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Neue Zuchtwerte für Mastitis und Milchfieber

Lesezeit: 8 Minuten

Weniger Mastitis, bessere Fruchtbarkeit und gesündere Klauen – wer träumt nicht von dieser Kuh. Österreichs Milchviehhalter wollen jetzt die problemlose Kuh züchten.


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Aktuelle Umfragen zeigen es: Die Fleckvieh- und Braunvieh-Züchter in Österreich wollen in den nächsten zehn Jahren verstärkt die Fruchtbarkeit und Eutergesundheit züchterisch verbessern, während bei der Milchleistung nur eine moderate Steigerung angestrebt wird.


Fitness-Kühe züchten


Österreichs Rinderzucht hat auf diese Forderung reagiert. Seit Dezember 2010 gibt es offizielle Zuchtwerte für Masti-tis, Milchfieber und Fruchtbarkeitsstörungen, die für jeden Milchviehhalter zugänglich sind. Jetzt kann jeder Praktiker gezielt Bullen einsetzen, um die Mastitisrate oder die Anzahl an Fruchtbarkeitsstörungen in seiner Herde zu senken.


Grundlage für diese Erfolgsstory ist das Projekt Gesundheitsmonitoring (GMON), das auf Initiative der Rinderzucht Austria (ZAR) bereits 2006 gestartet wurde, um die Tiergesundheit und Wirtschaftlichkeit in der Rinderproduktion zu verbessern.


Schließlich ergeben sich nach Berechnungen aus Österreich schon bei einer durchschnittlichen Zellzahl von 250 000 Kosten von 180 € pro Kuh und Jahr. Allein aus wirtschaftlichen Gründen wird die Krankheitsprophylaxe daher immer wichtiger.


Landwirte, Tierärzte, Vertreter der Zuchtorganisationen und der Leistungsprüfung als auch Wissenschaftler arbeiten gemeinsam am Projekt Gesundheitsmonitoring. Unterstützt werden sie dabei durch das Lebens- und Gesundheitsministerium. Das Ziel, auf diesem Weg aussagekräftige Zuchtwerte für verschiedene Gesundheitsmerkmale wie Fruchtbarkeitsstörungen (z. B. Zysten), Mastitis oder Milchfieber zu bekommen, scheint aufzugehen.


Aktuell nehmen 13 150 Betriebe mit ca. 220 000 Kühen am Projekt teil. Das sind österreichweit 54 % der Betriebe mit Leistungsprüfung. Rund 69 % dieser GMON-Betriebe liefern auch regelmäßig Diagnosen über Erkrankungen in der Herde in die Datenbank Rinderdatenverbund (RDV) in Österreich, vergleichbar mit dem Rechenzentrum vit in Verden. Darüber hinaus können seit kurzem auch weitere gesundheitsrelevante Informationen, wie z. B. Informationen zur Klauenpflege, vom Landwirt im RDV gespeichert werden.


Skandinavien als Vorbild


Weltweit werden Gesundheitsdaten mit Ausnahme der skandinavischen Länder kaum direkt erfasst. Dabei sprechen die Zahlen aus den skandinavischen Ländern eigentlich für eine genauere Erfassung der Daten.


So lag z. B. in Norwegen das durchschnittliche Risiko einer Kuh an Mastitis zu erkranken 1994 noch bei 40 %, innerhalb der letzten 10 Jahre konnte es um beinahe 20 % reduziert werden. Hauptgrund sind eine verbesserte Vorsorge und die gezielte Anpaarung und Selektion auf Gesundheitsmerkmale. Nach dem Vorbild aus Skandinavien wurde auch das österreichische Projekt konzipiert.


Basis für die Zuchtwertschätzung sind vom Tierarzt codierte Erstdiagnosen (Erstbehandlungen) auf den Arzneimittelbelegen, die die Milchviehbetriebe seit 2002 laut Tierarzneimittelkontroll-gesetz erhalten. Diese Erst-diagnosen werden österreichweit nach einem einheitlichen Schlüssel standardisiert. Anschließend werden diese Daten entweder im Zuge der Leistungsprüfung vom LKV-Mitarbeiter erfasst oder vom Tierarzt direkt elektronisch in die Datenbank RDV übermittelt.


Die Diagnosedaten werden dann zusätzlich beim Eingang in die Datenbank automatisch auf ihre Korrektheit geprüft. Nachbehandlungen oder prophylaktisches Trockenstellen werden nicht berücksichtigt. Für die Zuchtwertschätzung werden nur Betriebe herangezogen, von denen aufgrund weiterer Datenanalysen angenommen wird, dass die Diagnosedaten kontinuierlich und vollständig erfasst werden. In die aktuelle Zuchtwertschätzung gehen daher die Daten von 5 428 Betrieben mit 147 764 Fleckviehkühen ein.


