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Trockenstehern ist es ab 20°C zu heiß

Lesezeit: 7 Minuten

Bei trockenstehenden Kühen lässt sich Hitzestress nicht an der Milchleistung oder der Fruchtbarkeit erkennen. Eignen sich dagegen Futteraufnahme, Liege- oder Wiederkaudauer als Frühwarnsysteme?


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Die Milchleistung und die Fruchtbarkeit laktierender Kühe verschlechtern sich durch hohe Temperaturen. Bei Trockenstehern fehlen vergleichbare Parameter. Bekannt ist, dass anhaltende Hitze in den drei Wochen vor der Kalbung ein geringeres Geburtsgewicht der Kälber zur Folge haben kann.


Offen ist aber, ob Hitze auch die Dauer des Liegens, der Futteraufnahme und des Wiederkauens bei trockenstehenden Kühen beeinflusst. Diese Parameter könnten zusätzlich zur gesteigerten Atemfrequenz schon früh vor Hitzestress warnen.


Messungen in vier Betrieben


Um das zu klären, fanden Untersuchungen in vier Milchviehbetrieben mit Kühen der Rasse Holstein Friesian statt. Alle Betriebe halten die trockenstehenden Kühe jeweils in einem abgetrennten Bereich. Die Gruppengröße variiert in Abhängigkeit von der Zahl hochtragender bzw. abkalbender Kühe.


Die Futtervorlage erfolgt einmal täglich, das Nachschieben des Futters zwei- bis fünfmal pro Tag. Betrieb III betreibt einen Kompostierungsstall, in dem sich auch die Trockensteher befinden. Diese muss der Landwirt vor jeder Melkung umtreiben, damit die laktierenden Kühe zum Melkstand gelangen können.


Die Erfassung der täglichen Liegedauer erfolgte in den Betrieben I bis III mit dem System der Firma Nedap (Sensor am Fußband). Im Betrieb IV fand die Analyse der Liegedauer mit dem System BayernWatch sowie zusätzlich der Wiederkaudauer der Kühe über das System Heatime statt. In der Datenauswertung sind Laktationsnummer und Tage nach dem Trockenstellen berücksichtigt.


Der Tagesmittelwert der Außentemperatur und die Außenluftfeuchte stammten von den Aufzeichnungen der jeweils nächstgelegenen Wetterstation. Auf Basis dieser Messwerte ließ sich der Temperatur-Luftfeuchte-Index (Temperature-Humidity-Index, THI) errechnen.


Hitze verkürzt Liegezeit


Hochleistende Kühe erzeugen neben der großen Menge an Milch auch viel Wärmeenergie. Diese müssen sie an die Umgebung abführen. Das gelingt ihnen im Stehen besser als im Liegen. Im Liegen können sie nämlich wegen der wärmeisolierenden Einstreuschicht kaum Wärme an den Fußboden abgeben. Bei Trockenstehern wirken offenbar dieselben Effekte. Vor allem in der Hochträchtigkeit müssen sie viel Wärme abgeben, sodass ähnliche Effekte auftreten dürften wie bei hochleistenden Kühen.


Im Tagesmittel lag die Temperatur in den Betrieben I, II und IV im gesamten Zeitraum bei 10 bis 11°C und im Betrieb III bei knapp 17°C. An einzelnen Tagen erreichte die mittlere Tagestemperatur 29 bis 31°C. Um den Effekt der Temperatur deutlich zu machen, wurden die niedrigsten und die höchsten 10% der Temperaturwerte und die mittleren 80% jeweils in eine Temperaturklasse zusammengefasst. Das verdeutlichte die Ergebnisse stärker als die Einteilung in drei gleich große Klassen.


Liegen: Bei den Trockenstehern entfällt der Einfluss der Melkzeit und die Liegedauer ist höher als bei laktierenden Kühen. Die mittlere Liegedauer war in den Betrieben I bis III mit 12,6 bis 12,7 Std. täglich sehr ähnlich. Die niedrigeren Werte in Betrieb IV könnten im Zusammenhang mit der anderen Messtechnik (BayernWatch) und der Haltung in einem Einraum-Stall mit Auslauf stehen. Entscheidend ist aber der Vergleich der Temperaturwirkung in jedem Betrieb:


Bis zu einem Tagesmittel der Außentemperatur von 20°C hatte die Temperatur keinen sichtbaren Einfluss. In allen vier Betrieben nahm die tägliche Liegedauer jedoch bei Temperaturwerten über 20°C (der Außentemperatur) deutlich ab (Übersicht 1, Seite R26). Im Mittel lagen die Temperaturen in dieser obersten Temperaturklasse zwischen 22 und 23°C, im Betrieb III noch deutlich darüber. Der Rückgang der Liegezeit in dieser Temperaturklasse betrug eine halbe bis dreiviertel Stunde in den Betrieben I und III und erreichte Werte von einer Stunde im Betrieb IV bis über 1,5 Stunden im Betrieb II.


