Einloggen / Registrieren

Startseite

Schlagzeilen
Messen & Termine
Themen
Wir für Euch
Sonstiges

Stilllegung 2024 Agrardiesel-Debatte Bürokratieabbau

topplus Aus dem Heft

So wirken Impfstoffe

Lesezeit: 7 Minuten

Diagnose, Zeitpunkt und Applikation müssen passen, damit Impfungen im Rinderbetrieb richtig wirken. Die wichtigsten Fragen dazu beantworten zwei Experten.


Das Wichtigste zu den Themen Rind + Milch mittwochs per Mail!

Mit Eintragung zum Newsletter stimme ich der Nutzung meiner E-Mail-Adresse im Rahmen des gewählten Newsletters und zugehörigen Angeboten gemäß der AGBs und den Datenschutzhinweisen zu.

Wirkung


Wie wirken Impfungen?


Impfungen sind mehr als nur „ein kleiner Picks“. Sie greifen in das Immunsystem des geimpften Tieres ein und lösen komplexe Reaktionen im Organismus aus. Zwei Grundprinzipien der Immunprophylaxe lassen sich dabei unterscheiden: Die passive Übertragung von Antikörpern und die aktive Impfung.


  • Passive Immunisierung: Dabei werden dem Körper fertige Abwehrstoffe verabreicht. Meist in Form eines Immunserums, das große Mengen Antikörper enthält. Bevor es Antibiotika gab, spielte die Serumtherapie eine große Rolle. Heute ist sie nur noch in Ausnahmefällen notwendig.


Das Prinzip der passiven Immunisierung kennt jedoch jeder Rinderhalter aus der täglichen Arbeit: Mit dem Erstkolostrum nehmen Kälber von der Mutter gebildete Immunstoffe auf. Mit dieser Übertragung von Antikörpern erhält das neugeborene Kalb einen immunologischen Nestschutz. Ohne diesen wäre es Erregern schutzlos ausgesetzt, bis es selbst in der Lage ist, Antikörper zu bilden. Die Fähigkeit, Antikörper zu bilden, setzt beim Rind in den ersten Lebenswochen ein und ist mit etwa drei Monaten ausgeprägt.


  • Aktive Impfung: Auf der Fähigkeit, Antikörper zu bilden, beruht die aktive Impfung. Sie stellt heute das Grundprinzip der meisten Impfungen dar.


Aktiver Impfstoff


Wie funktionieren Lebend- und Totimpfstoffe?


Bei der aktiven Impfung wird der Körper mit etwas bekannt gemacht, das sein Immunsystem noch nicht kennt, aber kennen sollte. Die aktive Impfung macht sich das immunologische Gedächtnis zu Nutze: die Impfstoffe sind meist Krankheitserreger. Auch von Bakterien gebildete Giftstoffe können Bestandteil von Impfstoffen sein, wie z.B. bei der Tetanusimpfung. Die aktive Impfung regt den Körper an, sein Immunsystem einzuschalten und Abwehrstoffe selbst zu bilden. Abwehrstoffe sind Zelllinien von Immunzellen und Antikörpern.


So gebildete Abwehrzellen erkennen Erreger, mit denen sie schon einmal zu tun hatten, an den Oberflächenmolekülen wieder. Diese Gedächtniszellen sorgen dafür, dass ein wiederholtes Eindringen desselben Erregers zu einer schnelleren und wirksameren Immunantwort führt.


  • Werden mit einem Impfstoff wenig krankmachende oder abgeschwächte lebende Erreger appliziert, die sich im Körper vermehren und die Abwehrreaktion auslösen, nennt man diese Lebendimpfstoffe. Sie sind in der Regel gut wirksam und einige können mit einer einmaligen Impfung eine lange schützende Immunität hervorrufen.13


  • Handelt es sich dagegen um abgetötete Erreger oder Teile davon, spricht man von inaktivierten Impfstoffen. Diese sind meist mit immunstimulierenden Hilfsstoffen, den Adjuvantien, ergänzt. Günstig ist, dass sich diese Impfstoffe nicht im Körper vermehren, sie haben keine sogenannte Restvirulenz. Ziel ist nur, dass der Organismus sie schon einmal gesehen hat.14


Erinnerung


Wie frische ich das Gedächtnis auf?


