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Rindergrippe strategisch bekämpfen

Lesezeit: 7 Minuten

I n der kalten Jahreszeit hat die Rindergrippe Saison .Jetzt stellt sie neben den Durchfallerkrankungen die wichtigste Ursache für Kälberverluste dar.Beide Erkrankungen können zu Verlustraten von 12 15%führen.In manchen ostdeutschen Betrieben wird sogar über Kälberverluste bis zu 25%berichtet. Unberücksichtigt sind dabei Leistungseinbußen,die als Spätfolgen auftreten: Häufig treten eine mangelhafte Gewichtsentwicklung und Kümmern sowie verminderte Fruchtbarkeit und geringere Milchleistung auf. Viele Wege führen zur Grippe Zur Erkrankung tragen immer mehrere Faktoren bei.Viren und Bakterien werden als infektiöse Ursachen den Mängeln in der Tierhaltung und demStallklima gegenüber gestellt. Besonders im Spätwinter,wenn der Infektionsdruck im Stall steigt,ist das Risiko für die Grippe erhöht (saisonale Grippe).Während des ganzen Jahres sind Betriebe betroffen,die Kälber aus verschiedenen Herkünften zukaufen und die Tiere direkt in die Herde integrieren. Schon mit dem Transport sind Aufregung und Angst verbunden,die das Immunsystem der Tiere schwächen.Im neuen Stall herrscht außerdem ein völlig neues Erregerspektrum,das die Abwehrmechanismen zusätzlich fordert. Bei schlechten Haltungs-,Klima-,und Hygienebedingungen ist die Grippe vorprogrammiert. Besonders ungünstig wirken sich warme Stallungen mit hoher Luftfeuchte und Zugluft aus.Oft ist auch der Luftaustausch im Stall zu schlecht und die Schadstoffbelastung zu hoch.Hohe Belastun-gen der Atemluft mit Ammoniak,Kohlendioxid und Schwefelwasserstoff schwächen aber die Abwehrmechanismen der oberen Atemwege und Krankheitserreger haben freie Bahn. Viren ebnen den Bakterien den Weg Mehr als 20 verschiedene Virusarten können am klassischen Rindergrippekomplex beteiligt sein.Häufig liegen Infektionen mit mehreren Erregern vor.Zu den wichtigsten Vertretern gehören das Parainfluenzavirus sowie Adeno-,Rheound Rhinoviren.Eine gewisse Sonderstellung nehmen das BRSV-Virus,das BVDVirus,und der Erreger der IBR (BHV-1) ein,da sie zu selbständigen Krankheitsbildern führen können,ohne dass weitere Faktoren beteiligt sein müssen. Die wichtigsten bakteriellen Erreger sind Pasteurellen,Mykoplasmen und Haemophilus somnus.Im Rindergrippekomplex spielt Pasteurella haemolytica, die führende Rolle. Die Untersuchung von rund 20 000 Nasentupferproben aus den Jahren 1993 bis 1996 am Tiergesundheitsamt der Landwirtschaftskammer Hannover ergibt folgende Häufigkeitsverteilung der Erreger: Pasteurella haemolytica wurde mit 17,3 % am häufigsten nachgewiesen,gefolgt von BRS-Virus mit 15,1 %.Deutlich seltener tauchten Pasteurella multocida mit 7,7 % und Staphylococcus aureus mit 6,5 %auf. Möglichkeiten der Diagnostik Wegen der Vielzahl möglicher Erreger ist eine gezielte Therapie allein aufgrund des klinischen Bildes (siehe Kasten frühzeitig die Symptome erkennen )unmöglich.Besonders dann,wenn eine Erkrankung um Bestandsproblem wird,werden diagnostische Maßnahmen unbedingt notwendig.Ziel der Untersuchung ist, den oder die Erreger zu isolieren,die das Krankheitsgeschehen maßgeblich beeinflussen.Zum Nachweis von Viren und Bakterien eignen sich: Nasentupfer aus dem tiefen Nasenrachenraum.Im Vordergrund steht der Virusnachweis in den Nasenschleimhautzellen.Da Virus meist nur in der frühen Krankheitsphase ausgeschieden wird,sollten Tiere ausgewählt werden,die Fieber haben, erst kurzzeitig krank sind und noch keinen schleimigeitrigen Nasenausfluss haben (bakterielle Verunreinigung). Luftröhrentupfer: Ein besonderes Entnahmesystem wird über die Maulhöhle direkt in die Luftröhre eingeführt.Es können Bakterien und Viren nachgewiesen werden.Bakterien,die in der Luftröhre nachgewiesen werden,sind eher für eine Erkrankung ursächlich,als solche, die im Nasenrachenraum isoliert werden,da hier eine größere unspezifische Begleitflora herrscht. Spülproben aus den Bronchien .Bei diesem Verfahren werden 10 bis 20 ml einer Spülflüssigkeit über einen Katheter in die Luftröhre gespült und sofort wieder angesaugt.Das zurückgewonnene Sekret eignet sich besonders zum Nachweis von Bakterien.An der Erkrankung unbeteiligte Keime,die eine Diagnose verschleiern,sind bei diesem Verfahren selten.Allerdings ist die Spülprobe mit dem größten Risiko für den Patienten verbunden. Blutproben zum Antikörpernachweis. Der Antikörpernachweis hat