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Milchblockade - was Sie tun können

Lesezeit: 6 Minuten

Die Milchblockaden bei Färsen nehmen zu. Wo die Ursachen liegen können, zeigen neue Untersuchungen aus Sachsen. Die Milchblockaden bei Färsen nehmen zu. Wo die Ursachen liegen können, zeigen neue Untersuchungen aus Sachsen. Solche Milchejektionsstörungen bei Färsen sind seit Jahrzehnten bekannt, treten aber offenbar seit einigen Jahren häufiger auf und sind nicht nur auf die Rasse Holstein beschränkt. Bisher gibt es aber dazu nur sehr wenig wissenschaftliche Untersuchungen. Welche Ursachen kommen in Frage? Beobachtungen in der Praxis lassen für Milchblockaden bei Färsen folgende Ursachen, die einzeln oder im Komplex wirken können, vermuten: Stress durch den Geburtsvorgang, die Rangkämpfe in der Herde, neue Umgebung z. B. Vorwartehof und Melkstand, eine harte Behandlung beim Einmelken; die Umstellung vom Säugen des Kalbes in der Abkalbebox zum Maschinenmelken; eine besondere genetische Veranlagung zur Milchblockade, eventuell durch vererbte höhere Stressempfindlichkeit; der Milchejektionsreflex ist noch nicht "eingeschliffen" und muss trainiert werden. Der Zeitraum von der Abkalbung bis zur Eingliederung in die Milchkuhherde sind "die schwersten Tage im Leben einer Färse". Deshalb wird vor allem Stress als Ursache von Milchblockaden angesehen, weil sie ab der zweiten Laktation nur noch äußerst selten auftreten. Wie hilft sich die Praxis? Milchblockaden werden, wenn intensives Anrüsten nicht zum Erfolg führt, durch Injektionen von Oxytocin überwunden. Da die Injektion in eine Vene (intravenös) im Melkstand schwierig ist, wird in der Regel in die Muskulatur der Hinterhand (intramuskulär) gespritzt. Die Zeit bis die Milch einschießt, kann je nach Durchblutung bis zu drei Minuten betragen, bei einer Injektion in die Vene aber weniger als eine Minute. Üblich ist zu Beginn eine - eigentlich zu hohe - Dosis von 50 IE (Internationale Einheiten; bei den gängigen Präparaten enthält 1 ml 10 IE Oxytocin). Diese Dosis wird allmählich reduziert und dabei kontrolliert, ob die Milch inzwischen allein durch intensives Anrüsten einschießt. Der Einsatz von Oxytocin stört im Melkstand. Deshalb versuchen Praktiker Stress abzubauen. So werden in einigen Betrieben die Färsen schon ein bis zwei Wochen vor dem Abkalbetermin in die Kuhherde eingestellt und gehen zum Eingewöhnen mit in den Melkstand, ohne gemolken zu werden. Häufig ist aber nicht ohne die Oxytocin-Injektion auszukommen. Neue Ergebnisse aus Sachsen Weil immer mehr Landwirte über das Problem Milchblockade bei Färsen klagen, wurden vom Landeskontrollverband in Sachsen in Zusammenarbeit mit der Hochschule für Technik und Wirtschaft in Dresden zwei statistische Erhebungen durchgeführt. Die erste Erhebung erfasste als Umfrage 17 Betriebe mit Angaben aus den Jahren 1998 bis 2001, die zweite 42 Herden aus 38 Betrieben mit Daten aus den Jahren 2002 bis 2003. Die Betriebe wurden weitgehend zufällig ausgewählt, wobei sieben Herden in beiden Erhebungen vertreten sind. Die wichtigsten Ergebnisse sind in Übersicht 1 zusammengefasst. Es wird deutlich, dass Färsen mit Milchblockaden nahezu in allen Herden auftreten. Die Unterschiede in der Häufigkeit des Auftretens sind allerdings sehr groß. Bei Durchschnitten von 7 bzw. 6,1% für alle erfassten Färsenabkalbungen sind im Extremfall bis zu 25 % der Färsen einer Herde betroffen. In der zweiten Erhebung lagen sieben Herden bei 10 % und mehr. Es fällt weiter auf, dass die Ergebnisse beider Erhebungen weitgehend übereinstimmen. Erschreckend ist trotz üblicher Oxytocingaben der hohe Anteil der Merzungen der von Milchblockade betroffenen Färsen mit 21,9 bzw. 23,5 %, wobei Spitzenwerte von 50 bis 70% genannt worden sind. Bei den Betrieben mit über 20 % Blockaden war eine besonders gravierende Stress-Situation zu vermuten, dies konnte jedoch beim Betriebsbesuch nicht bestätigt werden. Interessant