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Mehr Parasiten bei Kurzrasenweide?

Lesezeit: 7 Minuten

Durch wärmere Winter und den Trend zur Kurzrasenweide verändert sich die Parasitenbürde auf den Flächen. Das zeigen erste Untersuchungen in Praxisbetrieben. Es berichten Dr. Elisabeth Deckinger und Dr. Norbert Meier vom Tiergesundheitsdienst Bayern.


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Dass die Weidehaltung von Rindern in der aktuellen Tierwohl-Debatte ihren festen Platz hat, ist angesichts der positiven Effekte für das Tier kaum verwunderlich. Weniger beachtet wird dagegen, dass das Weidesystem und der Zeitpunkt des Austriebs auch maßgeblich über das Vorkommen und die Häufigkeit von Weideparasiten entscheiden.


Studie in 39 Betrieben:

Das zeigt sich vor allem, wenn man sich die Parasitenbürde bei einer relativ neuen Weideform wie z. B. der Kurzrasenweide ansieht. Das hat der Tiergesundheitsdienst Bayern im Rahmen eines strategischen Parasitenmonitorings seit 2010 getan.


Derzeit nehmen 39 Betriebe mit Kurz-rasenweide aus Ober- und Niederbayern an dem Projekt teil. Bei der Kurzrasenweide handelt es sich um ein Weidesystem, das als Standweide betrieben wird.


Die Weidegröße wird dabei so bemessen, dass der tägliche Graszuwachs möglichst genau mit dem Futterverzehr der Rinder übereinstimmt. Eine Zufütterung ist in der Regel nicht nötig. Typisch ist der frühe Austrieb der Tiere bereits im März/April. Sind mehrere getrennte Weiden vorhanden, so werden diese im Schnellumtrieb beweidet.


Zu den wichtigsten Voraussetzungen für die erfolgreiche Umsetzung dieses Konzepts gehören ausreichende Flächen in Hofnähe, die Umstellung auf Winterabkalbung sowie eine systematische Parasitenbekämpfung.


In den 39 Betrieben werden jährlich jeweils im Frühjahr, Sommer und Herbst Kotproben von Jungrindern und Kühen auf Magen-Darm-Würmer, Le­beregel, Lungenwürmer, Bandwürmer und Kokzidien untersucht. Das waren jährlich etwa 1 000 bis 1 500 Proben. Durch die ausführliche Diagnostik und Beratung wird eine individuell auf jeden Betrieb zugeschnittene Parasitenbekämpfung möglich.


Die Parasitennachweise unterscheiden sich bei Jungrindern und Kühen zum Teil erheblich (Übers. 1 und 2).


Kokzidien:

So konnten in Kotproben von Jungrindern stets deutlich häufiger Kokzidien nachgewiesen werden, als in den Proben von Kühen. Im Jahr 2012 waren sogar 77 % der Proben von Jungrindern Kokzidien-positiv ge­gen­über 28 % bei den untersuchten Kühen. Im vergangenen Jahr 2014 schieden 69 % der Jungrinder und 26 % der Kühe Kokzidien aus.


Dass Jungrinder deutlich stärker befallen sind, liegt hauptsächlich daran, dass sie mit den Parasiten in der Regel zum ersten Mal konfrontiert sind und in ihrer ersten Weidesaison spezifische Abwehrkräfte bzw. eine belastbare Immunität entwickeln müssen.


Tiere, die an Kokzidien erkrankt sind, scheiden eine große Menge an Eiern, die sog. Oozysten, mit dem Kot aus. Diese sind gegenüber Umwelteinflüssen ex-trem hartnäckig und können monatelang infektiös bleiben. Auf intensiv genutzten Standweiden wie der Kurzrasenweide kann es deshalb zu einer starken Ansammlung kommen.


Neben der altersabhängigen Behandlung der erkrankten Tiere mit geeigneten Wirkstoffen (siehe Übersicht 3, Seite R 14) bleibt dann nur noch ein Weidewechsel zur Verringerung des Infektionsdrucks.


Magen-Darm-Würmer:

Bei den Nachweisen von Magen-Darm-Würmern er­gibt sich ein ähnliches Bild wie bei den Kokzidien. Auch von diesen sehr häufigen Weideparasiten waren Jungrinder stärker befallen als Kühe. Allerdings ist der Verlauf in den letzten fünf Jahren in beiden Tiergruppen sehr ähnlich.


Im letzten Jahr verzeichneten wir einen deutlichen Anstieg von Magen-Darm-Wurm-Nachweisen, bei den Jungrindern von 26,7 % im Jahr 2013 auf nun 42,1 % und bei den Kühen von 12,6 % auf aktuell 29,2 %. Vermutlich spielen die milden Witterungsverhältnisse im Winter 2013/2014 eine Rolle, die zahlreichen Wurmlarven das Überleben auf der Weide bis zum Frühjahr 2014 ermöglichten. Gegen Magen-Darm-Würmer gibt es viele Drench-, Aufguß- oder Injektionspräparate. Seit einiger Zeit sind auch Kombinationspräparate mit einer Leberegelkomponente verfügbar.


Band- und Lungenwürmer:

Der Nachweis von Band- und Lungenwürmern war in den letzten Jahren sowohl bei Jungrindern als auch bei Kühen selten. Allerdings können sie beim Einzeltier zu erheblichen Schäden bis hin zum Verenden führen. Bandwürmer schieden 0,5 % bis 3,9 % der Tiere aus, Lungenwürmer konnten bei 0,1 % bis 2 % nachgewiesen werden.


