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Milchleistung in der kuhgebundenen Aufzucht

Lesezeit: 7 Minuten

Das Interesse an der kuhgebundenen Kälberaufzucht steigt. Ein Standardsystem gibt es allerdings nicht. Damit steigen auch die Herausforderungen bei der Milchleistungsprüfung.


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Unsere Autorin


Dr. Kerstin Barth, Thünen-Institut, Trenthorst (Schleswig-Holstein)


Nicht nur bei Verbrauchern, auch bei Landwirten wächst das Interesse an der kuhgebundenen Kälberaufzucht. Das zeigt beispielsweise ein Blick in die Liste der Online-Vortragsveranstaltungen: Seit einem Jahr gibt es zunehmend Angebote zum Thema kuhgebundene Kälberhaltung. Diese reichen von Tagungsbeiträgen bis zu Diskussionsrunden mit Landwirten, die das Verfahren seit einigen Jahren praktizieren und oft von vitaleren Kälbern und vor allem von mehr Freude an der Arbeit mit ihren Tieren berichten (siehe top agrar-Ausgabe 6/2020).


Viele Herausforderungen


Dabei bietet die Haltung, in der Kälber Kontakt zu ihren Müttern oder Ammenkühen haben und auch an ihnen saugen dürfen, nicht nur Vorteile. Beim Blick auf die Auswertung der Milchleistungsprüfung wird das schnell deutlich.


Betriebe, die sich für eine kuhgebundene Kälberaufzucht entscheiden und sie umsetzen möchten, stehen einer Reihe von Herausforderungen gegenüber, die von den stallbaulichen Gegebenheiten über das Management der Milchviehherde bis zu den wirtschaftlichen Ergebnissen reichen.


Am offensichtlichsten sind dabei die Effekte auf die lieferbare Milchmenge und das Melken an sich: Während in der Tränkeaufzucht die eingesetzte Menge an Milch oder Milchaustauscher genau kontrollier- und steuerbar ist, ist das bei der kuhgebundenen Aufzucht nicht der Fall. Die praktizierten Verfahren dieser Form der Aufzucht wirken sich dabei ganz unterschiedlich aus. Zudem ist die rein muttergebundene Kälberhaltung, bei der die Kuh nur das eigene Kalb versorgt, zu unterscheiden von der ammengestützten Aufzucht und deren Mischformen, bei denen mehrere Kälber an einer Kuh saugen können.


Haltungsverfahren


Grundsätzlich sind folgende Haltungsverfahren zu unterscheiden:


  • Ganztagskontakt: Kälber haben nahezu jederzeit die Gelegenheit, an ihren Müttern oder Ammenkühen zu saugen. Unterbrechungen gibt es nur durch die Melkzeiten (falls die Kühe auch gemolken werden) oder aufgrund bestimmter Managementaufgaben, z.B. Einstreuen oder Trächtigkeitsuntersuchung der Kühe.
  • Halbtagskontakt: Hier besteht der Kontakt in einer der zwei Zwischenmelkzeiten – also über Nacht oder am Tag. Der Kontakt am Tag entspricht dabei eher dem natürlichen Saugverhalten der Kälber.
  • Kurzzeitkontakt: Die Kälber haben nur sehr begrenzte Kontaktzeiten, die ausreichend sein sollen, um dem Saugbedürfnis und dem Bedürfnis nach Sozialkontakt zum Bezugstier (Mutter oder Amme) Rechnung zu tragen. Aus praktischen Gründen sind diese Zeiten in der Regel um die eigentlichen Melkzeiten angeordnet, also vor oder nach den Melkzeiten der Kühe.


Aufwendige Erfassung


Die Erfassung der von den Kälbern aufgenommenen Milchmenge ist sehr aufwendig. Wissenschaftler schätzen deshalb die Mengen und nutzen in Studien dafür eine Kontrollgruppe von Kühen, die am Tag der Kalbung von ihren Kälbern getrennt und nur noch gemolken werden. Aus dem Unterschied zwischen diesen Kontrollkühen und den Kühen, die auch Kälber säugen, ergibt sich die aufgenommene Milchmenge. Allerdings nur ungefähr. Denn viele Kühe, die Kälber säugen und zusätzlich maschinell gemolken werden, geben beim Melken ihre Milch nicht vollständig her.


Welche Ursache dem unterschiedlichen Verhalten beim Saugen und maschinellen Melken zugrunde liegt, ist noch nicht geklärt. Die oben erwähnte Differenz in der Milchmenge umfasst also nicht nur das, was das Kalb getrunken hat, sondern auch die Menge, die beim Maschinenmelken nicht gewonnen werden konnte und im Euter verblieben ist.


Auswirkung auf Milchmenge


Wird ein Euter nicht regelmäßig vollständig geleert, kann es zu einer negativen Rückkopplung kommen. Das heißt, die Kuh produziert weniger Milch. Im Gegensatz dazu führt eine erhöhte Melkfrequenz bei möglichst gleichmäßig verteilten Melkzeiten zu einer Leistungssteigerung. Das beobachten z.B. auch Betriebe, die mit Roboter melken. Ähnlich wirken sich auch unterschiedliche Kuh-Kalb-Kontakt-Systeme aus.


