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Österreich: Hohe Preise, kleine Mengen

Lesezeit: 5 Minuten

Österreich war Vorreiter bei der „Fairen Milch“. Was ist davon geblieben? Wo ist der Gewinn für die Bauern?


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Gegen den Widerstand vieler Molkereien hat die Bauerngruppe IG Milch bereits in 2006 die „Faire Milch“ in Österreich in den Handel gebracht. Auch für die begleitende Werbung mit z. T. spektakulären Aktionen sorgten die Bauern selbst.


Hohe Preiszuschläge


Heute steht der Liter „A faire Milch“ in Österreich für 1,15 € in den Regalen. Dabei handelt es sich um ESL-Vollmilch mit 3,5 % Fett. Zum Vergleich: Markenmilch kostet etwa 85 bis 89 Ct pro Liter, Handelsmarken etwa 75 Ct. Der Preisabstand der fairen Milch beträgt somit cirka 30 bis 40 Ct.


Weiterhin gibt es „A faires Joghurt“ (Naturjoghurt mit 1,5 % Fett) zum Preis von 45 Cent. Der Preisaufschlag zum normalen Joghurt beträgt etwa 20 Cent.


Jeder kann mitmachen


In Österreich kann jeder Landwirt bei der fairen Milch mitmachen, egal an welche Molkerei er seine Milch liefert. Die Bauern machen einen Vertrag mit der IG Milch. Darin verpflichten sie sich, dass sie die Quote nicht überliefern, gentechnikfrei füttern und das Marketing der fairen Milch unterstützen.


Lizenzpartner der fairen Milch ist die NÖM AG, Österreichs zweitgrößter Milchverarbeiter. Lizenzpartner des fairen Joghurts ist die steirische Stainzer Molkerei. „Unsere Lizenzpartner verpflichten sich, das Produkt in der definierten Menge und Qualität zu liefern“, erklärt Projektleiter Ernst Halbmayr.


Pro Packung verkaufter fairer Milch landen 10 Ct auf einem Treuhandkonto. Je Betrieb wurden bisher zwischen 210 und 460 € Prämie pro Jahr ausgeschüttet. In Summe hat die IG Milch 2 000 Verträge. Bislang wurde das Geld jährlich an jeweils 600 bis 900 Betriebe ausgezahlt, die alle Kriterien erfüllt haben.


In diesem Jahr werden es laut IG Milch weniger sein, weil viele Betriebe die Quote überliefert haben oder den Quotenausstieg vorbereiten.


0,7 % der Trinkmilch


Im ländlichen Raum, wo die Verbraucher einen Bezug zur Landwirtschaft haben, verkauft sich die faire Milch laut IG besser als im städtischen Raum.


Nach offiziellen Marktzahlen soll der Absatz der fairen Milch im Vorjahr etwa 1,7 Mio. l betragen haben. Das entspricht etwa 0,7 % der österreichischen Trinkmilch. Vom fairen Jogurt sollen laut Marktanalysten in 2009 etwa 63 000 kg verkauft worden sein. Das sind etwa 0,3 % Marktanteil.


In 2007 sollen die Absatzzahlen der fairen Milch noch bei 2,7 Mio. € gelegen sein. Demnach hat sich der Absatz also fast halbiert. Die Verbraucher akzeptieren die hohen Preisaufschläge nicht.


Gestartet ist die faire Milch 2006 mit einem Preis von 1,09 € pro Liter. Als die Milchpreise insgesamt stiegen, wurde der Preis auf 1,15 € erhöht. „Als der Markt 2008/09 zusammengebrochen ist, haben wir die Preisreduktion nicht mitgemacht, weil ja die Erzeugerkosten für die Bauern auch nicht gesenkt wurden“, erklärt Halbmayr.


Der große Preisunterschied sei eine Hürde für den Absatz, räumt der IG-Sprecher ein: „Hätten wir den Preis auf unter einen Euro pro Liter gesenkt, wäre der Absatz zwar größer. Uns war aber die Signalwirkung wichtig, dass Milch mit einem Preis von über 1 € im Regal steht.“


Bauern machen Marketing


So sei es gelungen, mit der Kampagne „Faire Milch“ die Milchpreise in Österreich auf einem guten Niveau zu halten, versichert Halbmayr: „Als im Vorjahr in Deutschland die Milchpreise extrem abgesackt sind, haben die Preise in Österreich nur um einige Prozente nachgegegeben. So gesehen ist die Wirkung auf die gesamte Trinkmilch unbestreitbar. Das bestätigt auch die Molkereiwirtschaft“.


Laut top agrar-Milchpreisvergleich erhielten die Milcherzeuger in 2009 in Deutschland im Schnitt 25,5 Cent/kg (bei 4,2/3,4) und in Österreich 27,5 Cent, also 2 Cent/kg mehr. Gegenüber den bayerischen Molkereien zahlten die Österreicher 0,6 Cent mehr.


Eine Schwachstelle der IG Milch ist, dass ihr kein Geld für eine schlagkräftige Werbung zur Verfügung steht. Das Marketing machen die Bauern daher ehrenamtlich, z. B. mit Plakaten, Hofschildern und Verkostaktionen. Mit ungewöhnlichen Aktionen soll eine große Wirkung erzielt werden.


Handel engagiert sich unterschiedlich


In Österreichs Handel ist die Marke „A faire Milch“ unterschiedlich gelistet.


Lidl Austria hat A Faire Milch und A Faires Joghurt in Österreich in allen 190 Filialen flächendeckend gelistet. „Es gibt eine treue Kundenschaft, die diese Artikel erwirbt“, kommentiert Einkäuferin Silvia Oberascher. Der Umsatz sei stabil. Und zwar unabhängig von der Preisentwicklung der konventionellen Milch. Konkrete Zahlen will das Unternehmen allerdings nicht nennen.


Positiv aus Sicht der Bauern: Lidl informiert in seinen Flugblättern die Kunden regelmäßig über die Listung und die Initativen der IG Milch.


Österreichs marktführender Discounter Hofer (Aldi) hat mit einem eigenen regionalen Markenprojekt „Zurück zum Ursprung“ auf die Initiative der „Fairen Milch“ reagiert. Verkaufszahlen werden allerdings nicht preisgegeben.


Spar führt dagegen faire Milch nur an ausgewählten Standorten beziehungsweise auf Kundennachfrage. „Faire Milch hatte noch nie in ganz Österreich eine Bedeutung“, teilt Spar-Pressesprecherin Nicole Berkmann mit. Und weiter: „Die faire Milch entwickelt sich nicht gut, sie verliert zunehmend an Bedeutung.“


Die Handelsfirmen von Rewe (Billa, Merkur und Penny) führen keine Produkte der Marke „A faire Milch“ im Sortiment, bei Adeg ist nur die faire Milch ESL 3,5 % gelistet. Corinna Tinkler von der Rewe International AG in Wiener Neudorf teilt mit: „Wir arbeiten im Segment Milch- und Milchprodukte erfolgreich mit den aktuellen Lieferanten zusammen, unsere Trinkmilch stammt zu fast 100 % aus Österreich“.


Sigrid Maria Gerl

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