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Mastitis-Impfung: Erste Ergebnisse

Lesezeit: 6 Minuten

Eine Revolution in der Mastitis-Bekämpfung: Der erste Impfstoff gegen Mastitis wurde EU-weit zugelassen. top agrar befragte Tierärzte nach den Erfolgen und Misserfolgen. Was in Amerika schon seit einiger Zeit praktiziert wird, ist jetzt auch in europäischen Milchviehbetrieben möglich: Eine Impfung gegen Mastitis. Darauf haben Landwirte und Tierärzte lange gewartet. Denn wenn diese Impfung wirksam gegen Euterentzündungen schützt, wäre das eine bahnbrechende Entwicklung für die Milchviehhaltung. Der Impfstoff StartVac von der spanischen Fa. Laboratorios Hipra ist gegen die beiden Erreger Staph. aureus und E.coli zugelassen. Beide Bakterien gehören zu den Haupterregern der Mastitis beim Rind. Der Impfstoff enthält beide Erreger in inaktivierter Form und darf bei Kühen und Färsen ab 22 Monaten eingesetzt werden. Neuinfektionen verhindern Mit der Impfung sollen in erster Linie gesunde Herden sowie Herden mit ständig wiederkehrenden, vorwiegend subklinischen Mastitisfällen, immunisiert werden. Das heißt, die körpereigene Immunabwehr soll zur Produktion spezifischer Antikörper gegen die genannten Erreger angeregt werden. Darüber hinaus ist das Ziel, die klinischen Symptome einer Infektion mit Staph. aureus, E.coli und Koagulase-negativen Staphylokokken (KNS) zu lindern. Bereits an Mastitis erkrankte Tiere können damit allerdings nicht therapiert werden. Die Impfwirkung zielt auf die Zeiträume ab, in denen das größte Risiko für eine Mastitis-Neuinfektion besteht: In der Trockenstehphase, im Abkalbezeitraum und in der Hochlaktation (bis 150. Laktationstag). Daher sind für die optimale Wirkung drei Injektionen vorgesehen: n 1. Injektion: 45 Tage vor dem voraussichtlichen Kalbetermin; n 2. Injektion: 35 Tage nach der ersten Injektion, also circa zehn Tage vor dem berechneten Kalbetermin; n 3. Injektion: 62 Tage nach der 2. Injektion (Boosterung). Die jeweilige Einzeldosis beträgt 2 ml/Tier. Die Impfung erfolgt tief intramuskulär in den Nackenmuskel. Es gibt keine Wartezeit auf Milch und Fleisch. Mit diesem Impfprogramm, das bei jeder Trächtigkeit wiederholt werden soll, wird laut Hersteller in den ersten 130 Laktationstagen ein wirksamer Schutz gewährleistet. Pro Durchgang (3 Injektionen) ist mit Kosten von ca. 20 € für den Impfstoff zu rechnen. Bisher nur Hersteller­versuche Bisher gibt es noch keine unabhängigen und aussagekräftigen Versuche zum Einsatz des Impfstoffes. Im europäischen Zulassungsversuch, den der Hersteller bei der Europäischen Arzneimittelagentur (EMEA) eingereicht hat, wurde die Zahl der Euterentzündungen mit den betreffenden Erregern bis zum Tag 130 nach der Abkalbung bei der Impfgruppe mit 189 Tieren gegenüber einer Kontrollgruppe (188 Tiere) deutlich verringert (Übersicht 1). Dabei handelte es sich sowohl um klinische als auch um subklinische Mastitiden. Das Risiko einer Infektion wurde gegenüber der mit einem Placebo behandelten Tiergruppe um den Faktor 4 gesenkt. Bei erkrankten Tieren wurde der Schweregrad der Entzündung vermindert: Die Zellzahl wurde durch die Impfung von im Mittel 548 600 auf 328 000 verringert. Zudem stieg die Selbstheilungsrate im Vergleich zu den ungeimpften Tieren an. Erste Erfolge in Österreich Während es in Deutschland trotz Zulassung noch keinen Vertrieb für den Impfstoff gibt, liegen in Österreich bereits erste Einsatzerfahrungen vor. Diese fallen im Moment noch ganz unterschiedlich aus: Einige prakti- sche Tierärzte berichten, dass die Zahl der akuten E.coli-Masti-tiden schon kurze Zeit nach der Impfung zurück gegangen sei: „Wir haben deutlich weniger akute Fälle“, berichtet Tierarzt Dr. Josef Griesmayr, von den Tierärzten Eberstalzell. Er hat bereits 70 Impfstoffdosen in Problem-Betrieben eingesetzt. In einem Betrieb konnte er nach eigenen Angaben die akuten Coli-Mastitiden um 90 % senken. Leichte Infektionen würden jetzt bereits in der Trockenstehzeit ausgeheilt: „Früher haben wir Infektionen erst nach dem Abkalben entdeckt. Oft war dann das Euterviertel nicht mehr zu retten.