An einzelnen Tagen stieg die Temperatur im Mittel des jeweiligen Tages auf 30°C und mehr. Da im (geschlossenen) Stall die Wärmeabgabe der Tiere hinzukommt, lag die Stalltemperatur noch darüber. Lediglich Betrieb III hatte einen Offenstall ohne Wände. Allerdings wird durch die Einstreumatte des Kompostierungsstalles Wärme „von unten“ erzeugt, die möglicherweise die Liegedauer beeinflusst. Nach Aussage des Betriebsleiters war zu erkennen, dass die Kühe im Sommer verstärkt den Außenbereich des Stalles zum Liegen aufsuchten.


Futteraufnahme und Wiederkauen nicht beeinflusst


In Betrieb IV erfolgte an 2328 „Kuh-Tagen“ (Anzahl Kühe mal Anzahl ausgewerteter Tage für jede Kuh) die Messung der Futteraufnahmedauer und der täglichen Wiederkaudauer.


Futteraufnahme: Hohe Temperaturen beeinflussten die Futteraufnahme nicht negativ. Jedoch ist zu beachten, dass streng genommen nicht die Dauer der Futteraufnahme, sondern die Aufenthaltsdauer am Futtertisch gemessen wird, die bei hoher Temperatur etwa 20 bzw. 40 min länger als bei geringerer war (Übersicht 2). Kühe stehen durchaus auch längere Zeit am Futtertisch ohne zu fressen. Insbesondere in der Nähe zum Stalltor könnte das längere dortige Stehen auch der Abkühlung gedient haben.


Wiederkauen: Bei laktierenden Kühen sinkt die Wiederkaudauer bei hohen Außentemperaturen deutlich. Dieser Zusammenhang zeigte sich bei den Trockenstehern nicht. Allerdings ist die Wiederkaudauer bei Trockenstehern generell niedriger als bei hochleistenden Kühen zu Beginn der Laktation. Im untersuchten Betrieb kauten die Trockensteher täglich rund 7,5 Std. wieder, das ist vergleichsweise kurz. Mit zunehmender Temperatur stieg der Anteil der Wiederkaudauer an der Liegedauer von 57,0% auf 69,2%. Das heißt, die Kühe lagen bei hohen Temperaturen zwar weniger lange, sie nutzten diese Zeit jedoch zum Wiederkauen.


Keine Zusatzinfo durch THI


Bei hohen Temperaturen können Kühe die Wärme weniger gut abgeben. Neben der Lufttemperatur beeinflussen auch Luftfeuchte und Luftgeschwindigkeit die Wärmeabgabe. Durch den THI lässt sich die Kombinationswirkung von Temperatur und Luftfeuchte auf Kühe in einem Parameter erfassen.


Für diese Auswertung wurden Zeiträume ausgewählt, in denen sowohl Angaben zu Temperatur, Luftfeuchte (um den THI zu berechnen) als auch zu den Tierparametern vorlagen. Insofern weichen die Mittelwerte etwas von den bisherigen Ergebnissen ab, wobei die Tendenz identisch ist. Zwischen dem THI und den Zielparametern Futteraufnahme, Liege- und Wiederkaudauer bestanden nahezu identische Beziehungen wie bei alleiniger Betrachtung der Außentemperatur. Das lässt sich damit erklären, dass die Luftfeuchte in der Stallumgebung nicht so stark stieg, dass sie die Tiere beeinflusste. Der Unterschied zwischen Außen- und Stalltemperatur (in Betrieb IV) war gering und es bestand eine enge Beziehung. Auf Basis der Temperatur lässt sich also unter den beschriebenen Klimaverhältnissen in Deutschland dieselbe Aussage bezüglich der Auswirkungen auf die Tiere ableiten wie mit dem THI.


Das hilft bei Hitze


Mit großer Wahrscheinlichkeit puffern Kühe kurze Perioden hoher Stalltemperaturwerte auch ab, indem sie Körperfett einschmelzen. So konnten Untersuchungen zeigen, dass bei steigender Temperatur die theoretisch mögliche Milchmenge über die Energieaufnahme niedriger als die erzeugte Milchmenge war. Daraus leitet sich die Schlussfolgerung ab, dass Kühe zumindest über einen bestimmten Zeitraum hinweg die Milchleistung auch bei einer reduzierten Futteraufnahme relativ konstant halten können.


Um diese Belastung jedoch zu verringern, gilt es, Hitzestress mit verschiedenen Maßnahmen zu vermeiden:


  • Im Trockensteherstall sollten temperaturgesteuerte Ventilatoren laufen, um bei liegenden Tieren die isolierende Luftschicht unmittelbar um das Tier zu reduzieren. Auch in Offen- sowie Kompostierungsställen sind Ventilatoren sinnvoll, um Wärme, Wasser und Schadgase über den Tieren durch die Luftströmung abzuführen.
  • Zusätzlich sind gesteuerte Wasserkühlungen sinnvoll.
  • Die Zahl der Tränkestellen und die Durchflussrate müssen eine hohe Wasseraufnahme der Kühe ermöglichen. Diese saufen im Sommer durchaus über 100 l/Tier und Tag. Eine bedarfsgerechte Fütterung mit hygienisch einwandfreien Futtermitteln ist ebenso Voraussetzung für eine entsprechende Futteraufnahme im Sommer.


katharina.luetke-holz@topagrar.com

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