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Tierwohl oder Preis: Was lockt die Verbraucher?

Lesezeit: 5 Minuten

Viele Konsumenten fordern höhere Standards in der Milchproduktion. Doch sind sie auch bereit, für Tierwohlmilch tiefer in die Tasche zu greifen? Antworten liefert eine aktuelle Studie.


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Der Kunde ist König: Weil immer mehr Verbraucher nachhaltige Milchprodukte mit mehr Tierwohl fordern, haben Molkereien und Lebensmitteleinzelhandel verschiedene Programme für Tierwohlmilch auf den Markt gebracht. Auch, weil viele Verbraucher in Umfragen eine hohe Kaufbereitschaft für teurere Tierwohlprodukte angeben. Doch erfüllen die akutellen Angebote die Wünsche der Verbraucher? Und sind diese tatsächlich bereit, für höhere Standards auch höhere Preise zu zahlen?


Um das zu beantworten, haben wir im Dezember 2017 eine repräsentative Studie mit 517 deutschen Konsumenten durchgeführt. Die Teilnehmer mussten in einer Online-Maske zwischen fünf Milchpackungen wählen: zwei Molkereimarken mit konventioneller Milch, eine Molkereimarke mit Biomilch, eine Molkereimarke mit Weidemilch sowie eine Handelsmarke aus dem Discount.


Discounter stark gefragt


Diesen fünf Milchpackungen haben wir verschiedene Tierwohlaspekte zugeordnet, und zwar: Weidegang, Verzicht auf Enthornung, mehr Kuhkomfort und niedrigerer bzw. höherer Preis. Jeder Proband musste sich dreimal zwischen den fünf Milchpackungen entscheiden, die jeweils mit den verschiedenen Tierwohlattributen aufgeladen waren. Mit 53% wählte die Mehrheit der Verbraucher die ebenfalls mit Tierwohlattributen aufgeladene Milch vom Discounter (Übersicht 1). Diese war immer die günstigste Alternative. Am zweithäufigsten wählten die Teilnehmer die konventionelle Milch von Molkerei A (15%), gefolgt von der Weidemilch (13%) und Biomilch (10%).


Der Preisabstand der Discountermilch zu den anderen Marken lag im Schnitt bei 41 Cent/Liter. Das zeigt eindeutig, dass Verbraucher auch beim Kauf von Trinkmilch mit besonderen Tierwohlanforderungen sehr preisbewusst agieren. Ein niedriger Preis ist somit ein entscheidendes Kaufkriterium.


Zudem sind Marken den Ergebnissen zufolge nicht unbedingt glaubwürdiger als Discounterprodukte. Die Verbraucher vertrauen darauf, dass selbst günstige Discountermilch Tierwohlattribute wie Weidegang oder Verzicht auf Enthornung tragen kann – und diese verlässlich erfüllt.


Der Weidegang beflügelt die Kaufentscheidung der Konsumenten deutlich. Über 80% der Verbraucher gaben in der Befragung an, dass Weide den Kuhkomfort am meisten erhöht (Übers. 2).


Danach folgen Futter von hoher Qualität und mehr Platz für die Kühe. Die Antworten zeigen, dass Verbraucher v.a. die Haltung und das Management als tierwohlfördernd ansehen.


Frauen kaufen anders ein


In der Studie haben Männer signifikant häufiger die Discountermarke gewählt als Frauen (55% zu 44%). Somit sind Frauen eher bereit, für Trinkmilch mit besonderen Tierwohlanforderungen mehr zu zahlen. Da in Familien häufig die Frauen einkaufen, bestehen für Tierwohlmilch gute Marktchancen. Doch was beeinflusst die Kaufentscheidung noch? Verbraucher, die sich regelmäßig über landwirtschaftliche Themen informieren, sind offener dafür, Trinkmilch mit besonderen Tierwohlanforderungen zu höheren Preisen zu kaufen.


