top agrar hat drei Großbetriebe besucht, die trotz vollautomatischer Technik zu festen Zeiten melken. Was klappt und wo hakt es noch?
Wer seine Herde automatisch melken möchte, muss nicht zwangsläufig auf freien Kuhverkehr umsteigen, die festen Melkzeiten aufgeben und das Management anpassen. Denn alternative automatische Systeme sind schon auf dem Markt. Wir haben mit unserem Experten Michael Kerger drei Milchviehbetriebe besucht, die mit Robotertechnik zu festen Zeiten melken. Zwei automatische Melkkarusselle und ein Roboterverfahren mit festem Zutrieb:
DeLaval AMR
GEA DairyProQ
Lemmer-Fullwood Batch Milking 4.0
Die Hersteller haben uns die Betriebe genannt. Da die Systeme technisch unterschiedlich ausgerüstet sind, ist ein direkter Vergleich, wie Sie ihn aus dem top agrar-Melkstandtest kennen, nicht möglich. Dennoch lohnt es sich, jedes für sich unter die Lupe zu nehmen.
In der top agrar Ausgabe 1/2021 lesen Sie dann, wie sich die Verfahrenskosten der beiden Karusselle gestalten.
Gleiche Ziele
So unterschiedlich sich die Melktechnik präsentierte, so gleich waren doch die Gründe der Betriebsleiter für die Anschaffung. Die Betriebe halten 500, 720 und 820 melkende Kühe. Alle berichten von großen Problemen mit Mitarbeitern für die Melkarbeit. Diese seien schwer zu finden, gute Mitarbeiter auch schwer zu halten. Mit Aushilfskräften aus dem Ausland haben sie mal positive, aber auch negative Erfahrungen gemacht. Die stetige Fluktuation bei den festen und Saisonkräften führte zu großen Schwankungen in der Qualität der Melkarbeit. Das hat die Eutergesundheit und das Verhalten der Tiere negativ beeinflusst. Aus diesen Gründen sehen die Betriebe die Investition als Zukunftsmodell für ihren Standort, die Betriebsgröße und -struktur.
Auch die Voraussetzungen für die Arbeit mit dem System beschreiben die Betriebe ähnlich: Man braucht Tiere mit guten Klauen und robotertauglichen Eutern. Eine möglichst homogene Herde verbessert den Melkablauf. Der DeLaval-Betrieb, die Wipperdorfer Agrargesellschaft, startete schon mehr als fünf Jahre vor der Automatisierung mit der Zucht auf „Robotereuter“. Zudem sollte die Kuh für das Karussell nicht zu groß sein. Darauf achtet auch die Agrargenossenschaft Agrarset, ein GEA-Betrieb. Dieser setzt nur Bullen mit negativer oder neutraler Vererbung für die Größe ein. Der Lemmer-Fullwood Betrieb, die Agrar GmbH Flämingland, sieht für sich hinsichtlich der Größe keine Beschränkungen. Er braucht für schnelle Ansetzvorgänge aber ebenso eine gute Strichstellung und für die Motivation der Kühe in den Roboter zu gehen auch fitte Klauen.
Erstes Fazit
Bei allen Besuchen waren die Kühe beim Melken sehr ruhig und schienen die Systeme freiwillig und gern zu betreten. Automatische Melksysteme melken immer gleich, dass kommt den Tieren zu gute. Ein Landwirt fasste zusammen: „Für die Kühe war die Umstellung verhältnismäßig ein Witz, die Mitarbeiter brauchten viel länger.“ Auch wenn sich die Zahl des Melkpersonals verringert, müssen die Übrigen umso besser geschult sein. Sie müssen den Schritt zur Automatisierung mitgehen und der Technik vertrauen. Dafür bieten die Systeme eine große Arbeitserleichterung beim Melkprozess. Kein System funktionierte ganz ohne Eingreifen. Bei all unseren Besuchen mussten die Zuständigen das Melken auch unterstützen. Um zu entscheiden, wann das nötig ist und wann nicht, kennt das Personal trotz Roboter und Herdengröße auch „ihre Pappenheimer“ unter den Kühen. ▶
julia.hufelschulte@topagrar.com
Hinweis:
Bitte aktivieren Sie Javascipt in Ihrem Browser, um diese Seite optimal nutzen zu können
Zum Lesen dieses Artikels benötigen Sie ein top agrar Abonnement
top agrar hat drei Großbetriebe besucht, die trotz vollautomatischer Technik zu festen Zeiten melken. Was klappt und wo hakt es noch?
