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Kratzkomfort im Bullenstall?

Lesezeit: 5 Minuten

Kratzmatten im Bullenstall sollen das Tierwohl fördern. Eine Untersuchung zeigt, ob und wie die Bullen die Vorrichtung nutzen und ob die Matten der Belastung schon standhalten.


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Helen Rombach; Werner Baumgarten, DLR Westerwald-Osteifel; Prof. Dr. Georg Dusel, TH Bingen (Rheinland-Pfalz)


Scheuereinrichtungen sollen das Tierwohl im Bullenstall steigern. Doch herkömmliche Kuhbürsten halten den Bullen oft nicht lange stand. Eine Alternative könnten Kratzmatten sein. Das sind Gummimatten mit herausstehenden Noppen, die sich an der Wand oder an Balken befestigen lassen. Die TH Bingen hat mit dem Dienstleistungszentrum Ländlicher Raum (DLR) Westerwald-Osteifel untersucht, wie Bullen die Matten im Stall nutzen und ob die Haltbarkeit der Einbauten schon passt.


Kontrolle Per Video


Dafür hingen die Wissenschaftler auf zwei landwirtschaftlichen Betrieben im Westerwald (Rheinland-Pfalz) die Kratzmatte „Dairy Scratchy“ der Firma Bioret agri auf, die das Produkt für den Einsatz im Milchviehbereich entwickelt hat. Die Stückkosten liegen derzeit bei 89,50 € zzgl. MwSt.


Es wurde in jeweils einer Bucht eine Matte installiert. Im Betrieb A hing die Kratzmatte im Auslauf eines Tretmiststalls mit 20 Mastbullen (zwölf bis 18 Monate alt) und einem Platzangebot von 10,5 m²/Tier. Im Betrieb B nutzten 40 Bullen (neun bis zwölf Monate alt) in einem Zweiraumlaufstall mit 5,1 m² pro Tier die Matte. Die elastische Matte war um einen Pfosten bzw. eine ovale Metallkonstruktion geschlungen.


Kameras zeichneten an neun bzw. elf Tagen auf, wie die Bullen die Matte benutzten. Dabei achteten die Wissenschaftler auf die Häufigkeit, die Körperstellen und das Konfliktverhalten zwischen Bullen an der Scheuervorrichtung. Die Haltbarkeit der Matte wurde anhand der Abnutzung der Noppen nach vier Monaten bewertet.


Täglich genutzt


Die Bullen nutzten die Kratzmatten täglich zur Fellpflege. Die Nutzungsdauer unterschied sich zwischen den Betrieben. Im Betrieb B (Übersicht 1) scheuerte sich jeder Bulle durchschnittlich 1,7 min pro Tag und somit halb so viel wie im Betrieb A mit 3,4 min täglicher Scheuerzeit pro Bulle.


Wenn ein Bulle im Betrieb B die Kratzmatte aufsuchte, dann scheuerte er sich im Durchschnitt 0,79 min lang, während ein Scheuerereignis beim Betrieb A durchschnittlich 1,28 min dauerte. Die längere Nutzungsdauer pro Vorgang im Betrieb A hängt vermutlich damit zusammen, dass sich weniger Tiere die Kratzmatte teilten. Ebenfalls eine Rolle zu spielen schien, dass die Kratzmatte im Betrieb A im Auslauf angebracht war, wo viel Platz zur Verfügung stand. So konnten sich die Tiere ungestörter scheuern. Im Betrieb B, wo ohnehin weniger Stallplatz zur Verfügung stand, hing die Matte zentral in der Mitte der Bucht, zwischen Schlafplatz und Futterbereich. Durch Rangkämpfe, Besteigen oder allgemeine Unruhe in der Gruppe wurde das Scheuern hier häufiger unterbrochen.


Direkte Konkurrenz um die Matte gab es nur wenig. Im Betrieb B mit 40 Bullen wurden 4% der Bullen beim Scheuern vertrieben. Im Durchschnitt nutzte diese Bullengruppe die Matte für 69,7 min pro Tag, sodass sie oft frei war. Somit hatten auch rangniedrige Bullen die Möglichkeit, die Kratzmatte zu nutzen. Die Tiere nahmen das Angebot zu jeder Tageszeit an. Die Bullen scheuerten am häufigsten ihren Kopf, Nacken und Flanke.


Wenn den Bullen in Betrieb A der Zugang zum Auslauf mit der Kratzmatte für Reinigungsarbeiten verwehrt wurde, dann scheuerten sie an darauffolgenden Tagen signifikant mehr (Übersicht 2). Die Videoaufzeichnung zeigte, wie die Bullen nach Öffnen des Auslaufs sofort die Kratzmatte aufsuchten und sich scheuerten. So wurde die fehlende Fellpflege kompensiert. Das zeigt auch, dass Stalleinrichtungen, wie Abtrenngitter und Wände nicht als gleichwertige Scheuerstelle ausreichen.


Haltbarkeit beschränkt


Durch das Gewicht der Bullen ist die Belastung der Kunststoffmatte höher als in der Milchviehhaltung. Für Milchvieh werden bei zehn bis 15 Tieren ein bis zwei Jahre Haltbarkeit der Noppen und drei bis acht Jahre für die gesamte Matte ausgelobt. Für die Bullenmast leitet der Hersteller daraus eine empfohlene Belastung von maximal sechs Tieren pro Matte ab.


Nach vier Monaten im Praxistest mit 20 und 40 Bullen pro Matte waren die Noppen im mittleren Bereich sichtbar abgenutzt und im Schnitt 35% kürzer. An den Rändern, hielten die Noppen die ursprüngliche Länge von 2 cm. Insgesamt waren die Noppen nach der Zeit zu 14% abgenutzt.


Nach einer Kontrollmessung außerhalb der Untersuchung nach zehn Monaten Benutzung festigte sich der Eindruck: In Stallabteilen mit Endmastbullen waren die Noppen teilweise um 1,6 cm und damit fast vollständig abgerieben. An diesen Stellen fehlt somit die Funktion zum Scheuern.


Die Anbringungsart hat Einfluss auf den Verschleiß. Gerade an die Wand angebracht ist die Abnutzung geringer als einer dreidimensionalen Anbringung. Der Hersteller gibt an, dass mittlerweile unter anderem eine härtere Gummimischung bei der Produktion verwendet wird, die die Stabilität steigere.


Tierwohl und Wirtschaftlich


Die Studie zeigt: Kratzmatten können das Tierwohl dank vermehrtem Komfortverhalten verbessern. Eine Matte reicht nach den Erfahrungen allein bezogen auf das Tierverhalten für 20 bis 30 Bullen und sollte in einem ruhigen Stallbereich hängen. Idealerweise sollten Landwirte die Kratzmatten in 20 bis 30 cm Höhe (Beginn unterste Noppen) aufhängen und um einen Pfosten oder Ähnliches wickeln. Wichtig für den Praxiseinsatz in der Bullenmast ist zusätzlich zum Tierwohl aber immer auch ein wirtschaftlicher Produkteinsatz. Daher ist es wichtig die Kosten von Scheuervorrichtungen pro Bulle und Durchgang im Blick zu halten. Darauf hat auch die Haltbarkeit Einfluss.


julia.hufelschulte@topagrar.com

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