Fitte Kälber, niedrige Kosten: Einige Milcherzeuger schwören auf die Kälberaufzucht mit Ammenkühen. Wie geht das? Was bringt das?
Mit einem Anteil von 2,3% an der Milchmenge ist Biomilch in Deutschland ein Nischenprodukt. Doch die Nachfrage wächst seit Jahren stärker als die nach konventionellen Milchprodukten. Und auch die Nachfrage nach Bio-Rindfleisch steigt.
Allerdings wandert ein Großteil der männlichen Bio-Kälber in die konventio-nelle Mast. Sie gehen der Bio-Branche verloren. In der Regel ziehen die Bio-Erzeuger nur die zur Remontierung benötigten weiblichen Kälber groß. Denn die Anforderungen in der biologischen Tierhaltung sind anspruchsvoll und teuer: Der Einsatz von Milchaustauschern ist verboten, die Kälber müssen mindestens zwölf Wochen Vollmilch bekommen. Das ist sehr kostspielig, eine Begrenzung der Milchmenge geht aber zulasten der Tierentwicklung.
Deshalb setzen Bio-Milcherzeuger zunehmend auf die Ammenkuhhaltung. Das funktioniert wie folgt: Die Landwirte teilen einer Kuh ein oder mehrere Kälber zu. Diese saufen direkt am Euter. Sie bleiben bis zu neun Monate bei der Kuh. Die Landwirte sondern die Gruppe in der Regel in einen separaten Stall bzw. eine separate Weide ab. Die Ammenkuh ist damit quasi der Tränkeautomat des Bio-Milchviehbetriebs.
Praktiker berichten von gesünderen Kälbern und sehr guten Tageszunahmen. Der Tierarzt würde quasi gar nicht gebraucht. Wichtig für die Entwicklung der Kälber ist auch, dass die Ammenkühe Vorbilder für eine frühe Grundfutteraufnahme sind.
Bei gutem Management lässt sich der Arbeitszeitaufwand gegenüber der Eimertränke erheblich reduzieren. Nicht zuletzt kann die Ammenkuhhaltung so beim Verbraucher punkten.
Ob sich Ammenkühe auch finanziell lohnen, ist noch nicht eindeutig untersucht. Kalkulationen auf den beiden Beispielbetrieben zeigen aber, dass die ammenkuhgebundene Kälberaufzucht für Bio-Milchviehbetriebe betriebswirtschaftlich interessant sein kann.
Große Kälber-Gruppen:
Die Ammenkühe können ihre Vorteile vor allem dann ausspielen, wenn sich vergleichsweise große Kälber-Gruppen bilden lassen. Bei geblockten oder saisonalen Abkalbungen können auch kleine Betriebe größere Tiergruppen erreichen.Neben der Aufzucht der eigenen Kälber zur Nachzucht ist die Ammenkuhhaltung das Mittel der Wahl, um große Kälbergruppen mit wenig Arbeitseinsatz für die anschließende Bio-Rindermast aufzuziehen. Für Milchviehbetriebe mit ausreichenden Futterflächen kann das interessant sein, um schwache Flächen nutzen zu können.
Zusammen mit Bio-Betrieben, die überschüssige Kälber liefern, lässt sich mit der Ammenkuhhaltung auch die Wertschöpfung für Mutterkuhbetriebe erhöhen. Anstelle der Erzeugung eines Absetzers pro Jahr mit einer Mutter-kuhrasse, lassen sich bei Umstellung auf eine Mutterrasse mit höherer Milchleistung zwei bis sechs Absetzer/Kälber pro Kuh und Jahr aufziehen. Das erhöht die Umsätze pro Muttertier.
Dr. Lukas Kiefer, Dr. Daniel Weiß; Universität Hohenheim