Die bisher erfassten Daten fließen in die vier Zuchtwerte für Mastitis, frühe Fruchtbarkeitsstörungen, Zysten und Gebärparese (Milchfieber) ein. Für die Schätzung der Erblichkeiten und die Zuchwertschätzung wird immer nur ein bestimmter Teilabschnitt der Laktation herangezogen, der vor oder mit dem Zeitpunkt der Kalbung beginnt.


Beim Zuchtwert Mastitis (MAS) werden Behandlungen aufgrund von akuten und chronischen Euterentzündungen im Zeitraum 10 Tage vor bis 50 Tage nach der Abkalbung berücksichtigt.


Der Merkmalskomplex frühe Fruchtbarkeitsstörungen (FRUSt) umfasst Behandlungen im Bereich Nachgeburtsverhaltung, Erkrankungen der Geschlechtsorgane nach der Kalbung und Gebärmutterentzündungen bis 30 Tage nach der Abkalbung.


Zysten (ZYST) werden innerhalb der ersten 150 Tagen nach der Abkalbung berücksichtigt. Das Merkmal Stillbrunst geht in die Zuchtwertschätzung nicht ein, da aufgrund des großen Management-Einflusses nur sehr geringe Erblichkeiten geschätzt werden.


Im Bereich Stoffwechsel werden derzeit nur Zuchtwerte für das Einzelmerkmal Milchfieber (MIF) veröffentlicht. In diesen Zuchtwert fließen nur Daten aus dem Zeitraum zehn Tage vor und zehn Tage nach der Geburt ein.


Fitnessmerkmale weisen niedrige Erblichkeiten auf und können nur langsam züchterisch verbessert werden. Für die Rasse Fleckvieh haben wir in Österreich Erblichkeitswerte zwischen 2 und 15 % bestimmt. Die Ergebnisse liegen im Bereich anderer Untersuchungen aus Skandinavien. Die Erblichkeitswerte von Mastitis, frühen Fruchtbarkeitsstörungen, Zysten und Milchfieber liegen teilweise höher.


Gesundheitszuchtwerte nun offiziell


Seit 2009 werden für die Rasse Fleckvieh erste Gesundheits-Zuchtwerte bereitgestellt. Seit Dezember 2010 sind die Gesundheits-Zuchtwerte offizielle Zuchtwerte im Rahmen der deutsch-österreichischen Zuchtwertschätzung. Sobald Gesundheits-Zuchtwerte mit einer Mindestsicherheit von 30 % vorliegen, werde sie veröffentlicht.


Für das Merkmal Mastitis sind es inzwischen 1 465 Stiere, für Milchfieber 2 033 Stiere. Aus diesen Ergebnissen sind deutliche genetische Unterschiede zwischen den Stieren erkennbar, die die Landwirte bei der Anpaarung berücksichtigen sollten.


Die besten Stiere mit mindestens 100 Töchterleistungen in der aktuellen Zuchtwertschätzung sind in puncto Mastitis GS Wax, GS Stramy, Horan, GS Stamm und Malint mit Zuchtwerten von 118 bis 123. Bei den besten 20 Stieren wurde im Schnitt nur bei 7,6 % der Töchter im Zeitraum 10 Tage vor und 50 Tage nach der Geburt eine Mastitis festgestellt.


Dagegen war bei den schlechtesten fünf Stieren 16,8 % der Töchter von einer Mastitis betroffen. Die entsprechenden Zuchtwerte der Bullen liegen zwischen 74 und 80 Punkten (Übersicht 2).


Im Gegensatz dazu ist der Zellzahlzuchtwert nur ein Hilfsmerkmal, da insbesondere eine akute Mastitis nicht unbedingt an einer höheren Zellzahl erkennbar ist, wenn rasch behandelt wird. Beim Mastitis-Zuchtwert wird die akute Form sehr wohl erfasst. Durch die zusätzlichen Mastitisdiagnosen kann der Bereich der Eutergesundheit in der Zucht konsequenter als bisher bearbeitet werden.


Bei den frühen Fruchtbarkeitsstörungen heißen die besten Bullen mit mindestens 100 Töchterleistungen GS Ranten, Romor, GS Hatz, GS Honda, und Weiport mit Zuchtwerten zwischen 114 und 122. Im Durchschnitt musste bei diesen Bullen nur jede 30. Tochter aufgrund von Nachgeburtsverhaltungen, puerperaler Erkrankungen und Gebärmutterentzündung behandelt werden, während es bei den schlechtesten Bullen Borneo, GS Bonsai, GS Dones, Sami und GS Zanda jede 11. Tochter war. Ähnlich verhält es sich beim Zuchtwert Zysten (Übersicht 3).


