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Schmallenberg-Virus: Fallzahlen steigen rasant

Lesezeit: 5 Minuten

Bundesweit sind mittlerweile über 470 Tiere mit dem neuen Virus infiziert. Über den aktuellen Sachstand und wie Sie Ihren Bestand schützen können, informiert das Friedrich-Loeffler-Institut (FLI) auf der Insel Riems.*


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Seit Anfang Januar überschlagen sich die Meldungen: Fast täglich wird das neue Schmallenberg-Virus in weiteren Betrieben im Bundesgebiet, aber auch in den Nachbarländern, nachgewiesen. Mittlerweile wurden bundesweit über 470 Fälle registriert (s. Karte). In den Niederlanden, Belgien, Frankreich und Großbritannien sind die Zahlen zwar noch deutlich geringer, steigen aber ebenfalls kontinuierlich an.


Bisher wurde das neue Virus vor allem bei missgebildet oder lebensschwach geborenen Lämmern nachgewiesen. Aber auch Ziegen und Rinder können sich infizieren. Der erste Nachweis des Virus im November 2011 erfolgte denn auch bei Rindern. Da sie aus dem Raum Schmallenberg in Nordrhein-Westfalen stammten, wurde das Virus vorläufig „Schmallenberg-Virus“ genannt.


Virus aus Asien und Afrika:

Die Suche nach dem Übeltäter war jedoch nicht einfach. Als das Friedrich-Loeffler-Institut im Sommer 2011 erstmals von diesen Symptomen bei Milchrindern in Nordrhein-Westfalen informiert wurde, lag der Verdacht auf ein Wiederaufflammen der Blauzungenkrankheit nahe. Dieser Verdacht hat sich jedoch nicht bestätigt. Ebenso konnten MKS, BVD, BHV-1 sowie andere Viruskrankheiten rasch als Ursache ausgeschlossen werden. Mit der so genannten Metagenom-Analyse wurden schließlich Spuren eines mit den Orthobunyaviren verwandten Erregers gefunden. Mittlerweile erfolgt der routinemäßige Nachweis des Erregers mit der so genannten real-time PCR-Methode. Ein massentauglicher Schnelltest (Antikörper-Elisa) wird derzeit entwickelt.


Das identifizierte Virus gehört zu den so genannten Orthobunyaviren, die auch bei Wiederkäuern in Asien, Afrika und Australien vorkommen. Sie werden durch blutsaugende Insekten wie etwa Stechmücken oder Gnitzen übertragen. Welches Insekt das Virus in Europa verbreitet, steht allerdings noch nicht endgültig fest. Ein Gesundheitsrisiko für den Menschen besteht nach bisherigen Erkenntnissen nicht.


Symptome:

Rinder mit akuten Infektionen zeigen keine oder nur milde Symptome wie Milchrückgang, Fieber und Durchfall. Dies wurde 2011 besonders von April bis November, der Zeit mit der höchsten Insektenaktivität, beobachtet. Es ist den genauen Beobachtungen der Milchbauern zu verdanken, dass die Krankheitserscheinungen überhaupt aufgefallen sind. Dass bei Schafen und Ziegen im letzten Jahr keine Auffälligkeiten gemeldet wurden, kann daher auch an den Unterschieden in der Haltung liegen.


Das Virus ist bei akut infizierten Tieren nur für wenige Tage nachzuweisen, auch die Krankheitserscheinungen klingen bald ab. Diese kurze Phase reicht aber offensichtlich für eine Verbreitung durch die Insekten aus. In der kalten Jahreszeit wurden keine akuten Infektionen mehr nachgewiesen.


Gravierende Folgen hat das Virus aber, wenn trächtige Tiere in einem empfindlichen Zeitfenster infiziert werden. Kommt es beim Schaf in der vierten bis achten und beim Rind zwischen der achten und vierzehnten Trächtigkeitswoche zu einer Infektion, kann das Virus auf die Frucht übergehen und zu schweren Schädigungen führen. Diese Zeiträume ergeben sich aus den bisher beobachteten Fällen und den Kenntnissen zum verwandten Akabane-Virus.


