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Schwergeburten: Lösen Färsenbullen die Probleme?

Lesezeit: 6 Minuten

Aufgrund der starken Nachfrage bieten viele Besamungsstationen spezielle Färsenbullen an, in den meisten Bullenkatalogen werden sie besonders hervorgehoben. In zahlreichen Milchviehbetrieben ist das Besamen der Färsen mit diesen Bullen relativ weit verbreitet. Der Grund: In der Praxis sind Schwergeburten bei den Erstkalbinnen ein großes Problem. Durch den Einsatz von Färsenbullen soll Schwierigkeiten bei der Geburt vorgebeugt werden, da diese leichtere Kälber machen. Schwergeburten erhöhen das Risiko von Kälberverlusten erheblich. Gleichzeitig steigt auch die Wahrscheinlichkeit, dass eine Kuh als Folge der schweren Abkalbung im Verlauf der weiteren Laktation erkrankt und häufig sogar aus dem Bestand abgeht. Zudem ist die Leistung von Kühen nach schweren Geburten eingeschränkt. Nach Untersuchungen der Freien Universität Berlin war die tägliche Milchleistung von Tieren mit Schwergeburten in den ersten zwei Laktationsmonaten um 1,3 bis 1,4 kg niedriger als die von Tieren nach normalem Kalbeverlauf. In dieser Untersuchung stellte sich auch heraus, dass Tiere mit Schwergeburten später belegt und später tragend werden. Zudem hat sich gezeigt, dass durch Schwergeburten insgesamt rund 111 E Mehrkosten pro Tier verursacht werden, wobei die größten Verluste durch Zwangsabgänge entstehen (s. Übersicht). Die Ursachen für Schwergeburten sind vielfältig. Dabei sind die Probleme nicht allein vom Vater des Kalbes abhängig, sondern auch vom Rahmen und von der Kondition des Muttertieres. Der eingesetzte Vererber beeinflusst zwar die Größe und noch wichtiger für die Geburt den Umfang sowie das Gewicht des Kalbes. Aber: Schwergeburten treten vor allem dann auf, wenn die Größe des Kalbes nicht zur Beckenöffnung der Mutter passt. Wenn der Geburtskanal nicht genügend Platz für das Kalb bietet, sind Probleme vorprogrammiert. Häufig suchen Milcherzeuger daher nach Bullen, die leichte Kälber machen, um so möglichen Geburtsproblemen vorzubeugen. Oft wird beim Einsatz von Färsenbullen aber verkannt, dass diese Bullen Kalbeprobleme nicht komplett verhindern können. Sie können zwar den Anteil schwerer Kälber verringern. Aber es werden auch von ihnen schwere Kälber geboren. Zudem kann die zu starke Nutzung von Färsenbullen langfristig sogar Geburtsschwierigkeiten nach sich ziehen. Diese Bullen vererben nämlich Nachkommen mit kleinerem Rahmen und schmaleren Becken. Deshalb führt ihre Nutzung über mehrere Generationen zwangsläufig dazu, dass die kommenden Kuhgenerationen eher kleiner und vor allem auch im Becken schmaler sein werden. Vor einem zu starken Einsatz von Färsenbullen kann daher nur gewarnt werden. Gerade durch die weite Verbreitung bestimmter Blutlinien (Cleitus, Luke, Aerostar) sind die Holsteinkühe in den letzten Jahren teilweise schmaler geworden, so dass wir darauf achten sollten, eine ausreichende Breite und Stärke zu erhalten. Die Färsenbullen werden anhand von Informationen über den Geburtsverlauf und den Kälberverbleib ermittelt. Die Daten hierfür melden die Rinderhalter mit der Geburtsmeldung. Aus diesen Daten werden Zuchtwerte für den Geburtsverlauf (Schwergeburtenrate, Totgeburtenrate) ermittelt. Für die Qualität der späteren Zuchtwerte ist es entscheidend, dass die Meldungen über den Kalbeverlauf gewissenhaft und korrekt gemacht werden. Nur dann sind die geschätzten Zuchtwerte auch wirklich brauchbar. Leider liegen für die jüngsten und interessantesten Bullen zunächst nur Daten über den Kalbeverlauf aus dem Testeinsatz vor, die in der Regel aus Besamungen zum zweiten Kalb stammen. Diese Informationen sind allerdings nur eingeschränkt aussagefähig, da die zweiten Kälber leichter