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Mit Kreuzungskühen die Probleme lösen?

Lesezeit: 8 Minuten

Mit Einkreuzungen lassen sich Fruchtbarkeit und Abkalbeeigenschaften der Holsteins verbessern. Das zeigen neue Kreuzungsversuche. In 20 Jahren werden die meisten Kühe Kreuzungstiere sein.? Mit dieser provokanten These sorgt Professor Les Hansen, der amerikanische ?Kreuzungspapst?, auch in deutschen Züchterkreisen mächtig für Wirbel. Denn mit dieser Botschaft und den Ergebnissen seines Kreuzungsversuchs trifft der amerikanische Wissenschaftler von der Universität Minnesota einen wunden Punkt der Holsteinzucht schlechthin! Zu einseitig auf Schärfe selektiert Mangelnde Fruchtbarkeit sowie Euter- und Klauenerkrankungen führen dazu, dass die Kühe mittlerweile immer früher abgehen und oft nur noch drei Laktationen durchhalten. Bei Remontierungsraten von bis zu 45 % suchen viele Züchter händeringend nach der problemlosen Holsteinkuh. ?Wir haben bei den Holsteins in den letzten 20 Jahren zu einseitig auf Leistung, Großrahmigkeit und Schärfe selektiert. Dadurch wurden die Fruchtbarkeit sowie die Gesundheit der Tiere negativ beeinflusst?, erklärt Hansen. Hinzu komme der hohe Inzuchtgrad in der Population: ?Die weltweite Holstein-Population geht mittlerweile auf nur noch sieben Bullenlinien zurück. Da werden die funktionalen Merkmale unweigerlich schlechter?, berichtet Les Hansen. In der amerikanischen Holsteinpopulation ist der Inzuchtgrad von 2,5 % im Jahr 1990 auf 5,1 % im Jahr 2005 gestiegen. Ab einem Wert von 6,25 % sind deutlich negative Auswirkungen auf die funktionalen Merkmale zu erwarten. ?Bei einem durchschnittlichen Inzuchtgrad von 5,1 % kann man also davon ausgehen, dass viele Kühe bereits über 6,25 % liegen?, warnt Hansen. Und in Europa sähe es nicht viel anders aus. Nicht zuletzt führt Les Hansen Schwächen im Management als Ursache für die hohen Abgangsraten an: Mängel im Abkalbemanagement sowie in der Fütterung und Haltung. Auf Funktionalität züchten Die weltweite Holsteinzucht hat zwar mittlerweile auf die gravierenden Probleme in den Betrieben durch die Ausrichtung der Zuchtprogramme auf mehr Funktionalität und Gesundheitsmerkmale reagiert, aber bis sich die ersten Ergebnisse daraus in der Genetik bemerkbar machen, dauert es noch etwas. Kein Wunder also, dass betroffene Betriebsleiter und Zuchtorganisationen aufhorchen, wenn wieder einmal von den Erfolgen einer gezielten Einkreuzung mit anderen Rassen berichtet wird. Denn durch den Heterosiseffekt können die Gesundheitsmerkmale der Holsteins schon nach einer Generation deutlich verbessert werden. Generell geht man bei der Milchleistung von einem Heterosiseffekt von ca. 5 % aus, bei den Gesundheitsmerkmalen und bei der Fruchtbarkeit sogar von mindestens 10 %! Was passiert nach der 1. Generation? Gebrauchskreuzungen sind in Amerika und in Europa nichts Neues. Einkreuzungen mit den Rassen Jersey und Brown Swiss werden auf vielen Betrieben immer wieder unternommen, z. B. um die Inhaltsstoffe zu erhöhen. Im großen Stil konnten sie sich aber bisher nicht durchsetzen. Dr. Paul Van Raden vom amerikanischen Landwirtschaftsministerium schätzt, dass in Amerika der Prozentsatz der Kreuzungstiere in der Milchleistungsprüfung nur etwa 1,1 % ausmacht. Da jedoch weniger als 50 % aller amerikanischen Milchviehbetriebe in der MLP sind, gibt es darüber keine genauen Zahlen. Die Kreuzungszucht ist nicht sehr weit verbreitet, weil die große Frage, wie es nach der 1. Kreuzungsgeneration ohne Heterosisverluste weiter gehen kann, unbeantwortet blieb. Denn der Heterosiseffekt sinkt schon in der 2. Generation auf rund 50 % ab! Um die Vorteile der Heterosis über mehrere Generationen zu erhalten, rät Les Hansen deshalb zur Rotationskreuzung mit drei Rassen. Dabei wird in jeder Generation die Vaterrasse gewechselt. Nachfolgende Generationen werden jedes zweite Mal mit Holsteinbullen besamt. Bei den Generationen dazwischen werden jeweils Bullen der beiden anderen beteiligten Rassen eingesetzt. Der Heterosiseffekt kann so gegenüber einer Kreuzung mit nur zwei Rassen in der 2. Generation von 67 % auf 86 % um 19 % erhöht und auch langfristig auf einem Niveau von 86 % erhalten werden. Hansen hat in den sieben großen kalifornischen Milchviehbetrieben, in denen sein Versuch läuft, die französischen Milchrassen Montbeliarde und Normande sowie Skandinavisches Rotvieh eingesetzt. Bei den französischen Rassen wurde besonders viel Wert auf die Bemuskelung und die Fruchtbarkeit gelegt. Der Milchcharakter blieb bei der Selektion unberücksichtigt. Schwedisches Rotvieh wurde aufgrund seiner Leichtkalbigkeit, guten Fruchtbarkeit und Gesundheit eingesetzt. Die Rassen Montbeliarde und Normande zeichnen sich durch die gute weibliche Fruchtbarkeit, Leichtkalbigkeit und Widerstandsfähigkeit aus. Die Rasse Normande kann zwar bei der Milchleistung nicht mit den anderen mithalten, ist aber sehr robust und anspruchslos. Neben diesen drei Rassen sind aber noch andere Kombinationen z. B. mit Jersey oder Brown Swiss denkbar. Von Vorteil ist bei den drei hier ausgewählten allerdings, dass die Kreuzungstiere mit diesen Rassen vom Rahmen her den Holsteins vergleichbar sind, so dass die Haltungsbedingungen nicht angepasst werden müssen. Bei Jersey-Holstein-Kreuzungen kann aber zum Beispiel die Boxengröße schon zum Problem werden. Welche Rassen für die Dreifachkreuzung eingesetzt werden, sollte aber, so Professor Hansen, von den betrieblichen Gegebenheiten und den Haltungsbedingungen abhängig gemacht werden. Die Ergebnisse Mittlerweile konnte Hansen die ersten Ergebnisse aus der 3. Laktation von fast 400 Tieren vorlegen (Übersicht 1): Die reinrassigen Holsteins gaben zwar wie erwartet signifikant mehr Milch als die Kreuzungstiere und waren auch in der Fett- und Eiweiß-Leistung besser. Dafür waren die Kreuzungen in den Merkmalen Leichtkalbigkeit und Totgeburtenrate den reinrassigen Tieren deutlich überlegen. Vor allem die Kreuzungen aus Skandinavischem Rotvieh mit Schwarzbunten Holsteins brachten hier die besten Ergebnisse, und zwar auch später noch in der 2. und 3. Laktation. Die Zellzahlen lagen bei den Kreuzungen Montbeliarde-Holstein und Schwedisches Rotvieh-Holstein etwa auf dem Niveau der Zellzahlen bei den reinrassigen Tieren. Bei den Normande-Holstein- Tieren allerdings waren die Zellzahlen signifikant höher als bei den reinrassigen Tieren. Die Bleiberate war bei den Kreuzungstieren nach der ersten Laktation höher als bei den reinrassigen Holsteins. Bei den Kreuzungstieren war der Anteil der Kühe, die innerhalb von 14 Monaten nach der 1. Kalbung zum 2. Mal gekalbt haben, um 16 bis 20 % größer als bei der Reinrasse. Die Güstzeit betrug bei den reinrassigen Tieren in der ersten Laktation im Schnitt 156 Tage. Die Kreuzungstiere wurden früher tragend: Die Kreuzung Schwedisches Rotvieh mit Holsteins war im Schnitt 14 Tage früher trächtig, die Normande-Kreuzungen 23 Tage. Nur Spitzenbullen verwenden! In Amerika wird Hansens Kreuzungsversuch, der seit Mitte 2002 läuft, mit Spannung verfolgt. Angeblich soll die Kreuzungswelle nach den ersten Ergebnissen richtig ins Rollen gekommen sein. Vor allem skandinavische Genetik sei gefragt: Seit Jahresbeginn wurden über 300 000 Spermaportionen aus Skandinavien in die USA