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Sensoren senken das Erstkalbealter

Lesezeit: 5 Minuten

Jungrinder kalben häufig zu spät. Grund ist eine mangelhafte Brunstbeobachtung. Wie können automatische Systeme die Fruchtbarkeit beim Jungvieh optimieren?


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Die Jungrinder sind die Zukunft eines Milchviehbetriebes. Doch häufig sind sie das „fünfte Rad am Wagen“. Das zeigen beispielsweise die Kennzahlen zur Fruchtbarkeit: Im Schnitt liegt das Erstbesamungsalter in hessischen Betrieben bei 18 Monaten und das Erstkalbealter bei 29 Monaten – das ist weit entfernt von den Zielwerten von 15 und 24 Monaten. Zwar sind Brunst und eine deutlich erhöhte Aktivität beim Jungvieh gut zu erkennen, doch offensichtlich wird zu wenig Zeit für die Brunstbeobachtung aufgewendet. Dabei kostet auch beim Jungvieh jede nicht genutzte Brunst 60 bis 70 €.


Immer mehr Betriebe setzen bereits automatische Brunsterkennungssysteme im Milchviehstall ein. Eine große Zahl an Systemen ist auf dem Markt (siehe Kasten Seite R30). Egal ob Pedometer oder Wiederkausensor: Die Techniken lassen sich grundsätzlich auch für das Jungvieh nutzen.


Doch wie beeinflusst der Einsatz eines automatischen Brunsterkennungssystems die Fruchtbarkeit der Jungrinder?


Vorher-Nachher-Vergleich:

Um diese Frage zu beantworten, haben wir die Daten in einem Praxis-Betrieb vor und nach der Installation eines Brunsterkennungssystems analysiert.


Der Betrieb im Vogelsbergkreis (Hessen) mit 130 Kühen (80% Fleckvieh- und 20% Holstein-Tiere) erreicht eine Jahresleistung von 8300 kg (Fleckvieh) bzw. 9500 kg Milch (Holstein). Die weibliche Nachzucht geht in die Bestandsergänzung oder in den Export. Die männlichen Kälber werden zur Mast verkauft. Somit hält der Betrieb rund 100 weibliche Kälber und Jungrinder. Der Besamungsindex der Kühe lag im letzten Jahr bei 1,8 und der Index der Jungrinder bei 1,4.


Seit 2014 nutzt der Betrieb ein Brunsterkennungssystem, das die Aktivität der Kühe und Jungrinder über Halsband-Sensoren erfasst (nähere Infos dazu im Kasten auf Seite R31). Wir haben die Jungvieh-Daten von 2007 bis 2017 aus dem Herdenmanagementprogramm (HerdMetrix) analysiert.


Berücksichtigt haben wir Pedigree, Rasse, Geburtsdatum, Anzahl der künstlichen Besamungen (KB) mit Monat und Jahr und deren Konzeptionen und Kalbedatum. Zusätzlich berechnet sind EBA, EKA und die Zahl der Tage zwischen den einzelnen KB bzw. die Tage zwischen erster und erfolgreicher Besamung.


Fruchtbarkeit verbessert:

Der Einsatz des Brunsterkennungssystems hat die Fruchtbarkeit der Jungrinder in dem Betrieb deutlich verbessert. Das zeigen die Kennzahlen:


  • Erstbesamungsalter: Ohne automatische Brunsterkennung wurden die Tiere im Schnitt mit 17,1 Monaten das erste Mal besamt (n=234 Rinder). Die Kennzahl sank mit technischer Unterstützung deutlich auf 16,4 Monate (n=185; Übersicht 1). Der Unterschied war hochsignifikant.


Für die erste Besamung gilt ein Zielwert von 15 Monaten. Im Mittel besamen hessische Betriebe die Rinder mit 18,2 Monaten das erste Mal, wie Daten des Hessischen Verband für Leistungs- und Qualitätsprüfungen in der Tierzucht (HVL) zeigen (Infos von 13000 Rindern). Damit liegt der Untersuchungsbetrieb unter dem Durchschnitt seiner Berufskollegen.


  • Erstkalbealter: Die 225 Jungrinder, die ohne automatische Brunsterkennung besamt wurden, kalbten im Mittel mit 27,2 Monaten. Mit dem System reduzierte sich das EKA signifikant um etwa einen halben Monat auf 26,7 Monate. Zum Vergleich: In Hessen kalben Rinder mit 28,9 Monaten das erste Mal (Daten von ca. 41000 Rindern). Zielwert ist 24 Monate.