Außerdem verdeutlichen die Ergebnisse, dass Haushalte ohne Kinder eher teurere Tierwohlmilch kaufen als Haushalte mit Kindern.


Darüber hinaus haben wir ermittelt, dass Haushalte mit niedrigen Einkommen deutlich seltener zu Tierwohlmilch mit höheren Preisen greifen. Die Schwelle liegt bei einem Haushaltseinkommen von 2000 € netto pro Monat. Gleiches gilt für ältere Personen ab 60 Jahre. Die Faktoren Bildung und Wohnlage (städtisch oder ländlich) haben dagegen keine signifikante Auswirkung auf das Kaufverhalten.


Rund 40% der Befragten assoziieren einen höheren Preis bei Trinkmilch mit einer höheren Qualität. Des Weiteren verbinden rund 66% der Teilnehmer Milch mit speziellen Tierwohlanforderungen mit einer höheren Qualität. Mehr als die Hälfte der Verbraucher lehnt die Aussage ab, dass günstige Eigenmarken des Handels eine schlechtere Qualität haben.


Hohe Zustimmung erreichte die Aussage „Das Enthornen von Kühen und Kälbern empfinde ich als Tierquälerei“: Fast 70% stimmten zu, nur 9% lehnten ab. Dennoch zeigt die Studie keinen signifikanten Einfluss des Attributs „Verzicht auf Enthornung“ auf das Kaufverhalten. Dies ist ein Indiz dafür, dass sich die allgemeine Einstellung zum Umgang mit Tieren nicht unbedingt im Verbraucherverhalten am Kühlregal wiederfindet. Zudem scheinen Verbraucher andere Tierwohlattribute stärker zu fokussieren, z.B. Weidegang.


Die Mehrheit der Befragten (58%) glaubt, mit ihrem Einkaufsverhalten das Tierwohl in der Milchviehhaltung verändern zu können. Außerdem stimmten mehr als 60% zu, dass höhere Tierwohlanforderungen in der Milchviehhaltung die Umwelt verbessern. Und, dass der Kauf von Tierwohlmilch die Landwirte und ländlichen Räume unterstützt (z.B. faire Löhne, Arbeitsplätze). Somit kennen Verbraucher ihre Marktverantwortung und den Einfluss ihrer Einkaufsgewohnheiten.


Bei ihren Einkaufsgewohnheiten gaben 77% an, häufiger bei Lebensmitteleinzelhändlern wie Edeka oder Rewe einzukaufen. Ein großer Teil (59%) besucht regelmäßig auch Discounter wie Aldi oder Lidl (Übersicht 3).


Wissen fehlt


Die deutschen Verbraucher wissen zu wenig über das Tierwohl in der Milchviehhaltung bzw. über die Milchviehhaltung generell. Das könnte daran liegen, dass sich die Verbraucher immer weiter von der heutigen Landwirtschaft entfernen. In dieser Studie war ein Viertel der Teilnehmer noch nie auf einem landwirtschaftlichen Betrieb. Bei 40% liegt der letzte Besuch über ein Jahr zurück.


Gut informiert über Tierwohl in der Milchviehhaltung fühlen sich nur 23% der Teilnehmer. Außerdem ist ein großer Anteil (44%) unsicher, ob es den Kühen in Deutschland allgemein gut geht.


Rund ein Drittel der Befragten orientiert sich beim Einkauf an bestimmten Labeln oder Siegeln. Nur 23% finden, dass Milch mit besonderen Tierwohlanforderungen leicht zu erkennen ist. Wenn die Mehrwerte leichter zu finden wären, könnten die Marktchancen für Tierwohlmilch weiter steigen.


patrick.liste@topagrar.com


patrick.liste@topagrar.com


Lesen Sie auch den Beitrag „Tierwohl: Geiz bleibt leider geil!“ ab Seite 130 in diesem Heft.


Unsere Autoren


Yascha Koik und Prof. Dr. Holger Thiele, Fachhochschule Kiel; Prof. Dr. Ulrich Enneking, Hochschule Osnabrück

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