“ Bei gesunden Tieren könne mit der Impfung sogar auf den antibiotischen Trockensteller verzichtet werden, so Dr. Griesmayr weiter. Dazu müsse die erste Injektion aber schon vor dem geplanten Trockenstelltermin erfolgen. Damit erspare man sich neben den Kosten für den Trockensteller die Wartezeit für die Abgabe der Milch nach der Kalbung. Deutlich weniger Zellen Die Mehrzahl der Tierärzte berichtet, dass die Zahl der chronischen Mastitis-Fälle rückläufig sei, was sich vor allem an einer deutlichen Senkung der Zellzahlen zeige: „Kühe, die vor der Impfung immer 2 bis 3 Mio. Zellen hatten, waren innerhalb von zehn Tagen unter 200 000 gelangt“ berichtet Tierarzt Dr. Eduard Schlick aus St. Johann im Pongau. Beobachtet wurde, dass die Zellzahlen vor allem nach der zweiten Injektion sinken. Zuvor könne es aber noch kurzfristig zu einem starken Anstieg kommen. Aber es gibt auch Tierärzte, die von dem Impfstoff mehr erwartet haben. In der Großtierpraxis von Dr. Andreas Hassler aus St. Andrä sind zwar in einem Betrieb mit 40 Kühen die Zellzahlen von vorher 350 000 auf 100 000 gesunken. Allerdings habe es nach wie vor hochakute Fälle mit Staph. aureus und Coli gegeben. Für eine endgültige Aussage über die Wirksamkeit des Impfstoffes sei es aber noch zu früh. Ein weiterer Tierarzt aus Kärnten berichtet, dass die Zahl der Aureus-positiven Tiere in der bakteriologischen Untersuchung nach der Mastitis-Impfung sogar zugenommen habe, ebenso die Zellzahlen. Bei vier Tieren stiegen die Zellzahlen über 1 Mio. an. Eine antibiotische Behandlung der Tiere war unvermeidlich. Von schädlichen Nebenwirkungen berichtet bisher keiner der befragten Tierärzte. Allerdings weisen sie darauf hin, dass die bisherigen Erfahrungen nur vorläufig sind, da noch nicht alle geimpften Tiere die ersten 130 Tage in Milch sind. In akuten Fällen Impfschema ändern Ohne begleitende Hygienemaßnahmen sei eine Impfung aber sinnlos, betonen alle befragten Tierärzte aus Österreich. Der Einsatz müsse auf Betriebe beschränkt bleiben, die trotz guter Melk- und Stallhygiene dauerhaft Probleme hätten. Die Tierärzte plädieren dafür, das vom Hersteller vorgegebene Impfschema flexibler zu handhaben und den kompletten Bestand unabhängig vom Laktationsstadium zu impfen. In akuten Fällen müsse in der Laktation geimpft werden, denn dann könne nicht bis zur Trockenstehzeit gewartet werden, so die übereinstimmende Meinung der Großtierpraktiker. Zu den Kosten: Die österreichischen Tierärzte berechnen nach eigenen Angaben zwischen 10 und 25 € pro Injektion, d. h. zwischen 30 und 75 € für das komplette Impfprogramm. Viele Tierärzte sind trotz der kurzen Erprobungszeit schon jetzt davon überzeugt, dass sich die Impfung rechne. Der Infektionsdruck in der Herde werde deutlich gesenkt, ebenso die Zahl der Abgänge: „Schon allein durch die Senkung der Zellzahlen rechnet sich die Impfung, wenn ein Betrieb dadurch wieder den S-Klasse-Zuschlag bekommt. Außerdem muss weniger Antibiotika eingesetzt werden“, erklärt Dr. Beate Schönbrunner. Wir halten fest Die ersten Erfahrungen mit dem neuen Impfstoff in der Praxis sind überwiegend positiv: Akute Mastitiden gehen zurück und die Zellzahl sinkt. Für eine genauere Beurteilung der Impfung müssen allerdings noch deutlich mehr Dosen in Milchviehbetrieben eingesetzt werden. Dringend erforderlich sind zudem neutrale Versuche an Hochschulen und Versuchsstationen. S. Lehnert

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