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Mit Hochdruck gegen Hitze

Lesezeit: 5 Minuten

Wenn Ventilatoren nicht mehr ausreichen, soll Wassernebel die Kühe kühlen. top agrar zeigt, was die Hochdruck-Vernebelung leistet, was die Hersteller bieten und wie sich die Technik in der Praxis bewährt.


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Heiße Sommertage, an denen kaum ein Wind weht, sind selbst für moderne, offene Rinderställe eine Herausforderung. Schnell steigt das Thermometer deutlich über die Wohlfühl-Temperatur von Rindern.


Schon ab 24°C und einem Luftfeuchtegehalt von 65% droht Hitzestress. Das bedeutet Leistungseinbußen und eine sinkende Futteraufnahme mit möglichen Gesundheitsfolgen. Um das zu vermeiden, bieten sich bautechnische Lösungen an, wie Ventilatoren oder Wärmedämmung (top agrar 6/2016, ab Seite R28). Darüber hinaus gibt es Systeme, die mit Wasser die Kühe kühlen sollen.


Man unterscheidet grundsätzlich Niederdruck- und Hochdruckverfahren. Niederdruck-Anlagen oder sogenannte „Kuh-Duschen“ versprühen das Wasser mit einem Druck von 3 bis 5 bar. Das Wasser regnet auf die Kuhhaut und kühlt die Tiere so direkt. Die Technik ist relativ einfach aufgebaut (siehe Kasten).


Wasser verdunstet:

Technisch aufwendiger sind Hochdruck-Anlagen (Marktübersicht Seite R23). Diese kühlen die Kühe indirekt über die Luft. Dazu blasen spezielle Hochdruck-Düsen Wasserpartikel in die Luft. Das Wasser verdunstet und entzieht der Umgebungsluft Energie. So kühlt sich die Luft um mehrere Grad Celsius ab.


Dabei gilt: Je feiner die Tröpfchen sind, umso besser nimmt die Luft das Wasser auf und umso effektiver ist die Kühlung. Die Anbieter der Hochdruck-Anlagen versprechen winzige Tropfen von 2 bis 10 µm (1 µm =0,001 mm). Dazu sind kleinste Düsenöffnungen und ein Druck von 50 bis 80 bar nötig, den ein Kompressor erzeugt. Daran lassen sich je nach Modell bis zu 100 Düsen anschließen. Zudem sind druckstabile Edelstahlleitungen, ein Wasserfilter und bei kalkhaltigem Wasser eine Enthärtungsanlage nötig.


Weil die Luft den feinen Nebel gut aufnimmt, soll das Hochdruck-System die Temperatur um 5 bis 10°C absenken können – abhängig von der Luftfeuchtigkeit. Gleichzeitig sollen Tiere und Oberflächen trocken bleiben. Zusätzlich soll der Wassernebel Staub- und Geruchspartikel binden und Fliegen vertreiben können.


Luftfeuchte beachten:

Wie gut die Vernebelung kühlt, hängt aber nicht nur von der Außentemperatur, sondern vor allem vom Luftfeuchtegehalt ab. Je trockener die Luft, umso mehr Wasser nimmt diese auf und umso effizienter kühlt das System. Rechnerisch kühlt sich die Luft um rund 1°C ab, wenn der Feuchtegehalt um 5% steigt.


An schwülen Tagen mit hoher Luftfeuchtigkeit ist die Luft aber schnell „gesättigt“. Zusätzliches Wasser verdunstet nicht, sondern regnet ab und benetzt Tiere und Oberflächen.


Das könnte sich nachteilig auf die Hygiene auswirken, warnt Johannes Zahner von der Bayerischen Landesanstalt für Landwirtschaft (LfL): „Der Wasserfilm auf Oberflächen und Einstreu bildet ein ideales Milieu für Keime und Erreger.“ Einige Tierärzte raten deshalb grundsätzlich davon ab, Wasser zum Kühlen von Kühen zu nutzen.


Darüber hinaus kann eine Vernebelung den Hitzestress sogar erhöhen, warnt Milchvieh-Beraterin Julia Glatz aus Mecklenburg-Vorpommern: „Bei einer zu hohen Luftfeuchte können die Kühe keine Körperwärme durch Schwitzen abgeben. Es entsteht ein ‚Sauna-Effekt‘ und damit zusätzlicher Hitzestress.“ Glatz rät, ab einem Luftfeuchtegehalt von 80% die Anlage grundsätzlich abzustellen.


Dieser Gehalt ist schnell erreicht. So haben Messungen der LfL in praktischen Betrieben häufig eine Luftfeuchte von 70% nachgewiesen, sagt Zahner. Um negative Folgen zu vermeiden, empfiehlt er grundsätzlich eine automatische Steuerung der Vernebelung mithilfe von Klima-Sensoren.


Eine hohe Luftwechselrate verbessert den Transport der feuchten Luft aus dem Stall. Das erhöht die Kühlleistung und sorgt für eine gute Hygiene. Zudem lässt sich die abgekühlte Luft mithilfe von Ventilatoren verteilen. Einige Hersteller montieren die Hochdruck-Düsen daher direkt vor die Ventilatoren.


Ein Knackpunkt des Systems sind die feinen Öffnungen der Düsen: Schmutz- oder Kalkablagerungen verstopfen diese schnell. Die Berater empfehlen grundsätzlich einen Filter und eine Enthärtungsanlage. Die Düsen sollten alle drei Monate im Säurebad gereinigt werden. Im Winter muss das Wasser abgedreht und die Düsen ggf. herausgedreht sein.


Verbrauch und Kosten:

Laut Herstellern verbrauchen die Hochdruck-Düsen rund 2 bis 18 Liter pro Stunde, abhängig von der Düsen-Größe und Öffnung. Zum Vergleich: Bei einer Kuh-Dusche rechnen Wissenschaftler mit einem Wasserverbrauch von 45 bis 114 Litern pro Stunde und Düse.


Kleinere Hochdruck-Anlagen gibt es ab 5000 €. Da der individuelle Preis insbesondere von der Düsenanzahl abhängt, können die Kosten schnell steigen (siehe Reportage).


Ob sich die Investition lohnt, hängt davon ab, wie häufig die Vernebelung zum Einsatz kommt. Schätzungen der LfL zufolge ist der Einsatz von Beregnungsanlagen in etwa 100 Stunden pro Jahr sinnvoll, kann aber in extremen Jahren auf 800 Stunden steigen. Zahner meint: „Die letzten Sommer haben gezeigt, dass auch in unseren Regionen Hitzestress ein Thema ist. Die Vernebelung kann dem entgegenwirken, wenn sie richtig eingestellt und genutzt wird.“Anke Reimink

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