Wer seine Herde automatisch melken möchte, muss nicht zwangsläufig auf freien Kuhverkehr umsteigen, die festen Melkzeiten aufgeben und das Management anpassen. Denn alternative automatische Systeme sind schon auf dem Markt. Wir haben mit unserem Experten Michael Kerger drei Milchviehbetriebe besucht, die mit Robotertechnik zu festen Zeiten melken. Zwei automatische Melkkarusselle und ein Roboterverfahren mit festem Zutrieb:
DeLaval AMR
GEA DairyProQ
Lemmer-Fullwood Batch Milking 4.0
Die Hersteller haben uns die Betriebe genannt. Da die Systeme technisch unterschiedlich ausgerüstet sind, ist ein direkter Vergleich, wie Sie ihn aus dem top agrar-Melkstandtest kennen, nicht möglich. Dennoch lohnt es sich, jedes für sich unter die Lupe zu nehmen.
In der top agrar Ausgabe 1/2021 lesen Sie dann, wie sich die Verfahrenskosten der beiden Karusselle gestalten.
Gleiche Ziele
So unterschiedlich sich die Melktechnik präsentierte, so gleich waren doch die Gründe der Betriebsleiter für die Anschaffung. Die Betriebe halten 500, 720 und 820 melkende Kühe. Alle berichten von großen Problemen mit Mitarbeitern für die Melkarbeit. Diese seien schwer zu finden, gute Mitarbeiter auch schwer zu halten. Mit Aushilfskräften aus dem Ausland haben sie mal positive, aber auch negative Erfahrungen gemacht. Die stetige Fluktuation bei den festen und Saisonkräften führte zu großen Schwankungen in der Qualität der Melkarbeit. Das hat die Eutergesundheit und das Verhalten der Tiere negativ beeinflusst. Aus diesen Gründen sehen die Betriebe die Investition als Zukunftsmodell für ihren Standort, die Betriebsgröße und -struktur.
Auch die Voraussetzungen für die Arbeit mit dem System beschreiben die Betriebe ähnlich: Man braucht Tiere mit guten Klauen und robotertauglichen Eutern. Eine möglichst homogene Herde verbessert den Melkablauf. Der DeLaval-Betrieb, die Wipperdorfer Agrargesellschaft, startete schon mehr als fünf Jahre vor der Automatisierung mit der Zucht auf „Robotereuter“. Zudem sollte die Kuh für das Karussell nicht zu groß sein. Darauf achtet auch die Agrargenossenschaft Agrarset, ein GEA-Betrieb. Dieser setzt nur Bullen mit negativer oder neutraler Vererbung für die Größe ein. Der Lemmer-Fullwood Betrieb, die Agrar GmbH Flämingland, sieht für sich hinsichtlich der Größe keine Beschränkungen. Er braucht für schnelle Ansetzvorgänge aber ebenso eine gute Strichstellung und für die Motivation der Kühe in den Roboter zu gehen auch fitte Klauen.
Erstes Fazit
Bei allen Besuchen waren die Kühe beim Melken sehr ruhig und schienen die Systeme freiwillig und gern zu betreten. Automatische Melksysteme melken immer gleich, dass kommt den Tieren zu gute. Ein Landwirt fasste zusammen: „Für die Kühe war die Umstellung verhältnismäßig ein Witz, die Mitarbeiter brauchten viel länger.“ Auch wenn sich die Zahl des Melkpersonals verringert, müssen die Übrigen umso besser geschult sein. Sie müssen den Schritt zur Automatisierung mitgehen und der Technik vertrauen. Dafür bieten die Systeme eine große Arbeitserleichterung beim Melkprozess. Kein System funktionierte ganz ohne Eingreifen. Bei all unseren Besuchen mussten die Zuständigen das Melken auch unterstützen. Um zu entscheiden, wann das nötig ist und wann nicht, kennt das Personal trotz Roboter und Herdengröße auch „ihre Pappenheimer“ unter den Kühen. ▶