Anhand der Auswertung von Daten aus vier Versuchen, in denen verschiedene kuhgebundene Aufzuchtverfahren mit dem Kontrollverfahren verglichen wurden, ergab sich Folgendes: Die Milchleistung der Kühe, die nur nachts Kontakt zu ihrem Kalb hatten, unterschied sich nach dem Absetzen der Kälber nicht mehr signifikant von der Leistung der Kontrollkühe.


Kühe, die den ganzen Tag über von ihren Kälbern besaugt werden konnten, erreichten dieses Niveau nicht (siehe Übersicht 1). Das ist bemerkenswert, da von den säugenden Kühen deutlich häufiger Milch gewonnen wird als von den Kühen, die zweimal täglich in den Melkstand gehen. Anscheinend reicht diese Steigerung der „Melkfrequenz“ (Maschinenmelken plus Kalbsaugen) in der rein kuhgebundenen Aufzucht aber nicht aus, um auch in der Restlaktation ab dem 101. Laktationstag davon zu profitieren. Das ist nämlich bei einer erhöhten Melkfrequenz zu Laktationsbeginn beim Robotermelken zu sehen.


Dieser leistungssteigernde Effekt wurde jedoch für ammengestützte Verfahren nachgewiesen, in denen mehrere Kälber an einer Kuh saugen. Allerdings besteht in diesem Fall das Risiko einer zu starken Belastung der Euter- und Zitzenhaut, die zu Verletzungen führen kann. Zudem ist darauf zu achten, dass die Kuh nicht überfordert wird und die Kälber auch wirklich alle genug Milch bekommen.


Die gestörte Milchabgabe beim Maschinenmelken von säugenden Kühen zeigt sich oft auch im Fettgehalt der ermolkenen Milch (siehe Übersicht 2). Bekanntlich wird die fettreichste Milch am Ende des Melkens gewonnen. Wird das Euter nicht vollständig geleert, bleibt auch der Fettgehalt niedriger. Der Fettgehalt der ermolkenen Milch lag in den ersten 100 Laktationstagen, in denen die Kühe Kälber säugten, deutlich unter dem der Kontrollgruppe. So lange ein Betrieb keine saisonale Abkalbung praktiziert und nicht alle Kühe der Herde gleichzeitig noch Kälber säugen, wird der Milchauszahlungspreis allerdings nicht zwangsläufig beeinträchtigt.


Relevant wird der geringere Fettgehalt jedoch, wenn die Analysen der Einzelmilchproben auch zur Beurteilung der Stoffwechselgesundheit herangezogen werden. Säugende Kühe können daher schnell Fett-Eiweiß-Quotienten kleiner als eins aufweisen, ohne dass sie an einer Pansenfermentationsstörung leiden. Milchviehhalter könnten mögliche Ketosen so leicht übersehen.


Keine Milchleistungsprüfung


Bezüglich der Milchleistungsprüfung (MLP) müssen Landwirte beachten, dass die kuhgebundene Kälberaufzucht nicht vorgesehen ist (siehe Kasten „MLP“). Denn mit der Kennzeichnung der säugenden Kühe als Amme fallen diese Tiere aus der Leistungsberechnung heraus.


Beim Verkauf von Zuchttieren kann das Nachteile haben. Zudem kann es passieren, dass die Ergebnisse der Milchuntersuchung nicht ausgewiesen werden, da die Landeskontrollverbände (LKV) sehr niedrige Fettgehalte, wie sie bei Milchabgabestörungen auftreten können, als nicht plausibel ansehen. Die Konsequenz ist, dass Betriebe mit kuhgebundener Aufzucht in dem Fall gar keine Informationen erhalten.


Inzwischen hat aber zum Beispiel der LKV Schleswig-Holstein auf Bitten betroffener Betriebe reagiert und übermittelt diese Analyseergebnisse trotzdem. Eine annähernd aussagekräftige Leistungsprüfung ist derzeit eigentlich nur in Halbtagskontaktsystemen möglich. In dem Fall muss das Prüfverfahren gewählt werden, bei dem eine einmalige Melkzeit je Prüfzeitraum zur Berechnung herangezogen wird. Wenn die Kühe z.B. nachts von den Kälbern getrennt sind, können Betriebe dann die morgendliche Melkzeit wählen. Allerdings sind auch dann Milchabgabestörungen und deren Auswirkungen auf Milchmenge und Milchzusammensetzung nicht völlig auszuschließen.


Langfristig gesehen wäre es wünschenswert, dass Betriebe mit kuhgebundener Aufzucht regulär eine MLP durchführen können und eine Leistungsbewertung erhalten – auch wenn sich die Daten nicht für die Zuchtwertschätzung eignen.


Sollen die Milchanalysen im Betrieb zur Bewertung der Herdengesundheit dienen, müssen Landwirte die Effekte des Kalbsaugens berücksichtigen, um Fehleinschätzungen zu vermeiden.


kirsten.gierse-westermeier@topagrar.com

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