. Rückblickend hätten wir das schon viel früher machen sollen“, sagt Meike von Bodelschwingh, die im Betrieb für die Kühe verantwortlich ist. Denn damit verbesserte sich die Tiergesundheit insgesamt deutlich. Die beiden wichtigsten Details an dem Stall sind aus ihrer Sicht das isolierte Dach und die bequemen Tiefliegeboxen.


Das Sandwichdach sorgt auch im Sommer für ein angenehmes Klima im Stall. Mit der Folge, dass die Zellzahlen in der heißen Jahreszeit nur leicht ansteigen. Die Liegeboxen befüllten sie nur beim Bezug des Stalles einmal mit Mist. Seitdem streut die Familie einmal täglich geschnittenes Stroh mit einer Partikellänge von 5 bis 15 cm mit der Einstreuschaufel am Radlader nach. Dafür sind etwa 400 g pro Liegebox nötig. Am darauffolgenden Morgen heißt es Nacharbeiten: Das Stroh-Mist-Gemisch, das die Kühe aus den Boxen getreten haben, wird manuell in den Kopfbereich der Boxen geworfen. „So füllen wir jeden Tag etwas Stroh und Mist nach. Die Liegeboxen werden nicht leerer, sondern sehen immer gleich aus“, erklärt Bernhard von Bodelschwingh.


Jetzt liegt die Zellzahl der Herde im Schnitt bei 77000/ml Milch. Der Anteil eutergesunder Kühe, also von Kühen mit weniger als 100000 Zellen in der letzten Milchkontrolle liegt bei 85%. Milchkuhbetriebe in Deutschland erreichen hier im Schnitt etwas über 50%.


Neben der Eutergesundheit verbesserte sich mit dem Einzug in den neuen Stall aber auch die Klauengesundheit der Kühe deutlich. Ein Klauenbad gegen Mortellaro ist nicht mehr nötig. Die Betriebsleiterin begründet das damit, dass die Tiere deutlich mehr liegen: „Boxenmaße und Strohmatratze sind offenbar genau passend. Die Kühe betreten die Box und legen sich sofort hin.“ Auch die planbefestigten Laufgänge mit Schieberentmistung tragen zur guten Klauengesundheit bei, da die Kühe sich darauf sicher und viel bewegen. Brunsten zeigen sich seitdem viel deutlicher. Im hinteren Teil des Stalls sind deshalb zwei Strohboxen für brünstige Kühe untergebracht. Wenn sie dort eingesperrt sind, haben die übrigen Tiere in der Herde mehr Ruhe. Und zugleich schonen die brünstigen Kühe in der Strohbox ihre Klauen.


starkes Immunsystem im Fokus


Vor dem Bezug des neuen Stalles hatte der Betrieb noch vermehrt Probleme mit Umweltmastitiden und Mastitisfälle durch den Erreger Staph. aureus. Inzwischen ist der Erregerdruck im Bestand aber durch die konsequente Merzung chronisch euterkranker Kühe gering. Entsprechend gibt es laut LKV Jahresbericht keine Kühe mit schlechten Heilungsaussichten in der Herde, also keine mit mehr als 700000 Zellen in drei aufeinanderfolgenden Milchkontrollen. Die Abgangsursache sind zu 29% Eutererkrankungen.


Zudem investiert Meike von Bodelschwingh viel Zeit in die Gesundheit ihrer Kühe, besonders zu Beginn der Laktation. „Durch die frühe Erkennung von Krankheiten und eine gute Stoffwechselgesundheit sind sie weniger anfällig für Folgeerkrankungen wie Mastitis“, sagt sie. Alle Kühe bleiben daher nach der Kalbung für 14 Tage in dem großzügigen Strohstall und erhalten täglich 250 ml Propylenglycol. Erkrankt eine Kuh z.B. an Metritis, unterstützt von Bodelschwingh die Therapie durch das Drenchen von 30 l Wasser mit Leinsamen und einem Pansenstimulanzmittel.


Außerdem versucht die Familie, Stress möglichst zu vermeiden. Das gelingt einerseits durch die Unterbelegung der Ställe. Der neue Stall hat drei Liegeboxenreihen. Darum können die Kühe über einen großzügigen Übergang in den alten Stall mit einer Liegeboxenreihe und Futtertisch gelangen. So ergibt sich ein Tier:Fressplatz- und Tier:Liegeplatz-Verhältnis von 1:1,2. In dem Übergang zwischen beiden Ställen sind eine Tränke und eine Transponderstation untergebracht. Hier finden die Kühe auch Heu zur freien Aufnahme. Im Sommer sorgt hier eine Sprinkleranlage dafür, dass der Laufweg nicht rutschig wird.