Zur Behandlung des Bandwurmes sind albendazolhaltige Produkte verfügbar. Für den Lungenwurm gibt es wie für die Magen-Darm-Würmer Drench-, Aufguß- und Injektionspräparate.


Auch für den Lungenwurm waren die milden Winter in den letzten Jahren und der frühe Austrieb bei der Kurzrasenweide förderlich, sodass es erste Funde schon Ende Mai statt bisher Ende Juni gab. Am häufigsten sind sie jedoch nach wie vor im Herbst, weil die Menge an Parasiten durch gut empfängliche Weidetiere ohne spezifischen Immunschutz im Laufe der Weidesaison steigt. Feuchtkühles Wetter fördert die Überlebensfähigkeit und die Verbreitung der Lungenwurm-Larven auf der Weide. Ein Teil davon kann den Winter überdauern. Außerdem bleiben die im Herbst vom Rind aufgenommenen dritten Larven in einer Ruhephase und sorgen gleich im nächsten Frühjahr für eine Kontamination der Weiden.


Beim Festlegen des Behandlungszeitpunktes muss berücksichtigt werden, dass eine Infektion zu Beginn der Weidesaison stattfinden soll, damit die Tiere eine Immunität aufbauen.


Leberegel:

Seit 2011 bzw. 2012 werden die entnommenen Kotproben auch auf Eier des großen Leberegels untersucht. Bei den Jungrindern ging der Anteil positiver Proben aufgrund intensiver Beratung der Landwirte und strate­gischer Behandlung der Tiere von 10,7 % im Jahr 2012 auf 2,3 % im letzten Jahr kontinuierlich zurück.


Bei den Kühen zeigt sich dagegen ein völlig anderes Bild. Seit 2011 stieg der Anteil an Kühen mit Leberegelbefall von 11,8 % auf aktuell 16,9 % stetig an. Bayernweit geht man davon aus, dass rund 32 % aller Rinderherden vom großen Leberegel betroffen sind. In Gebieten mit vielen Feuchtstellen gehen die Schätzungen auf bis zu 97 %.


Der Schaden kann bei einem Leber-egelbefall durch die reduzierte Milch-leistung, verringerte Mastleistung sowie massive Fruchtbarkeitsstörungen mehrere 100 € betragen. Die blutunterlaufenen Wanderwege der jugendlichen Leberegel in der Leber eines verendeten Rindes sind häufig mit bloßem Auge zu erkennen. Das größte Schadpotenzial dieser Infektionsphase ergibt sich beim Zusammentreffen mit der Geburt und dem Laktationsbeginn. Gerade deshalb verdient die Eiausscheidung chronisch kranker Kühe besonderes Augenmerk. Daneben ist eine gute Weidehygiene unverzichtbar. Feuchtflächen mit guten Le­bensbedingungen für die Zwerg­schlammschnecke als Zwischenwirt sollten ausgezäunt und das Futter dieser Flächen allenfalls heißluftgetrocknet oder siliert verfüttert werden.


Behandlungsnotstand:

Ein möglicher Grund für den Anstieg der Leberegel bei Kühen ist, dass die Behandlung schwieriger ist als bei Jungrindern. Denn alle derzeit für laktierende Rinder zugelassenen Medikamente haben eine Wartezeit auf Milch. Viele Betriebe haben deshalb vermutlich auf eine Behandlung verzichtet.


Für nicht-laktierende Rinder stehen dagegen eine Reihe von Wirkstoffen zur Verfügung. Albendazol wirkt nur gegen erwachsene Leberegel in den Gallengängen. Die Wirkstoffe Closantel und Clorsulon erfassen adulte Leberegel. Triclabendazol hat das breiteste Wirkspektrum, weil es auch gegen die jugendlichen Larven wirkt und daher zu jedem Zeitpunkt der Infektion ein­gesetzt werden kann. Allerdings sind mehrere Drenchpräparate mit diesem Wirkstoff seit Monaten nicht lieferbar, was Tierärzte und Bauern ärgert.


Weil es in Deutschland bisher kein zugelassenes Arzneimittel zur Behandlung einer Leberegelinfektion bei milchliefernden Rindern gibt, müssen Produkte (z. B. Zanil, Wirkstoff: Oxyclozanid) aus dem europäischen Ausland eingeführt werden. Allerdings bekämpfen auch Oxyclozanid-haltige Arzneimittel be­vorzugt den erwachsenen Leberegel. Zudem gilt seit 2014 auch für diesen Wirkstoff bei Milch eine Wartezeit, sodass Tierhalter Behandlungen vermehrt auf Zeiträume ohne Milchlieferung be­schränken. Es liegt in der Verantwortung der Pharmaindustrie, diese Lücken in der arzneilichen Versorgung unserer Milchkühe bald zu schließen!


Einsatz zeitlich begrenzen:

Generell sollte auch beim Einsatz von ParasitenBekämpfungsmitteln das Risiko von Resistenzen nicht unterschätzt werden. Die Maßnahme sollte daher zielgenau und zeitlich begrenzt sein. Damit ein Parasitennachweis als Folge einer Resistenzbildung nicht mit einer erneuten Infektion verwechselt wird, bedarf es einer genauen Fallanalyse.

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