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Österreich sucht die effizienten Kühe

Lesezeit: 7 Minuten

Bei niedrigen Milchpreisen muss kostengünstig produziert werden. Das österreichische Projekt „Efficient Cow“ verrät den Landwirten, welche Kühe am effizientesten Milch produzieren.


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Die Milchleistung allein ist nicht entscheidend für die Wirtschaftlichkeit des Betriebes. „Stattdessen muss jeder aus dem, was seinem Betrieb an Mitteln zur Verfügung steht, das Optimale herausholen“, sagt Franz Steininger von ZuchtData in Wien. Für Milchbauern heißt das: Sie brauchen Kühe, die aus den betrieblichen Futtermitteln möglichst viel Milch erzeugen. Und das nachhaltig, effizient und ohne krank zu werden.


Großes Projekt:

Die Rinderzucht Austria hat sich zusammen mit zahlreichen anderen Projektpartnern auf die Suche nach „der“ idealen bzw. „der“ effizientesten Kuh gemacht. Es gebe europaweit kaum ein Projekt, das derart umfangreiche Daten zur Effizienz und Wirtschaftlichkeit von Kühen sammelt und auswertet. Die Wissenschaftler wollen aus den Daten eine Zuchtwertschätzung für Effizienz-Merkmale entwickeln und untersuchen, wie sich die österreichische Milchproduktion auf die Umwelt auswirkt. Das Projekt hat für die teilnehmenden Landwirte auch direkten Nutzen:


  • Bewertung der Einzeltiere: Sie können anhand der Daten sehen, mit welchen Kühen ihrer Herde sie am effizientesten Milch produzieren.
  • Betriebsvergleich: Sie haben die Möglichkeit sich im Rahmen eines Benchmarkings mit anderen Betrieben zu vergleichen.
  • Management-Trainings: Sie haben gelernt, Lahmheit und Körperkondition kritisch zu beurteilen.


Dazu hat die Rinderzucht Austria ein Jahr lang Daten von 7 141 Kühen verschiedener Rassen in den wichtigsten Milchproduktionsgebieten in Österreich erfasst und ausgewertet.


Ein Teil der Datenerhebung fand auf den insgesamt 170 teilnehmenden Betrieben statt. Dort haben die Mitar­beiter der Landeskontroll- und Zuchtverbände einmal im Monat (je nach ­Betrieb neun- bis elfmal) mit den Betriebsleitern gemeinsam das Gewicht, den Bauch- und Brustumfang ermittelt sowie die Bemuskelung, die Körperkondition (BCS) und die Lahmheit beurteilt. Zusätzlich sind Milchleistungsdaten, Rationsdaten, Aufzeichnungen von der Klauenpflege, tierärztlichen Diagnosen und andere gesundheitliche Auffälligkeiten in die Aus­wertung eingeflossen. Dabei sind riesige Datenmengen entstanden, von denen sowohl die Betriebe als auch Forschung und Wissenschaft in weiteren Projekten profitieren werden.


Mit welcher Kuh Bauern am effizientesten Milch produzieren können, ist eine der entscheidenden Faktoren für den Betriebserfolg. „Die Frage lässt sich jedoch nicht pauschal beantworten. Es gibt nämlich nicht „die“ effizienteste Kuh für alle“, erklärt Steininger, der im Projekt die Datenauswertungen und Betriebsauswertungen koordiniert hat.


Die Betriebe haben unterschiedlich begrenzende Produktionsfaktoren, unterschiedliche Standort- und Haltungsbedingungen, Rassen und Ziele in der Betriebsentwicklung. Man kann effiziente Kühe nur auf einzelbetrieblicher Ebene bestimmen. „Und auch dort muss man zwischen verschiedenen Arten der Effizienz unterscheiden“, erklärt er. Beispielsweise müssen Kühe, die am meisten Milch erzeugen, noch lange nicht rentabel sein.


In diesem Projekt werden folgende Effizienz-Merkmale betrachtet:


  • Stoffwechsel-Effizienz: Wie gut setzt die Kuh die aufgenommenen Nährstoffe in Milch um?
  • Ressourcen-Effizienz: Wie gut werden die betrieblichen Ressourcen (Fläche und Grundfutter) in der Milchproduktion genutzt?
  • Produktions-Effizienz: Wie wirtschaftlich produziert die Kuh Milch (monetäre Bewertung der Kosten und Erlöse)?


Auf die Auswertungen zur Produktions-Effizienz müssen die Bauern noch warten. Die „Wirtschaftlichkeit“ der Kühe wird erst in einem Folgeprojekt berechnet und den Betrieben frühestens Anfang 2016 präsentiert.


Viel Milch aus Grundfutter:

Hans-Peter Birgsteiner aus Hainfeld in Niederösterreich hat auch an dem Projekt teilgenommen. Für ihn ist ein hoher wirtschaftlicher Nutzen der Kuh das Ziel, sowie ein möglichst geringer Kraftfuttereinsatz. Die Ressourcen-Effizienz liefert ihm nun wertvolle Informationen, um in seiner Herde auf eine hohe Grundfutterverwertung zu selektieren.