Der Umgang mit den Kühen ist vertrauensvoll und ruhig. Meike von Bodelschwingh begründet das auch damit, dass genügend Personal auf dem Betrieb im Einsatz ist: „Wir sind in der Regel zu zweit mit zwei Auszubildenden und einer Aushilfe zum Melken. Wir hetzen unsere Kühe nicht und haben Zeit, alle Aufgaben gewissenhaft zu erledigen.“


Melken mit Klaren rEgeln


Das Melken der 98 laktierenden Kühe findet in einem Doppel-8er Side-by-Side Melkstand mit Schnellaustrieb und Milchmengenmessung von 1992 statt. Das tut der Eutergesundheit keinen Abbruch, was sicher an der Melkroutine liegt: Einmalhandschuhe sind beim Melken Pflicht. Außerdem nutzen von Bodelschwinghs einen Becher beim Vormelken. Danach reinigen sie die Zitzen mit einem feuchten Mehrwegeutertuch pro Kuh. Die Tücher werden nach dem Melken bei 90°C mit Vollwaschmittel im kurzen Waschgang gewaschen.


Die Kühe sind mit farbigen Fesselbändern gekennzeichnet, damit auch wechselndes Melkpersonal immer weiß, was zu tun ist: Bei roter Markierung handelt es sich um Sperrmilch. Grün markierte Kühe sind Langmelker, bei denen die automatische Abnahme ausgestellt wird. Gelbe Fesselbänder tragen Kühe mit mehr als 100000 Zellen/ml Milch bei der letzten Milchkontrolle. Das sind derzeit 16 Tiere. „Wir wollen eine Weiterverbreitung von Mastitiserregern verhindern. Deshalb spülen wir das Melkzeug nach diesen Kühen über den langen Milchschlauch mit Wasser“, sagt die 57-Jährige. Um das zu erleichtern hat Bernhard von Bodelschwingh eine Spülleitung auf Höhe der Melkzeugannahme installiert. An jedem zweiten Melkplatz befindet sich ein Wasserhahn, auf den der Milchschlauch zum Spülen aufgesteckt wird.


„Zum Nachdippen der Kühe nutzen wir ein Zwei-Komponenten-Dippmittel mit einem Schuss Olivenöl für die Zitzenpflege“, sagt Meike von Bodelschwingh.


Tritt dennoch eine akute Euterentzündung auf, lässt sie eine Viertelgemelksprobe im Labor bakteriologisch untersuchen. „Oft kommt Strep. uberis oder E. coli heraus. Die Therapie unterstützen wir durch Drenchen. Bei E. coli-Euterentzündungen melken wir das Viertel außerdem mehrmals täglich mit der Hand aus“, erklärt sie ihre Strategie.


Leichte Euterenzündungen therapiert Meike von Bodelschwingh auch homöopathisch: Voraussetzung sei, die Euterentzündung sehr früh zu erkennen. Außerdem sei es wichtig, sofort zu merken, wenn man mit Homöopathie nicht weiter kommt und Schulmedizin nötig ist.


Zugleich machen sich die Betriebsleiter auf die Suche nach der Ursache der Euterentzündung: „Wir kontrollieren, ob alle Zitzengummis noch richtig im Melkbecher sitzen und ob die Pulsschläuche noch in Ordnung sind“, erklärt Bernhard von Bodelschwingh. Einen Keimherd können auch die Aufnehmer für die Melkbecher bei der Spülung darstellen. Diese reinigen die Betriebsleiter regelmäßig. „Auch bei der Fütterung fragen wir uns, welche Komponente wir zuletzt geändert haben oder ob ein Kraftfuttersilo das Problem sein könnte“, so der Betriebsleiter.


Strategie für selektives Trockenstellen


Seit vier Jahren werden die Kühe auf dem Betrieb selektiv trocken gestellt. Das heißt: Vor dem Trockenstellen lässt die Familie alle Kühe mit mehr als 150000 Zellen/ml Milch bakteriologisch untersuchen. Auf Basis des Ergebnisses stellt sie diese viertelindividuell antibiotisch mit Benestermycin trocken. Die drei Leichtmelker in der Herde, die regelmäßig Milch laufen lassen, stellt sie vollständig antibiotisch trocken. Bei Kühen mit weniger als 150000 Zellen pro ml wiederum, machen von Bodelschwinghs vor dem Trockenstellen einen Schalmtest. Für alle unauffälligen Euterviertel dieser Kühe nutzen sie nur einen Zitzenversiegler. Zusätzlich zum antibiotischen Trockensteller wird ebenfalls immer ein Zitzenversiegler eingesetzt. Dass dieses Konzept auf dem Betrieb funktioniert, zeigen die überdurchschnittlichen Zahlen: Die Ausheilungsrate im Trockenstand liegt bei 78%, die Neuinfektionsrate bei 11%. Bundesweit hatten Milchviehbetriebe im Jahr 2015 hier durchschnittliche Werte von 55 bzw. 26%.


katharina.luetke-holz@topagrar.com


katharina.luetke-holz@topagrar.com


katharina.luetke-holz@topagrar.com


Ein Booklet mit der Zusammenfassung dieser und weiterer Reportagen sowie kurzen Fachbeiträgen zum Thema Eutergesundheit ist diesem Heft beigelegt.

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