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Nur ein Euterviertel antibiotisch trockenstellen?

Lesezeit: 5 Minuten

Der Antibiotikaeinsatz in der Tierhaltung bleibt in der Kritik. Der zielgerichtete Einsatz wird damit immer wichtiger. Eine Studie in zwei Versuchsherden zeigt, wo beim Trockenstellen noch Reserven stecken.


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Das routinemäßige, antibiotische Trockenstellen von Milchkühen ist keine Seltenheit. Eine Behandlung aller Viertel, ohne deren Infektionsstatus zu kennen, ist allerdings längst nicht mehr zeitgemäß. Denn jede Antibiotikabehandlung kann zur Entwicklung von Resistenzen beitragen.


Einige Milchviehhalter setzen Antibiotika zum Trockenstellen nur noch bei Kühen ein, die erhöhte Zellzahlen oder Vorerkrankungen haben. Doch lässt sich der Einsatz weiter reduzieren, indem sie die Behandlung auf einzelne, infizierte Viertel beschränken? Um das herauszufinden, führte das Thünen-Institut gemeinsam mit dem Max Rubner-Institut eine Studie in den institutseigenen Versuchsherden durch. Die Bioherde des Thünen-Institus befindet sich in Trenthorst (SH), die Herde des Max Rubner-Instituts in Schädtbek (SH).


163 Kühe im Vergleich


Über einen Zeitraum von drei Jahren hat das Team antiseptisch entnommene Viertelanfangsgemelke der Kühe vor dem Trockenstellen und nach der Kalbung untersucht. Um mögliche Infektionen zu erkennen, erfolgte die Bewertung nach der „Zwei aus Drei“-Regel. Das bedeutet, dass der gleiche Erreger in zwei von drei Milchproben vorhanden sein musste, die im wöchentlichen Abstand entnommen wurden. Die Zellzahl und vorangegangene Euterentzündungen spielten dabei keine Rolle, wobei Kühe mit einer akuten klinischen Mastitis nicht an dem Versuch teilnahmen.


Insgesamt wurden 163 Kühe in den Versuch einbezogen. In den drei aufeinanderfolgenden Jahren waren damit einige wenige Tiere wiederholt vertreten. Euterviertel, die mehrfach verunreinigte Proben lieferten oder widersprüchliche Befunde der drei Proben zeigten, fanden keine Berücksichtigung.


Vier Behandlungsstrategien


Anhand der Ergebnisse vor dem Trockenstellen erfolgte die Einstufung der Tiere in vier Versuchsgruppen (siehe Übersicht 1). Um den Effekt der Behandlung vergleichen zu können und die Selbstheilungsrate zu beurteilen, wurde ein Teil der infizierten Viertel nicht mit Antibiotika behandelt.


  • Infektionsfrei: Kühe ohne einen nachgewiesenen Erreger erhielten grundsätzlich kein Antibiotikum.10


  • Viertelselektiv behandelt: Kühe mit infizierten Eutervierteln erhielten Antibiotika auf den betroffenen Vierteln.11


  • Alle Viertel behandelt: Tiere mit infizierten Eutervierteln erhielten Antibiotika auf allen Vierteln.12


  • Ohne Behandlung: Kühe mit infizierten Vierteln erhielten kein Antibiotikum.13


Um verzerrte Ergebnisse zu vermeiden, verzichtete das Forschungsteam vollständig auf interne Zitzenversiegler.


Die Projektbeteiligten beurteilten anhand der Milchproben nach der Kalbung die Heilungsraten für die behandelten Viertel und das Risiko einer Neuinfektion in den gesunden, unbehandelten Vierteln.


Die Viertelgemelksproben ergaben folgendes Ergebnis: Von 722 auswertbaren Eutervierteln war rund ein Drittel vor dem Trockenstellen mit mindestens einem Mastitiserreger infiziert. Dabei unterschied sich das Erregerspektrum zwischen den beiden Herden. In der Herde des Thünen-Instituts dominierten Koagulase-negative Staphylokokken (KNS) als Erreger. Das Max Rubner-Institut hält in seiner Versuchsherde auch chronisch infizierte Tiere, um besondere wissenschaftliche Fragen bearbeiten zu können. Deshalb gab es vermehrt Infektionen mit Streptococcus uberis und E. Coli.


Gute Heilungsraten


Die Selbstheilungsrate, die sich anhand der vierten Versuchsgruppe ohne Behandlung ermitteln ließ, betrug 40%. Das ist ein Niveau, das auch andere Studien oder die Anwendung von homöopathischen Präparaten erzielten.


Die Heilungsraten der beiden Versuchsgruppen mit einer Antibiotikabehandlung auf einem bzw. auf allen Vierteln lag mit Werten von 75 bzw. 61% deutlich über der Selbstheilungsrate (siehe Übersicht 2). Entgegen der Erwartungen war der Heilungserfolg in der viertelselektiv behandelten Gruppe sogar etwas höher, als bei der komplett behandelten Gruppe. Ein Grund dafür könnte sein, dass die dritte Versuchsgruppe unter anderem auch die Tiere enthielt, die auf allen vier Vierteln eine Infektion aufwiesen. Das deutet darauf hin, dass bei diesen Kühen die Anfälligkeit für eine Mastitis erhöht und die Chance einer Ausheilung geringer ist.


Neuen Infektionen vorbeugen


Die Behandlung zum Trockenstellen verfolgt nicht nur das Ziel, bestehende Infektionen auszuheilen, sondern auch vor Neuinfektionen zu schützen. Kühe, die bereits ein infiziertes Euterviertel haben, sind vermutlich anfälliger für eine neue Infektion. Deshalb erhalten diese Tiere üblicherweise auf allen Vierteln Antibiotika. Diese Studie zeigt, dass dies nicht unbedingt notwendig ist (siehe Übersicht 3). Denn zwischen den beiden mit Antibiotika behandelten Gruppen gab es keinen signifikanten Unterschied hinsichtlich der Neuinfektionsraten. Damit ist der Erfolg als gleichwertig zu beurteilen.


Die Neuinfektionsrate von 25% bei infektionsfreien Tieren zeigt aber auch das Verbesserungspotenzial. Daher empfiehlt sich zusätzlich der Einsatz von internen Zitzenversieglern. Diese senken das Risiko von neuen Infektionen in gesunden Eutervierteln. Das bietet eine gute Ergänzung zum viertelselektiven System und schützt in diesem Fall ebenso gut wie antibiotische Behandlungen.


Die Kernbotschaft dieser Studie lautet also: Das viertelselektive Trockenstellen auf Basis der bakteriologischen Untersuchung von Viertelanfangsgemelkproben ist möglich und entspricht der sachgerechten Anwendung von Antibiotika.


Auch in der Praxis möglich?


In den Versuchsherden werden inzwischen alle Tiere viertelselektiv trockengestellt und basierend auf dem Erregernachweis antibiotisch behandelt. Ein interner Zitzenversiegler gehört hier mittlerweile zur Routine.


Die dabei gemachten Erfahrungen sollen nun im Projekt „MinimA“ (siehe Finanzierung) in die landwirtschaftliche Praxis übertragen werden. Dabei überprüfen bundesweit 16 Betriebe, wie praxistauglich das Vorgehen ist und welche Bedingungen für eine erfolgreiche Umsetzung erforderlich sind.


ann-christin.fry@topagrar.com

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