„Urmel“ heißt seine Kuh, die am meisten Milch aus dem Grundfutter erzeugt. Sie befindet sich in der vierten Laktation, ist die einzige Fleckvieh- unter den 45 Braunvieh-Kühen und erzeugt 24,8 kg (von 35,3 kg) Milch aus dem Grundfutter. Die Kuh mit der geringsten Ressourcen-Effizienz erzeugt (standardisiert auf den 100. Laktationstag) gerade einmal 15,2 kg Milch aus dem Grundfutter.


Bei der Familie von Helmut Schmölz, ein Fleckvieh-Betrieb in Hainfeld, sieht es ganz ähnlich aus. Auch er interessiert sich für die Ressourcen effizientesten Kühe. „Wenn in einem nassen Jahr die Qualität der Grassilage nicht gut ist, ist es wichtig, trotzdem viel Milch aus dem Grundfutter zu erzeugen“, erklärt Helmut Schmölz.


Seine 35 Fleckvieh-Kühe kennt er ganz genau und ahnt, welche Kühe in seiner Herde „gut“ sind. Anhand der Berechnungen, wie die Wissenschaftler sie im Rahmen des Projektes durchgeführt haben, können sie die Kühe jedoch objektiver beurteilen.


Vom BCS überrascht.

Dank der Da-tenerhebungen vor Ort haben die Bauern aber noch andere wichtige Erkenntnisse aus dem Projekt ziehen können. Sie haben ein Gespür für die Gewichts- und BCS-Entwicklungen ihrer Kühe bekommen, berichtet Steininger. „Besonders interessant war es zu sehen, wie sich das Gewicht und die Körperkondition bei Lahmheit verändert“, erzählt Birgsteiner. Kühe können aufgrund einer Klauenerkrankung 100 kg an Gewicht verlieren, stellte er fest.


Jedoch zeigt sich dies nicht sofort in der Milchleistung: Eine von Birgsteiners Kühen, die sie mit der Lahmheitsnote 3 („mittelmäßig lahm“) beurteilten, hatte zwar schon an Gewicht verloren, aber in der Milch noch keinen Liter eingebüßt. „Sie beraubt zuerst ihren Körper, bevor sie an der Milch spart.“ Für Birgsteiner ist das eine wichtige Erkenntnis, die ihm vorher nicht bewusst war. Auch für Familie Schmölz hatte das monatliche Lahmheitsscoring einen Gewinn: Er sieht noch Potenzial in der Klauenpflege auf seinem Betrieb. Er wird sich den Klauenpflegestand, den er sich mit 30 bis 40 anderen Bauern teilt, nun öfter holen.


Helmut Schmölz beurteilt die Lahmheit der Kühe grundsätzlich strenger als die LKV-Mitarbeiterin. „Das ist selten“, fügt Steininger hinzu. Meistens stufen die Betriebe die Lahmheiten harmloser ein.


Zwei bis drei Stunden haben die Messungen und Beurteilung im Stall jedes Mal gedauert. Die Zeit haben sich die Landwirte gerne genommen. „Wir haben daraus gelernt, Veränderungen bei unseren Kühen sensibler wahrzunehmen und diese Werkzeuge auch im Alltag anzuwenden“, sind sich Familie Birgsteiner und Schmölz einig.


Um Tiere mit robusteren Klauen zu halten, wünscht Schmölz sich einen Zuchtwert für die Klauengesundheit. Dann könne er beim Bulleneinsatz gezielter selektieren. Steininger zeigt sich zuversichtlich: „Es gibt Möglichkeiten, über die Zucht Einfluss auf die Klau­engesundheit zu nehmen.“ Das soll ebenfalls anhand der Daten aus dem Projekt untersucht werden.


Eines konnten sie in den bisherigen Auswertungen jedoch schon feststellen: Die Braunvieh-Kühe schnitten in der Klauengesundheit am besten ab, gefolgt von den Fleckvieh-Kühen. Der Rasse Holstein Friesian wurde in dem Projekt die schlechteste Klauengesundheit bescheinigt: Sie belegte von allen drei Rassen den letzten Platz.


Argumente für den Klimaschutz:

Die Wissenschaftler interessiert im Rahmen des Projektes noch etwas anderes: In den letzten Jahren sind Rinder immer wieder in die Kritik geraten, über den Methanausstoß eine Mitschuld an der Klimaerwärmung zu tragen. Teile der Gesellschaft fordern deswegen eine möglichst effiziente landwirtschaftliche Produktion, die die natürlichen Ressourcen schont.


Mit diesem Projekt wollen die Initiatoren zeigen, dass man das Thema in der Landwirtschaft ernst nimmt und einen Teil zur Ressourcen schonenden Produktion beitragen möchte. Auch im Hinblick auf die wachsende Weltbevölkerung erhofft man sich durch die gezielte Forschung an effizienten Kühen, ein besseres Image der Landwirtschaft.


Für die Milchbauern dürfte das Projekt an noch einem anderen Punkt spannend werden: Die Wissenschaftler wollen herausfinden, ob es Zusammenhänge in den Blutlinien der effizientesten Kühe gibt. Dann ließen sich in Zukunft vielleicht gezielt effiziente Kühe züchten. Svenja Pein

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