Die Zuchtwerte für das Merkmal Milchfieber müssen genau betrachtet werden. Denn Milchfieber tritt vor allem bei älteren Kühen ab der dritten Laktation auf. In den ersten beiden Laktationen wird bei weniger als 1 % der Kühe Milchfieber diagnostiziert, während es bis zur fünften und höheren Laktation durchschnittlich 7 % sind.


Generell ist wegen der niedrigen Häufigkeit des Merkmals eine große Anzahl von Töchtern pro Bulle für die Aussagekraft wichtig. Daher sollten die Zuchtwerte von Bullen mit wenigen Töchtern mit Vorsicht betrachtet werden. Die Spitze der Milchfieber-Topliste führen die Bullen GS Zar, GS Wax, GS Start, GS Landon und GS Horst an mit ZW zwischen 116 und 126. Bei diesen Bullen wurde nur bei jeder 40. Tochter Milchfieber diagnostiziert, bei den weiter unten platzierten Mufti, Joker-Red, GS Moreif, GS Rodl und Trivalent litt jede 11. Tochter an Milchfieber.


Die neuen Zuchtwerte sind also sehr praxisnah. Durch sie hat jeder Landwirt die Möglichkeit, verstärkt Stiere auszuwählen, die weniger Gesundheitsprobleme vererben. Ein Blick in die Top-Liste der verfügbaren Fleckviehvererber nach GZW verrät, dass auch nicht alle Top-Bullen gute Zuchtwerte in den Punkten Mastitis, Fruchtbarkeit oder Milchfieber haben (s. Übersicht 1, Seite R 24).


Um höhere Sicherheiten bei den Zuchtwerten zu erzielen, ist es notwendig, den Anteil der Betriebe, die die Diagnosedaten erfassen, weiter zu steigern. Aktuell liegen von den jungen Stieren im Durchschnitt zu wenige Daten für zuverlässige Gesundheitszuchtwerte vor. Daher ist es wichtig, dass in Zukunft z. B. beim Kalbeverlauf auch die Diagnosedaten bei allen Betrieben unter Leistungsprüfung erfasst werden.


Zusätzlich stehen die aufbereiteten Daten aus dem Gesundheitsmonitoring dem jeweiligen Landwirt und mit dessen Zustimmung auch seinem betreuenden Tierarzt als Informationen über den aktuellen Gesundheitszustand seiner Herde zur Verfügung.


So können die Landwirte anhand der detaillierten Auswertungen vorbeugend auf gesundheitliche Veränderungen in der Herde reagieren. Die Diagnosedaten (Mastitis, Stoffwechsel, Fruchtbarkeit und Klauengesundheit etc.) sind auf den LKV-Berichten, die nach jeder Milchleistungskontrolle erstellt werden, berücksichtigt.


Das Projekt Gesundheitsmonitoring Rind wird derzeit in die Routine überführt. Die Rassenarbeitsgemeinschaften Fleckvieh, Braunvieh und Grauvieh in Österreich haben beschlossen, Gesundheitsmerkmale in ihre Zuchtprogramme aufzunehmen.


Derzeit kommen die Diagnosedaten allerdings nur aus Österreich. Bayern und Baden-Württemberg haben jedoch bereits ähnliche Projekte gestartet im Verbund mit Landesanstalten, Tiergesundheitsdiensten und Landeskontrollverbänden. Sobald die Diagnosedaten aus Deutschland vorliegen und validiert sind, werden auch sie in die gemeinsame Zuchtwertschätzung einfließen.


Bei der Rasse Holstein Friesian wird im Rahmen von Projekten in Norddeutschland ebenfalls an der Erfassung von Gesundheitsdaten gearbeitet (siehe Beitrag Seite R 28).


Wir halten fest


Der genetische Einfluss auf die Gesundheit der Kuh ist unbestritten, das zeigen die Erfahrungen aus Skandinavien. Mit-hilfe des Gesundheitsmonitoring versuchen auch die Österreicher diese Option zu nutzen. Die neuen Zuchtwerte für Mastitis, frühe Fruchtbarkeitsstörungen, Zysten und Milchfieber sollen helfen, künftig problemlosere Kühe zu züchten. Ob die Rechnung aufgeht, wird sich in einigen Jahren zeigen. j

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