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Von der Jungviehaufzucht zur Hofmolkerei

Lesezeit: 7 Minuten

Familie Schulte Althoff aus Südkirchen ist von der Jungviehaufzucht in die Milchproduktion mit eigener Hofmolkerei umgestiegen.


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Ich wollte schon immer meine eigenen Milchprodukte herstellen und irgendwann haben wir einfach den ersten Schritt gewagt“, sagt Julia Schulte Alt- hoff aus Südkirchen (Nordrhein-Westfalen). Sie verarbeitet einen Teil der Milch in der eigenen Molkerei. Zusammen mit ihrem Mann Martin vermarktet sie Milch, Joghurt und Quark über eine Hütte mit Selbstbedienungsautomaten und über andere Direktvermarkter in der Region. Dabei sind die beiden erst vor drei Jahren in die Milchproduktion eingestiegen. Einen Bezug zur Landwirtschaft hatte das Paar schon immer. Julia Schulte Althoff ist gelernte Landwirtin und kommt von einem Milchviehbetrieb aus Haltern. Ihr Mann war vor seiner landwirtschaftlichen Lehre im Maschinenbau tätig. Die heutige Betriebsstätte erbte das Paar von der Familie der Betriebsleiterin.


klein gestartet


Das Ehepaar schloss 2010 mit dem Bruder von Julia Schulte Althoff, der den elterlichen Betrieb weiterführt, eine GbR und zog dessen Nachzucht auf.Mit dem Ende der Milchquote wagten Schulte Althoffs 2016 einen Neustart mit 50 Jungkühen. Die beiden Landwirte bauten einen Doppel-Achter-Fischgrätenmelkstand ein. Mittlerweile melken sie 70 Kühe. Zusätzlich ziehen sie die Nachzucht ihres Bruders auf. Die Tiere stehen jetzt zur Miete auf dem Hof.


Mit einem Milchautomaten ausgestattet, startete die Familie sofort mit dem Ab-Hof-Verkauf ihrer Milch. Im Jahr darauf ging das Ehepaar einen Schritt weiter: Anfang 2017 begannen sie mit der Weiterverarbeitung ihrer Milch. Sie entschieden sich für eine schlüsselfertige, voll ausgestattete Container-Molkerei. „Wir haben uns gedacht, wenn der Plan nicht aufgeht, verkaufen wir die Molkerei wieder“, begründen die Betriebsleiter. Schon im Vorfeld musste feststehen, für welche Mengen und Produkte der Container ausgelegt sein soll. Ausrichtung und Kapazität der Molkerei planten Schulte Althoffs eigenständig. „Das vorherzusagen, war schwierig. Wir hatten noch keine Erfahrung und wussten auch noch nicht, wie die Produkte ankommen“, erinnert sich Martin Schulte Althoff. Sie entschieden sich für einen 27 m2 großen Container mit einem 15 m2 großen Produktionsraum. In einem 300 Liter-Kessel lassen sich Produkte der weißen Linie, wie Trinkmilch oder Joghurt, herstellen.


Während Martin Schulte Althoff überwiegend für Stallarbeiten und die Milchproduktion zuständig blieb, stieg seine Frau in die Milchverarbeitung ein. Sie startete mit der Herstellung von Joghurt und pasteurisierter Milch. Besonders der Joghurt ließ sich gut vermarkten und erhöhte den Absatz der Milchtankstelle. Die Familie erweiterte das Angebot schrittweise und bietet heute auch Schichtkäse, Frischkäse, Quark, Trinkjoghurt und Dickmilch an. „Unser Ziel ist es, dass Milch und Joghurt wie damals bei Oma schmecken“, erklärt Julia Schulte Althoff. Der natürliche Fettgehalt in allen Produkten sorge für vollen Geschmack und verschiedene Bio-Fruchtzubereitungen bieten Abwechslung. Neben klassischen Sorten, wie Blaubeere und Kirsche, bieten sie saisonal z.B. Pflaume-Zimt oder Blutorange an. Der Preis für einen 500 g-Becher Naturjoghurt beträgt 1,50 €. Ein 500 g-Becher Quark kostet 2,50 €. Denn darin stecken etwa 2,5 l Milch.


Schulte Althoffs verkaufen die Produkte über ihre Hütte und andere Direktvermarkter. Für den Lebensmitteleinzelhandel möchten sie nicht produzieren. „Die Produkte sollen etwas Besonderes bleiben und wir möchten nicht an feste Lieferverträge gebunden sein“, sagt die Landwirtin. Damit sie ihre Produkte ausliefern können, schaffte sich der Betrieb ein Auto mit integrierter Kühlung an. Ein Angestellter bringt zweimal in der Woche alle Bestellungen zu den Weiterverkäufern im Münsterland und Ruhrgebiet.


70000 kg Milch vermarktet


Auf Facebook hält Julia Schulte Althoff ihre Kunden über das Sortiment auf dem Laufenden. Mehr Werbung betreibt die Familie für ihre Produkte nicht, sondern vertraut vor allem auf Mund-zu-Mund-Propaganda. Mittlerweile kommen ihre Kunden nicht nur aus der direkten Umgebung, sondern auch von weiter her. Überzeugt seien diese von der Qualität und Regionalität der Produkte. Julia Schulte Althoff macht die Produktion abhängig von der aktuellen Nachfrage. Im Schnitt stellt sie an fünf Produktionstagen in der Woche ca. 500 kg Joghurt, 80 bis 100 kg Quark und 600 l pasteurisierte Milch her. Inzwischen unterstützen drei Teilzeit-Mitarbeiter die Landwirtin in der Molkerei.


