Die Milchkontroll-Daten zeigen sehr gut die Versorgungslage der Kühe. Doch die bekannte 9-Felder-Tafel passt nicht mehr. Deshalb haben Forscher ein neues Schema entwickelt.
Die Inhaltsstoffe der Milch sind ein beliebtes Hilfsmittel für das Herdenmanagement. Etabliert hat sich dabei die „9-Felder-Tafel“: Sie setzt den Eiweiß- sowie Harnstoffgehalt ins Verhältnis. So lässt sich relativ einfach die Energie- (Eiweiß) und Proteinversorgung (Harnstoff) von einzelnen Tieren oder der gesamten Herde ablesen. Eine Mangel- oder Überschussversorgung soll sich so leicht beheben lassen.
Kritik an alter Einteilung:
Doch es gibt zunehmend Kritik an dem Schema: Milcherzeuger und Berater bemängeln, dass die Diagnose nach den MLP-Ergebnissen nicht mit der Diagnose am Tier bzw. nach weiteren Merkmalen übereinstimmen.Zudem ist die Milchleistung seit Einführung der 9-Felder-Tafel Anfang der 90er-Jahre bis jetzt deutlich gestiegen. Mit höheren Leistungen ändern sich die Milchinhaltsstoffe.
Und ganz aktuell kommt die Tierwohl- und Umweltschutz-Diskussion hinzu: Auf der einen Seite dürfen die Kühe nicht unter Energie- und Eiweißmangel leiden. Auf der anderen Seite dürfen sie aber auch nicht überversorgt sein. Das verbraucht unnötig Ressourcen und belastet die Umwelt.
Deshalb haben die Landesforschungsanstalt in Dummerstorf und der Landeskontrollverband Mecklenburg-Vorpommern die Einteilung der bisherigen 9-Felder-Tafel geprüft. Gleichzeitig haben sie alternative Orientierungswerte für den Versorgungsstatus der Kühe entwickelt, die sich wieder ausschließlich auf die MLP-Daten beziehen.
In der Arbeit haben sie zunächst für einen Betrieb mit gut 400 Holstein-Kühen die Beziehung zwischen Milchinhaltsstoffen und Milchmenge der letzten zehn Jahre statistisch analysiert. Danach haben sie die Datensätze nach unterschiedlichen Grenzen für eine mögliche Mangel- bzw. Überversorgung gruppiert. Diese Daten haben sie wiederum untereinander verrechnet.
Wichtige Ergebnisse:
Die gleiche Analyse haben die Forscher dann für alle 133000 laktierenden MLP-Kühe in Mecklenburg-Vorpommern für die Monate März und April 2015 gemacht. Diese Analyse hat die Ergebnisse des Einzelbetriebs bestätigt.Die Forscher kommen zu folgenden Schlussfolgerungen:
- Der Milcheiweißgehalt eignet sich nicht vorbehaltlos, die Energieversorgung von Milchkühen anzuzeigen. Denn er steht in negativer Beziehung zur Milchleistung.
- Ein niedriger Milcheiweißgehalt zeigt nicht automatisch einen Energiemangel von Kühen an.
- Der Fett-Eiweiß-Quotient ist unabhängig von der Milchleistung. Deshalb ist er besonders geeignet, um die Energieversorgung von Milchkühen zu beurteilen. Das gilt unabhängig vom Laktationsstadium.
- Im Schnitt sind alle untersuchten Kühe mit einem Milchharnstoffgehalt von 216 mg/l sehr gut mit Futterprotein versorgt.
- Der Milchharnstoffgehalt zeigt die absolute Proteinversorgung im Verhältnis zum Bedarf. Er lässt sich aber nicht zur Interpretation des optimalen Proteingehalts im Futter nutzen.
- Die Milchharnstoffgehalte sollten zwischen mindestens 150 und maximal 250 mg/l liegen.
- Mit hohen Milcheiweißgehalten lassen sich ein Energie-Überschuss und eine sehr gute Versorgung nicht ausreichend voneinander abgrenzen.
Neue 6-Felder-Tafel:
Aufgrund dieser Ergebnisse halten es die Forscher für dringend erforderlich, das Bewertungsschema der Milchinhaltsstoffe zu überarbeiten. In Anlehnung an die 9-Felder-Tafel empfehlen sie eine 6-Felder-Tafel. Dabei stehen der Fett-Eiweiß-Quotient und der Milchharnstoffgehalt primär im Mittelpunkt (Übersicht).Um eine mangelhafte von einer optimalen Energieversorgung abzugrenzen, setzen die Wissenschaftler einen Fett-Eiweiß-Quotienten von 1,4 an. Werte darüber zeigen eine Unterversorgung an. Innerhalb der beiden Kategorien FEQ > 1,4 (unterversorgt) und FEQ < 1,4 (optimal versorgt) werden noch jeweils die Extremtiere hervorgehoben. Kühe mit zusätzlich Milcheiweißgehalten über dem Normalbereich (Eiweißgehalt sehr hoch) haben ein erhöhtes Verfettungsrisiko, Kühe mit Milcheiweißgehalten unter dem Normalbereich (Eiweißgehalt sehr niedrig) haben ein erhöhtes Ketoserisiko.
Als Optimalbereich für die Proteinversorgung geben die Forscher eine Spanne beim Milchharnstoffgehalt von 150 bis 250 mg/l an.
Derzeit läuft die Pilotphase mit der neuen Tafel. Erste Rückmeldungen von Beratern und Landwirten bestätigen, dass die Einteilung praxistauglich ist.
P. Liste