Antwort: Nach der wiederholten Auseinandersetzung mit dem Erreger hält das immunologische Gedächtnis sehr lange an, manchmal sogar ein ganzes Leben. Leider ist das von Erreger zu Erreger und von Impfstoff zu Impfstoff verschieden.


Daher unterscheiden sich Impfregime hinsichtlich des vorgeschriebene Impfabstandes erheblich voneinander. Insbesondere inaktivierte Vakzine erfordern meist eine Wiederholungsimpfung im Abstand weniger Wochen. Vor allem bei der Erstimpfung kann dieser Impfabstand über deren Wirksamkeit entscheiden, da erst der zweite Reiz nach etwa vier Wochen eine anhaltende Immunität sichert. Das nennt man Grundimmunisierung.


Voraussetzung


Was ist zu tun, damit die Impfung wirkt?


Antwort: Das Tier muss auf eine sinnvolle Impfung mit wirksamen Impfstoffen angemessen reagieren können. Im Mittelpunkt steht also das Tier. Seine Fitness zum Zeitpunkt der Impfung entscheidet über die Reaktionsfähigkeit des Immunsystems und damit über den Erfolg der Impfmaßnahme. Insbesondere weitere Krankheiten, die das Immunsystem beschäftigen, können störend wirken. Das gilt auch für andere, gleichzeitig durchgeführte Impfungen!


Aber auch eine schlechte Versorgung mit Nährstoffen oder Stressoren aller Art beeinträchtigen die Impfwürdigkeit des Tieres. Selbst bestimmte Medikamente mit beispielsweise kortisonähnlichen Wirkstoffen können störend wirken. Es ist Aufgabe des impfenden Tierarztes, diese Impfwürdigkeit vor der Impfung zu beurteilen. Inwieweit dazu eine klinische Untersuchung am Einzeltier oder die Bewertung der Bestandssituation anhand von Fitnesskriterien oder Leistungsdaten notwendig ist, hängt vom konkreten Einzelfall ab.


  • An zweiter Stelle kommt es entscheidend auf die Wirksamkeit des Impfstoffes an. In Deutschland muss der Impfstoffhersteller die Wirksamkeit und Sicherheit im Zulassungsverfahren belegen. Zudem prüft das Paul-Ehrlich-Institut jede einzelne hergestellte Charge.
  • Beeinträchtigungen beim Transport wird durch Aufrechterhaltung der Kühlkette im Rahmen der Auslieferung vorgebeugt. Jeder, der mit Impfstoffen umgeht, muss also wissen, dass diese Kühlkette einzuhalten ist, bis die Vakzine verimpft ist. Ein Mischen mehrerer Impfstoffe kann diese wirkungslos machen. Ebenso die Verwendung unsauberer Spritzen oder anderer, als der vorgeschriebenen, Lösungen zum Auflösen von gefriergetrockneten Präparaten.
  • Zu guter Letzt muss die Impfung zum Problem im Bestand passen. Eine qualifizierte tierärztliche Diagnostik gibt Aufschluss, mit welchen Erregern man es zu tun hat. Häufig, aber nicht immer, genügt die richtige klinische Beurteilung. Idealerweise sollte das mit einem Erregernachweis verbunden werden. Spezialisierte Labore oder Untersuchungsämter bieten die dafür nötigen Verfahren an. Jedoch kann und soll man nicht gegen jeden Erreger, der in einer Probe nachgewiesen wurde, impfen. Hier geht es um die Impfindikation. Entscheidend ist, ob ein passender Impfstoff verfügbar ist. Gibt es keine geeigneten Vakzine im Handel, kann die Herstellung eines bestandspezifischen Impfstoffes sinnvoll sein.


Beim Auftreten mehrerer Erreger ist zu entscheiden, gegen welchen mit dem größten Erfolg geimpft werden kann. Manchmal sind zudem Zeitfenster zu beachten, die von anderen Impfungen der Herde vorgegeben werden. Alle diese Entscheidungen muss der Tierarzt auf Basis seiner Erfahrungen treffen und auf die Situation im Bestand abstimmen. Daraus ergibt sich das Impfprogramm für den jeweiligen Betrieb.