Die automatische Brunsterkennung wirkte sich bei beiden Rassen gleichermaßen auf Erstbesamungs- und Erstkalbealter aus. Bei Fleckvieh sank das EBA um 0,6 Monate und bei Holstein um 0,8 Monate. Der Unterschied war jeweils signifikant. Das EKA reduzierte sich in beiden Rassen tendenziell um 0,4 bzw. 0,7 Monate.


  • Konzeptionsrate: Vor dem Einsatz des Brunsterkennungssystems betrug die Konzeptionsrate (KR) aus den Erstbesamungen 64,1% (234 Jungrinder). Mit dem System waren mehr Besamungen erfolgreich, die Trächtigkeitsrate stieg auf 67,0% (185 erstbesamte Färsen). Dabei verbesserte sich die Konzeptionsrate bei den Fleckvieh-Rindern von 62,8% auf 67,2%. Bei den schwarzbunten Tieren war der Einfluss kleiner: Die Rate sank geringfügig und zufällig von 68,0 auf 66,7%.


Insgesamt liegt die Trächtigkeitsrate zwar leicht unter der Zielvorgabe von etwa 70% für Jungrinder, aber über dem hessischen Durchschnitt von rund 64%.


Schneller tragend:

Insgesamt wurden 112 der 320 Fleckvieh-Rinder mindestens ein zweites Mal besamt, bevor sie tragend waren.


  • Abstand bis zweite Besamung: Ohne die automatische Brunsterkennung lag der Abstand zwischen erster und zweiter Besamung bei 53,3 Tagen (n=67). Mit dem System betrug der Abstand 33,5 Tage (n=45). Von den 98 schwarzbunten Rindern wurden 32 Tiere ein zweites Mal besamt. Der mittlere Abstand zwischen erster und zweiter Besamung verkürzte sich dabei von 71,6 auf 38,4 Tage. Beide Differenzen ließen sich hochsignifikant absichern.


Der Zeitabstand von 53 Tagen zwischen den Besamungen bei Fleckvieh weist darauf hin, dass ohne technische Unterstützung im Schnitt mehr als zwei Brunsten übersehen wurden. Bei den schwarzbunten Rindern waren es drei Brunsten, bevor die Tiere das zweite Mal besamt wurden. Mit dem System verbesserte sich die Brunsterkennung.


  • Verzögerungszeit: Eine noch wichtigere Kennzahl ist aber der Abstand von der ersten zur erfolgreichen Besamung. Ohne das automatische Brunsterkennungssystem dauerte das bei den Fleckvieh-Jungrindern 66,4 Tage (Übersicht 3). Mit der Aktivitätserfassung verkürzte sich dieses Intervall auf 48,8 Tage. Die Tiere wurden also etwa 18 Tage früher tragend.


Bei den Schwarzbunten war der Unterschied noch deutlicher: Mit der technischen Unterstützung sank die Zeit von der ersten bis zur erfolgreichen Besamung um 39 von 94,1 auf 55,3 Tage.


Insgesamt hat der Einsatz des automatischen Systems also die Brunsterkennung verbessert, denn alle Jungrinder waren schneller tragend.


Nicht auf Technik verlassen:

Grundsätzlich zeigen die Ergebnisse aber auch, wie viele brünstige Tiere nach wie vor übersehen werden. Hier gibt es noch immer Verbesserungspotenzial. In früheren Studien haben wir gezeigt: Wer nur die Aktivität erfasst, erkennt etwa 80 bis 85% der Brunsten. Das Auswerten zusätzlicher Parameter, wie Wiederkauen, kann diese Rate erhöhen.


Der Untersuchungsbetrieb verlässt sich mittlerweile voll auf die Technik und verzichtet komplett auf eine visuelle Kontrolle im Stall. Doch die Kennzahlen zeigen, dass auch eine automatische Brunsterkennung keine absolute Sicherheit bietet. Wir empfehlen deshalb grundsätzlich und auch zusätzlich zum Einsatz von automatischen Techniken eine visuelle Brunstkontrolle.


Kontakt: anke.reimink@topagrar.com

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