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Milch-Debakel: Was sagen unsere Nachbarn?

Lesezeit: 6 Minuten

Die deutschen Agrarminister drohen mit einer staatlichen Mengendrosselung. Was sagen unsere Nachbarn dazu? top agrar hat sich umgehört.


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Die Ergebnisse der letzten Agrarministerkonferenz (AMK) sorgen für reichlich Gesprächsstoff: Die Agrarminister der Länder rufen den Milchsektor zu einer freiwilligen Mengenbeschränkung auf. Molkereien und Milcherzeuger, die sich beteiligen, sollen staatliche Bonuszahlungen bekommen.


Sollte es bis zum Sommer allerdings nicht spürbar weniger Milch geben, wollen die deutschen Agrarminister eine zeitlich befristete entschädigungslose Mengenbegrenzung auf EU-Ebene durchsetzen. Das Bundeslandwirtschaftsministerium (BMEL) soll prüfen, wie sich das umsetzen lässt.


Deutschland ist gespalten.

Bundesminister Christian Schmidt nimmt den Auftrag an. Das Kabinett hat bereits das Agrarmarktstrukturgesetz geändert, um eine freiwillige Begrenzung der Milchproduktion zu ermöglichen. Dennoch ist Schmidt wenig euphorisch: „Wir sind bei der Milch nicht auf rückwärts gepolt, es wird keine Quote mehr geben!“ Die Vorstellungen einiger Länderminister würden nicht mit seinen Analysen übereinstimmen. Er hoffe deshalb darauf, dass die Milchbranche das Mengenproblem selbst und freiwillig löse.


Auf top agrar-Nachfrage verdeutlicht das BMEL: „Eine staatliche Anschubfinanzierung von Vereinbarungen und Beschlüssen zur freiwilligen Milchmengenreduktion unterstützen wir nicht. Diese Maßnahme wäre extrem teuer und außerdem wenig wirkungsvoll. Die erforderlichen beträchtlichen Mittel stehen weder national noch auf EU-Ebene zur Verfügung. Es ist und bleibt die Aufgabe der Marktbeteiligten, selbst ein besseres Gleichgewicht zwischen Angebot und Nachfrage zu finden.“


Die Verbände werten die AMK-Ergebnisse ganz unterschiedlich: Ablehnung kommt erwartungsgemäß vom DRV, MIV und DBV, Zuspruch dagegen vom BDM und der AbL. P. Liste


Nach zwei Boom-Jahren hat sich die Stimmung unter den irischen Milch-erzeugern abgekühlt. Die Milchpreise liegen derzeit bei 23 bis 24 ct/kg. Die Produktionskosten betragen im Landesschnitt etwa 25 ct/kg. Eine profi-table Milchproduktion ist deshalb momentan schwierig.


Größere Sorgen haben den Milchbauern aber die schlechten Wachstumsbedingungen für das Grünland im vergangenen Herbst gemacht. Im Frühjahr ist das Gras dagegen gut gewachsen. Die Milcherzeuger haben in den vergangenen Jahren stark investiert. Sie wollen diese Marktphase deshalb jetzt abwarten und danach das starke Milch-Wachstum unbedingt fortsetzen.


Von einer staatlichen Milchmengen-Regulierung wollen unsere Bauern nichts hören: Schätzungsweise 90% der Milcherzeuger sind klar gegen eine Quote oder ähnliche Drosselung.


Eine höhere Anzahl an Betriebsaufgaben können wir nicht feststellen. Nach wie vor steigen auch einige Landwirte ganz neu in die Milch-produktion ein.


Die beiden größten Genossenschaftsmolkereien im Land, Glanbia und Dairygold, bieten ihren Milchlieferanten feste Milchpreise für mehrere Jahre an. Das ist ein sehr gutes Instrument gegen die Volatilität auf dem Milchmarkt. Es bietet den Erzeugern Planungssicherheit.


Bei Milchpreisen von etwa 25 ct/kg fällt es auch den niederländischen Milcherzeugern schwer, bei guter Laune zu bleiben. Die meisten positiv denkenden Landwirte gehen davon aus, dass sie bessere Zeiten erwarten. Etwa 10% aller Milcherzeuger haben schwere Liquiditätsprobleme. Deutlich mehr haben ihre Tilgungsraten angepasst, um die schwierige Marktphase zu überstehen.


Die Regierung will mit neuen gesetzlichen Regelungen den Gülle-Anfall eindämmen. Deshalb hat sie eine Phosphat-Quote eingeführt. Diese ist mit einer Kuh-Quote vergleichbar. Mehr Milch zu produzieren, ist für viele Milcherzeuger aber nach wie vor der Weg, um die Marge zu halten. Für Betriebe mit hohen Pro-duktionskosten wird diese Strategie allerdings keine zusätzlichen Ein-nahmen bringen.


Eine Minderheit der niederländischen Milcherzeuger hofft auf mehr staatliche Marktregulierung als Lösung für den Milchmarkt. Die Mehrheit lehnt das aber ab.