  • Idealerweise gelingt es, die Herstellervorgaben zu den Impfzeitpunkten mit dem betrieblichen Management so zu vereinbaren, dass Impfungen nicht in Stressituationen wie Umstallungen oder Futterumstellungen, erfolgen. Ebenso notwendig ist es, dass ein geeigneter zeitlicher Abstand zu anderen Impfungen eingehalten wird. Die Impfung muss so rechtzeitig vor der Erregerexposition liegen, dass die Grundimmunisierung abgeschlossen ist und ein stabiler Impfschutz steht.


Impfgrund


Wann sind Impfungen wichtig?


Antwort: Impfungen sind in unseren Rinderbeständen wichtig, um die Tiere vor Krankheiten zu schützen. Besondere Bedeutung hatte das in der Vergangenheit bei gefährlichen Tierseuchen. Die erfolgreiche Impfaktion gegen Blauzungenkrankheit (2008 und 2009) zeigt, dass Impfungen auch heute noch zur Tierseuchenbekämpfung beitragen.


Bei der Bekämpfung von Bestandserkrankungen können Tierarzt und Landwirt durch Impfmaßnahmen Erkrankungen vermeiden und Behandlungen reduzieren. Damit kann auch der Einsatz von Antibiotika in der Rindermedizin sinken.


Welche Impfmaßnahme sinnvoll oder notwendig ist, hängt stark von der Nutzungsrichtung, der Situation in der Herde sowie der Einschleppungsgefahr einer Krankheit in der Region ab. Die Leitlinie zur Impfung von Rindern der Ständigen Impfkommission Veterinärmedizin (StIKoVet) am Friedrich-Loeffler-Institut hilft, Entscheidungen über Impfmaßnahmen zu treffen. Sie enthält Impfempfehlungen für Milchkühe, Mutterkühe und Mastrinder sowie ausführliche Informationen zur jeweiligen Krankheit und den Impfstoffen (siehe Einlegekarte).


Nutzugsrichtung


Welche Impfungen müssen sein?


Antwort: Bei Kälbern, die gemästet werden sollen, spricht sich die StIKoVet zum Beispiel ausdrücklich für Impfungen gegen Atemwegserkrankungen aus. Diese empfiehlt sie für jedes Tier in jedem Mastbestand dringend.


Bei Infektionen, die in einer Herde regelmäßig wieder ausbrechen, rät die Impfkommission ebenfalls zur Impfung. Auf vielen Milchviehbetrieben gilt das für Durchfall- oder Atemwegserkrankungen bei den Kälbern.


Die Impfung gegen BVD/MD und Schmallenbergvirus ist z.B. dann sinnvoll, wenn der Erreger in der Region vorkommt und damit eine Bedrohung für die Herde darstellt.


Einige Impfungen können außerdem für eine bestimmte Nutzungsrichtung im Einzelfall sinnvoll sein. Solche Krankheiten sind in Milchvieh- und Mutterkuhbeständen beispielsweise die Trichophytie (Ring- oder Kälberflechte), die Salmonellose oder Clostridiose.


Für die Wirkung jeder Impfmaßnahme kommt es darauf an, fachgerechte Diagnosen zu stellen und die Situation im Bestand richtig zu beurteilen. Dabei berücksichtigt der Tierarzt auch die Impfindikation und die Impfwürdigkeit der Tiere.


Basis für eine erfolgreiche Impfung sollte daher immer die vertrauensvolle Zusammenarbeit von Landwirt und Tierarzt sein.


Kontakt:


katharina.luetke-holz@topagrar.com


topagrar-Serie Impfen

Die Redaktion empfiehlt

top + Letzte Chance: Nur noch bis zum 01.04.24

3 Monate top agrar Digital + 2 Wintermützen GRATIS

Wie zufrieden sind Sie mit topagrar.com?

Was können wir noch verbessern?

Weitere Informationen zur Verarbeitung Ihrer Daten finden Sie in unserer Datenschutzerklärung.

Vielen Dank für Ihr Feedback!

Wir arbeiten stetig daran, Ihre Erfahrung mit topagrar.com zu verbessern. Dazu ist Ihre Meinung für uns unverzichtbar.