nur als Verlaufsuntersuchung Aussagekraft.Hierzu müssen zweimal im Abstand von 10 Tagen Blutproben genommen werden um einen Anstieg der Antikörperproduktion nachzuweisen.Der benötigte Zeitraum schränkt den Nutzen dieser Untersuchung für schnelle Entscheidungen zu Krankheitsbeginn ein. Sektion verendeter oder getöteter Tiere. Da nur eine frühzeitige Behandlung zum Erfolg führt,müssen erste Maßnahmen zügig eingeleitet werden.Nur wenn das schlechte Allgemeinbefinden der Tiere verbessert wird,setzt auch der Appetit wieder ein.Dazu muss das oft sehr hohe Fieber schnell gesenkt werden. Antibiotika wirken nur gegen Bakterien In der Praxis kommen hierfür zunächst Antibiotika,oft zusammen mit einem entzündungshemmenden Präparat, zum Einsatz.Wichtig ist,dass Antibiotika sich grundsätzlich nur gegen Bakterien richten und keine Wirkung bei reinen Virusinfektionen haben.Ihre Bedeutung im Rindergrippekomplex besteht darin, der bakteriellen Zweitinfektion vorzubeugen und eine weitere Komplikation der Krankheit zu verhindern. Gleichgültig,welches Antibiotikum zum Einsatz kommt,müssen drei Kriterien immer berücksichtigt werden: Die vorgegebenen Dosierungen dürfen nicht unterschritten werden. Das vorgeschriebene Dosierungsintervall,das heißt der Abstand zwischen zwei aufeinanderfolgenden Injektionen,muss eingehalten werden. Der Wirkstoff muss über einen ausreichend langen Zeitraum (mindestens fünf Tage)verabreicht werden.Ansonsten kann es nach einer kurzfristigen Besserung ur erneuten Verschlechterung des Krankheitsbildes kommen,weil Bakteriennester unerreicht bleiben. In der Übersicht 1 ist eine Auswahl von Antibiotika aufgeführt,die sich gegen Pasteurellen als den bakteriellen Haupterreger im Grippekomplex richten.Gegen einige Antibiotika haben die Keime Resistenzen entwickelt,die sie vor der Wirkung des Antibiotikums schützen.Andere Präparate eigen den Untersuchungen zufolge noch sehr gute Ergebnisse.Während Penicillin G .B.bei den getesteten Pasteurella multocida-Stämmen volle Wirksamkeit zeigt,weist ein Drittel aller Pasteurella haemolytica-Stämme eine Resistenz auf.Enrofloxacin (Baytril)und Florfenicol (Nuflor)zeigen in der vorliegenden Studie eine volle Wirksamkeit gegen Pasteurellen.Dabei ist zu berücksichtigen,dass diese Ergebnisse im Labor gewonnen werden.Unter Praxisbedingungen kämpft ein Antibiotikum im erkrankten Lungengewebe aber nicht nur gegen die Bakterien.Aufgrund der massiven Entzündung sind viele Lungenbezirke schlecht durchblutet,sodass das Medikament nur schlecht an seinen Bestimmungsort gelangt.Außerdem kapseln sich die zu bekämpfenden Keime in Schleim und Gewebe ab und entziehen sich dann dem Wirkstoff. Resistenzprobleme können auch schon zu Beginn der Behandlung im Betrieb vorliegen.Nur bei frühzeitigem Erregernachweis,in Verbindung mit einem Resistenztest,kann das wirksamste Antibiotikum ausgewählt werden.Eine Behandlung muss aber möglichst sofort eingeleitet werden. Daher wird der Tierarzt bei der Auswahl eines Antibiotikums zunächst auf Präparate zurückgreifen,die im Betrieb bei früheren Erkrankungen bereits eine gute Wirkung gezeigt haben oder für die bereits ein stallspezifischer Resistenztest vorliegt.Wegen der komplexen Zusammenhänge sollte mit dem betreuenden Tierarzt ein auf den Betrieb passendes Therapieschema entworfen werden. Durch fiebersenkende und entzündungshemmende Medikamente (z.B.Finadyne und Metacam)kann zusammen mit dem Antibiotikum eine rasche Verbesserung des Allgemeinbefindens erreicht werden.Gleichzeitig wird die entzündungsbedingte Schädigung des Lungengewebes in Grenzen gehalten.Für die Präparate Finadyne und Metacam ist außerdem eine gute Wirkung gegen Gifte (Toxine)nachgewiesen.Diese werden aufgrund der heftigen entzündlichen Reaktion in der Lunge und nach Zerfall von zerstörten Bakterien freigesetzt.Metacam soll zudem nach Herstellerangaben eine Wirkungsdauer von drei Tagen haben. Ein Schleimlöser kann die Behandlung sinnvoll ergänzen.Schleimlöser (z.B.Bisolvon)ermöglichen das Abhusten von verfestigtem Bronchialsekret und erleichtern damit die Atemarbeit. Dabei werden auch Keime aus den Atemwegen entfernt.Andererseits verbessern Schleimlöser die Leistung der schleimproduzierenden Zellen in den Bronchien.Mit dieser Schleimproduktion gelangt nachweislich mehr Antibiotikum an seinen eigentlichen Zielort und kann besser wirken.Rolf Nathaus

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