Die meisten unserer Milchbauern hoffen, dass die Talsohle erreicht ist und die Milchpreise wieder steigen. Das ist im Moment aber mehr Hoffnung als Erwartung. Einige Milcherzeuger spekulieren auch darauf, dass jetzt mehr Berufskollegen aufhören. Das könnte den Druck vom Milchmarkt nehmen.


Momentan sind die polnischen Milcherzeuger sehr pessimistisch. Der durchschnittliche Milchpreis 2015 hat gegenüber 2014 bereits um 17% nachgegeben. Derzeit fällt er weiter – und die Molkereien haben noch kein Ende in Aussicht gestellt.


In der Vergangenheit haben die Landwirte über die Milchquote geschimpft. Denn sie wollten ihre Milchproduktion ausdehnen. Inzwischen scheint es, als würde eine Mehrheit von einer Rückkehr des Quotensystems träumen. Sie erhoffen sich davon ein Stück weit Stabilisierung im Milchmarkt.


Meine persönliche Meinung ist eine andere: Die Milchquote hat nicht funktioniert, sie hat die nötige Umstrukturierung der polnischen Milchwirtschaft gebremst. Deshalb steigt künftig der Druck auf unsere Milcherzeuger.


Die größeren Betriebe in Polen (über 30 Kühe) werden versuchen, ihre Futterkosten zu senken, die Milchleistung zu reduzieren und auf bessere Zeiten hoffen. Viele kleine Betriebe in Polen (unter 20 Kühe) dürften keine Zukunft haben. Sie könnten auf Rindfleisch-produktion umsteigen oder einen außerlandwirtschaftlichen Job anfangen. Die mittleren Betriebsgrößen (20 bis 30 Kühe) haben in den letzten Milch-Krisen die Menge ausgedehnt, um das Einkommen auszugleichen. Ohne Investitionen wird das langfristig aber nicht funktionieren.


Die französischen Bauern sind nicht nur wegen der Milchpreise frustriert. Sie sind vor allem sauer auf ihre nord-europäischen Kollegen, die munter weiter Milch produzieren, ungeachtet dessen, ob es Abnehmer am Markt gibt oder nicht.


Der Ärger kommt nicht von ungefähr: Die Quote gibt es zwar nicht mehr, die französischen Bauern können aber nicht so viel produzieren, wie sie wollen. Sowohl die genossenschaftlichen als auch die privaten Molkereien haben Preissysteme eingeführt, die davor abschrecken sollen, mehr zu melken als vereinbart. Bei Lactalis z.B. zahlen die Bauern 28,6 ct/l Strafe für Übermengen. Wer bei der Genossenschaftsmolkerei Sodiaal mehr als die vereinbarte Referenzmenge abliefert, bekommt dafür nur 0,05 ct/l.


Unsere Bauern wünschen sich, dass auch die Molkereien in Deutschland, den Niederlanden, Dänemark und Irland Systeme schaffen, um die Milch-menge zu regulieren. Andernfalls wird sich der Markt nur einpendeln, wenn „genügend“ Milcherzeuger aufgeben.


Meiner Meinung nach müsste man mittelfristig reelle Absatzmöglich-keiten in Asien und Afrika schaffen. Doch dafür bräuchten wir eine euro-päische Politik, die Solidarität anstatt Wirtschaftskrieg zwischen den Ländern und Milchregionen fördert. Um das zu ändern, müsste die EU über den Tellerrand blicken.


Die Stimmung bei den 3600 dänischen Milcherzeugern ist sehr bedrückt. Der niedrige Milchpreis von etwa 26 ct/kg macht vielen schwer zu schaffen. Die Landwirte haben in den vergangenen zehn Jahren viel investiert. Jetzt möchten sie ihre Produktion erweitern, um die Früchte dieser Investitionen zu ernten und ihre Schulden abzubauen. Das funktioniert gerade jedoch nicht besonders gut.


Die dänischen Milchbauern sind sich der Lage auf dem globalen Milchmarkt mit seinem Überangebot, besonders in Europa, sehr bewusst. Doch sie stecken durch ihre hohen Schulden in einem Dilemma. Die Milchproduktion auf einzelnen Betrieben zu drosseln, wird daher eher nicht als langfristige Lösung angesehen. Stattdessen erwartet man, dass eine größere Anzahl Betriebe aufgrund von fehlender Liquidität die Produktion aufgibt. Kurzfristig verkaufen einige Landwirte z.B. Kühe mit niedriger Leistung, um ihre Liquidität zu verbessern. Billigere Fütterungsstrategien stehen auch auf dem Programm. Sobald die Milchpreise steigen, werden sie die Produktion aber wieder steigern.


Die Zukunftsaussichten sind gemischt. Die gesunden Betriebe nutzten die Gelegenheit, um aufgebende Betriebe günstig zu kaufen. Die mittlere Gruppe muss Schulden abbauen, um ihre Liquidität zu verbessern. Einige ältere Landwirte sowie Betriebe mit niedriger Effektivität dürften aussteigen.

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