Neben Aborten und mumifizierten Föten sind in erster Linie Früh- oder Totgeburten sowie die Geburt lebensschwacher, missgebildeter Lämmer und Kälber typisch. Bei Infektionen zu einem früheren Trächtigkeitsstadium kann es eventuell zur Fruchtresorption kommen. Erfolgt die Infektion dagegen erst nach dem „empfindlichen Stadium“ sind nur geringe bzw. keine Schäden zu erwarten.


Als häufigste Missbildungen treten Gelenkversteifungen, Sehnenverkürzungen, ein stark überdehnter Hals und Wasserköpfigkeit auf. Das Nervensystem kann schwer geschädigt sein und ganze Hirnteile können fehlen. Bei missgebildeten Lämmern konnte das Virus insbesondere im Gehirn, in zahlreichen Fällen aber auch in anderen Organen sowie im Blut nachgewiesen werden. Insgesamt ist das klinische Bild dem des Akabane-Virus sehr ähnlich. Zusammenfassend wird es als „Arthrogrypose-Hydranenzephalie-Syndrom“ (AHS) bezeichnet.


Dauerhaft immun?

Die beschriebenen Missbildungen sind nach derzeitigem Kenntnisstand aber nur zu erwarten, wenn ein Muttertier während der Trächtigkeit zum ersten Mal infiziert wird.


Nach überstandener Krankheit entwickelt sich eine Immunität, die eine erneute Ansteckung wahrscheinlich verhindert. Es ist zurzeit aber nicht bekannt, wie lange dieser natürliche Schutz einmal infizierter Tiere anhält.


Die jetzt festgestellten Fälle bei Rindern, Schafen und Ziegen bedeuten kein akutes Infektionsgeschehen, sondern sind eine Spätfolge der Ansteckung der Muttertiere im Sommer und Herbst 2011. Ob die Infektion von tragenden Kühen im letzten Jahr in einem ähnlichen Ausmaß zu Schädigungen geführt hat, muss aufgrund der längeren Trächtigkeit abgewartet werden. Dies werden die nächsten Wochen zeigen.


Im Moment kommt es aufgrund der fehlenden Übertragung durch Insekten nicht zu akuten Infektionen. Damit ist erst wieder mit steigenden Temperaturen ab dem Frühjahr 2012 zu rechnen.


Es ist denkbar, dass das Virus die Infektion von Lämmern und Kälbern nutzt, um Zeiten mit geringem Insektenflug, z.B. im Winter, zu überbrücken. Kommen Tiere, die das Virus im Blut tragen, zu einem Zeitpunkt zur Welt, an dem wieder blutsaugende Insekten aktiv sind, können diese das Virus mit der Blutmahlzeit aufnehmen und weiter verbreiten. Ob es andere Möglichkeiten der Überwinterung gibt, z.B. in den Insekten selbst oder deren Entwicklungsstadien, ist derzeit nicht bekannt.


Offene Fragen:

Seit der ersten Feststellung des Schmallenberg-Virus vor rund drei Monaten konnten zwar schon einige Erkenntnisse gewonnen und erste Untersuchungsverfahren entwickelt werden, es gibt aber noch zahlreiche offene Fragen. So ist z.B. noch unklar, wo das Virus genau herkommt und ob es im letzten Jahr neu nach Europa eingetragen wurde oder schon seit mehreren Jahren hier vorkommt.


Zur Klärung dieser Frage untersucht das FLI derzeit ältere Proben von Schafen und Ziegen, die in den letzten Jahren im Rahmen von anderen Untersuchungen gesammelt und eingelagert wurden, auf Antikörper gegen das Virus. So kann der Zeitraum eingegrenzt werden, wann die Einschleppung nach Deutschland erfolgte.


Unbeantwortet ist bisher auch die Frage, welche Insekten nun konkret die Virus-Überträger sind. Untersuchungen von neuen und archivierten Insektenfängen sollen in der nächsten Zeit Aufschluss über den in Europa verantwortlichen Überträger geben.


Noch nicht abzuschätzen sind ebenso die Auswirkungen des Virus auf die in den nächsten Wochen zu erwartenden neugeborenen Kälber.

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