importiert, so Hansen. Neben der Euphorie bei vielen Abmelkbetrieben blieb natürlich auch Kritik an seinen Versuchen nicht aus: Eine systematische Dreirassenkreuzung sei viel zu kompliziert für die Betriebe, so das Argument. Hansen lässt das nicht gelten: Indem man die Kreuzungstiere jeweils mit einer bestimmten Farbe markiert, ist es ganz leicht, den Überblick zu behalten. Er betont aber, wie wichtig auch bei der Kreuzungszucht die Auswahl der Bullen ist. Manche Betriebe glauben, dass für die Kreuzungszucht jeder beliebige Deckbulle geeignet wäre. Aber auch hier sollten nur Spitzenbullen zum Einsatz kommen! Von den Kritikern kommt auch immer wieder der Einwand der schlechteren Vermarktungsmöglichkeit von Kreuzungskälbern. Diese Kritik ist unbegründet. Bullenkälber aus Montbeliarde-Kreuzungen sind größer als reine Holsteinbullenkälber und erzielen so oftmals sogar einen höheren Preis, erklärt Hansen. Zudem würden die finanziellen Vorteile der Kreuzungstiere in Sachen Funktionalität mögliche Einbußen aufwiegen. Einen Beleg dafür gibt es bisher nicht, aber Statistiken, die besagen, dass Kreuzungsbullenkälber nur zum halben Preis der vergleichbaren Reinzuchttiere absetzbar sind. Färsen aus Kreuzungen sind rund 300 bis 500 $ weniger wert als reinrassige Tiere, berichtet z. B. Kevin Jorgensen, Zuchtberater bei Selected Sires in Madison. Wie geht es mit der Reinzucht weiter? Für die systematische Kreuzungszucht, wie Hansen sie propagiert, werden als Kreuzungspartner unweigerlich Reinzuchttiere gebraucht. Das bedeutet einerseits, dass die Kreuzungszucht vor allem für große Betriebe in Frage kommt, andererseits bedeutet das aber auch, dass sldie Verbesserung der Rasse Holsteins vorrangiges Ziel sein muss. Les Hansen sieht zwei Strategien für die Zukunft: Betriebe, die nur melken wollen, sollten die Tiere durch Einkreuzungen verbessern und die Heterosiseffekte nutzen. Daneben sieht er die Züchter, die mit reinen Holsteins konsequent an der Verbesserung der Rasse arbeiten. Aber dazu braucht die Holsteinzucht einen Plan für die Zukunft. Und den kann ich bisher nicht erkennen, erklärt Hansen. Les Hansen übt aber nicht nur Kritik, sondern der passionierte Holsteinzüchter hat auch einige Vorschläge parat, wie die Reinzucht weiter kommt: Der Zuchtwert für Leistung solle in den deutschen Gesamtzuchtwert nur noch zu 35 % einfließen. Demgegenüber müssten die funktionalen Merkmale höher gewichtet werden. Einführung einer monatlichen Zuchtwertschätzung, um den Betrieben immer aktuelle Zuchtwerte zur Verfügung stellen zu können. Hochglanzprospekte mit Töchterfotos sollten seiner Meinung nach abgeschafft werden, da sie nicht die realen Eigenschaften der Tiere widerspiegeln würden. Tierschauen seien zwar wichtig, aber die Richter müssten künftig vor allem Kühe nach vorne stellen, die sich in Gebrauchsherden bewährt hätten. Besamungsstationen seien oft zu stark auf das Marketing von Sperma fixiert und stellten nur die positiven Merkmale der Bullen heraus, ohne die Profitabilität der Milchproduktion im Auge zu haben. Nur mit einer effizienten Organisationsstruktur in Zucht und Besamung können auch züchterische Fortschritte bei der Rasse erzielt werden. In Deutschland gebe es noch zu viele Organisationen. Die deutsche Holsteinzucht hat seiner Meinung nach gute Voraussetzungen zur leistungsfähigen und gleichzeitig langlebigen Holstein-Kuh zu kommen: Die Datenqualität und das Management auf den Betrieben sind gut und die Betriebsleiter an der züchterischen Verbesserung ihrer Herden interessiert. Das sieht in Amerika ganz anders aus! S. Lehnert

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