als Färsenkälber geboren werden. Aus diesem Grund werden die Zuchtwerte aus dem Testeinsatz häufig nur mit einem gewissen Vorbehalt veröffentlicht. Endgültige Klarheit darüber, ob ein Bulle das Prädikat Färsenbulle verdient hat, besteht erst dann, wenn eine ausreichende Anzahl Kalbungen aus dem Wiedereinsatz vorliegen. Anhand der Relativzuchtwerte für die Schwergeburtenrate kann man aus dem Angebot der Besamungsstationen solche Bullen auswählen, deren Nachkommen leichter oder normal geboren werden. Zuchtwerte von 100 stehen für mittlere Kälbergewichte, Zuchtwerte über 100 für leichtere Kälber und Zuchtwerte unter 100 bedeuten schwerer Kälber. Zum besseren Verständnis werden die Angaben häufig in Besamungskatalogen codiert, z.B. bei den Top-Q-Stationen mit Sternen: * = schwer (< 97); ** = mittel (97 103); *** = leicht (> 103). Von Deckbullen gibt es im Gegensatz dazu keine vergleichbaren Informationen. Sie stellen nicht nur was den Kalbeverlauf betrifft ein unkalkulierbares Risiko für den Einzelbetrieb dar. Wenn ein Deckbulle einem Kälberjahrgang extrem schwere Kälber hinterlässt, dann kann der Schaden ungeahnte Größenordnungen erreichen. Erfahrungen aus erfolgreichen Milchviehbetrieben zeigen, dass dort häufig keine Färsenbullen, sondern Vererber mit mittleren Zuchtwerten für den Kalbeverlauf eingesetzt werden. Diese Betriebe achten bei der Bullenauswahl mehr auf andere, wirtschaftlich wichtige Merkmale, da das erste Kalb einer Kuh den schnellsten Zuchtfortschritt bringt. Ihre Auswahl schränken sie lediglich so weit ein, dass sie solche Bullen meiden, die extrem schwere Kälber bringen. Färsenaufzucht verbessern Die wichtigste Voraussetzung für das Vermeiden von Schwergeburten ist, dass sich die Färsen in einer optimalen Kondition befinden. Eine gute Vorbereitung durch Fütterung und Haltung stellt die Weichen für komplikationslose Geburten. Sehr große Bedeutung kommt dabei der Fütterung zu. Eine intensive, optimale Aufzucht sichert eine ausreichende Körperentwicklung. Wichtig ist darüber hinaus die zeitgerechte erste Belegung. Diese sollte erfolgen, wenn ein ausreichendes Körpergewicht von ca. 420 kg erreicht worden ist. Eine weitere bedarfsgerechte Fütterung gewährleistet, dass die Färsen mit 610 bis 630 kg abkalben und genügenden Rahmen bzw. genügend Breite für die Geburt aufweisen. Während der Trächtigkeit ist eine zu intensive Fütterung der Färsen unbedingt zu vermeiden, da sie doppelt schadet. Eine überhöhte Nährstoffzufuhr verursacht zu hohe Geburtsgewichte der Kälber und Verfettungen der Muttertiere. Diese Verfettungen verengen die inneren Geburtswege, selbst wenn sie von außen noch nicht sichtbar sind. Hohe Geburtsgewichte kombiniert mit Verfettungen des Muttertieres erhöhen drastisch die Gefahr einer Schwergeburt. Damit es unter der Geburt nicht zu Stress und Problemen kommt, sollten die Färsen in ausreichend großen, eingestreuten Abkalbeboxen gehalten werden. Der Sichtkontakt zur Herde sollte dabei gewährleistet sein. Es ist darauf zu achten, dass die Erstkalbinnen nicht mit älteren Kühen in der gleichen Box aufgestallt werden, da Rangkämpfe ebenfalls zu Problemen führen können. Fazit Mit einer optimalen Färsenaufzucht und Geburtsvorbereitung lassen sich Schwergeburten vermeiden. Wenn die Kondition der Rinder stimmt, kann auf den Einsatz von speziellen Färsenbullen verzichtet werden. Allerdings sollten Milchviehhalter darauf achten, dass sie keine Vererber einsetzen, die extrem schwere Kälber bringen. Wertvolle Bullen mit normalen Geburten sollten auch auf normal entwickelte Färsen eingesetzt werden, um die schnellste züchterische Verbesserung zu erreichen. Der Einsatz von Färsenbullen empfiehlt sich nur bei extrem schmalen Rindern.

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