ist, dass in den Betrieben, in denen die Färsen vor der Abkalbung mit in den Melkstand gehen, zwar auch Blockaden auftraten, Merzungen aber seltener waren. In diesen Betrieben waren die Färsen mit Blockade schon nach ein bis zwei Tagen mit Oxytocin-Injektion normal zu melken. In Betrieben mit 50 % und mehr Merzungen, bezogen auf die Zahl der Blockaden, entschieden sich die Tierhalter oft schon nach wenigen Tagen für die Merzung. Das dürfte etwas zu früh sein, wie andere Betriebe zeigen. "Heilungen" treten offenbar nach bestimmten Zeiträumen vorrangig auf: nach einem Tag, nach 5 bis 7 Tagen, nach 25 bis 30 Tagen, nach etwa 50 Tagen oder gar nicht. Einflüsse des Sexualzyklus sind hier denkbar. Was sind die Ursachen? Die zweite Erhebung wurde ausgedehnt, um den Ursachen für die großen Unterschiede in der Häufigkeit des Auftretens von Milchblockaden bei Färsen näher zu kommen (Übersicht 2). Danach lassen folgende Faktoren einen erheblichen Zusammenhang zur Blockade- Häufigkeit vermuten: Offenbar kann sich die Enge des Stehens in den Gruppenmelkständen doch negativ auswirken, da Rinder gern einen "Individualabstand" einhalten wollen, es hier aber nicht können. Im Tandem- Melkstand stehen die Tiere allein in ihrer Box, was wahrscheinlich weniger stressig ist. Als "Beweise" können diese Feststellungen aber angesichts der geringen Zahl der Untersuchungen, die eine statistische Auswertung nicht zulassen, noch nicht angesehen werden. Unzweifelhaft ist jedoch, und das belegen beide Erhebungen eindeutig, dass das Besaugen der Färsen durch ihre Kälber vor dem Übergang zum Melken im Melkstand die Blockade-Neigung bei Färsen erhöht. Danach lassen folgende Faktoren einen leichten Einfluss auf das Auftreten von Milchblockade vermuten: So ist durchaus vorstellbar, dass automatische Treibevorrichtungen im Vorwartehof der Melkstände den Stress der Färsen verstärken. Auch kann eine größere und häufiger wechselnde Zahl von Personen im Melkstand in Form erhöhter Unruhe leicht negativ wirken. Und schließlich scheint es mit einem Winterhoch einen leichten jahreszeitlichen Einfluss auf die Häufigkeit des Auftretens von Milchblockaden zu geben. Noch offen ist der genetische Einfluss auf das Auftreten von Milchblockaden. Die Untersuchungen stellen ein gehäuftes Auftreten von Milchblockaden bei bestimmten Färsen-Vätern fest. Allerdings handelt es sich dabei in der Regel um in der Region besonders häufig eingesetzte Bullen. Hier sind noch weitere Untersuchungen notwendig. Außerdem ist auch eine Vererbung über Kuhfamilien denkbar, die die großen Unterschiede im Auftreten von Blockaden zwischen verschiedenen Herden erklären würde. Geheilte Färsen haben eine geringere Leistung Praktiker berichten, dass "geheilte" Färsen, also nach überwundener Blockade, im Vergleich zu ihren Altersgefährtinnen eine um bis zu 40 % geringere Leistung in der ersten Laktation bringen und gehäuft unter Mastitis leiden. Da einige geheilte Färsen aber auch mit voller Leistung aufwarten, kann man nach Blockade im Mittel von 1500 kg Leistungsverlust im ersten Jahr ausgehen. In der zweiten Laktation bringen diese Tiere in der Regel dann die erwartete volle Leistung. Häufig zeigen sich die Blockade- Färsen nach Heilung aber als Schwer- oder Langsam- Melker mit durchschnittlichen Milchflüssen unter 1,5 kg/min. Versucht man eine überschlägige Schadensschätzung für das Auftreten von Milchblockaden, so kommt man zu den Ergebnissen in Übersicht 3. Rechnet man diese Verhältnisse auf knapp 4 Millionen Milchkühe in Deutschland hoch und unterstellt eine Reproduktionsrate von durchschnittlich 38%, so kommt man zu einer Schadenssumme von über 100 Mio. E jährlich. Selbst wenn diese Schätzung um 50 % zu hoch ist, sind verbleibende 50 Millionen immer noch zu viel, und es ist Zeit, dass sich Zuchtverbände, Züchtungswissenschaft und Veterinärmedizin diesem Problem intensiv widmen!

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