Im Jahresverlauf 2018 stockten Schulte Althoffs ihren Kuhbestand von 50 auf 70 Tiere auf und produzierten insgesamt etwa 620000 l Milch. Den Großteil lieferten sie an das Deutsche Milchkontor (DMK). Einen Anteil von ca. 55000 kg haben sie zu eigenen Produkten weiterverarbeitet und zusätzlich rund 15000 kg Milch über die Tankstelle verkauft. In Zukunft möchte das Paar jährlich 150000 kg Milch weiterverarbeiten.


Um Kunden zu halten, bieten die Landwirte ständig neue Produkte an. Der enge Austausch mit den Kunden bringt beide immer wieder auf neue Ideen. So legten sie sich 2018 ein eigenes Hühnermobil zu, weil viele Käufer an hofeigenen Eiern interessiert waren. Die Eier der 200 Hennen sind meistens noch vor dem Mittag vergriffen. Darum wollen Schulte Althoffs die Hühnerhaltung ausbauen.


Altes Handwerk – Neu gelernt


Damit sie ihre Produkte verkaufen darf, musste Julia Schulte Althoff einen Sachkundenachweis zur Lebensmittelhygiene und ein Gesundheitszeugnis ablegen. Um Praxiswissen in der Weiterverarbeitung zu erhalten, belegte das Paar Workshops. Während die Direktvermartkung bereits lief, entschied sich die Landwirtin zusätzlich für eine Ausbildung zur „Fachagrarwirtin für Handwerkliche Milchverarbeitung“. Am Landwirtschaftlichen Zentrum Baden-Württemberg lernte sie zweimal jährlich in zwölf Blockseminaren alles über die Käse- und Joghurtherstellung.


Martin Schulte Althoff unterstützte seine Frau in dieser Zeit. „Wir sind froh, dass Julia diese Ausbildung gemacht hat. Das hat uns ein Netz mit vielen Kontakten beschafft. Auch wenn das für uns eine anstrengende Zeit war.“ Während ihrer Seminare kümmerte sich Martin Schulte Althoff um Hof, Molkerei, Milchtankstelle und die Betreuung ihrer zwei Kinder. Unterstützung bekamen sie in dieser Zeit vor allem von den Großeltern.


Kosten – Was steckt drin?


Das Projekt Hofmolkerei kostete nicht nur eine Menge Arbeit. Die Familie investierte auch rund 150000 € in Milchtankstelle, Molkerei und Lieferwagen. Für einen Liter Milch, den Schulte Althoffs an die DMK liefern, erhalten sie einen Grundpreis von 30 Cent. Die eigene Milch wird innerbetrieblich mit kalkulatorischen 40 Cent verrechnet.


Allerdings geben die Landwirte zu bedenken, dass der Erlös hart erarbeitet ist und alle Beteiligten der Molkerei in der Summe 60 Arbeitsstunden pro Woche kostet. Doch schon jetzt ist das Paar mit der finanziellen Entwicklung ihres Betriebszweigs zufrieden.


Familie geht vor


Um den hohen Arbeits- und Zeitaufwand von Milchviehbetrieb und Direktvermarktung organisieren zu können, plant das Betriebsleiterpaar den Tagesablauf genau durch: Vormittags erledigen sie den Großteil der Arbeiten in Molkerei und Stall. Nachmittags übernehmen die Angestellten. So haben die Eltern mehr Zeit für ihre zwei Töchter. Noch liegengebliebene Arbeiten erledigen sie am Abend. „Manchmal fehlt uns ein Altenteil im Haus, der im Notfall einspringen kann“, sagt Martin Schulte Althoff. Um ihn zu entlasten, stellte das Paar einen Festangestellten für den Hof ein. Bei der Kinderbetreuung und im Haushalt unterstützt sie ein Au-pair-Mädchen aus der Mongolei.


Trotz der vielen Arbeit geht für beide die Familie vor. So blieb bei ihnen die Milchtankstelle über Weihnachten zwar geöffnet, jedoch füllten sie das Sortiment im Tagesverlauf nicht auf. Da kam es dann auch schonmal vor, dass einzelne Produkte ausverkauft waren, so die Betriebsleiter. Ihre Kunden brachten dafür aber Verständnis auf.


Zukunftspläne


Für die Zukunft schmieden Schulte Althoffs bereits weitere Pläne. Sie wollen möglichst bald auf eine nachhaltige Produktverpackung umsteigen, wie z.B. Mehrweg- oder ökologisch abbaubare Verpackungen. Für ein Mehrweg-System aus Glas müsste die Familie aber hohe Auflagen von der Lebensmittelüberwachung erfüllen. Hinzu kommt, dass kompostierbare Becher hohe Temperaturen während der Joghurtherstellung aushalten müssen. Denn stichfester Joghurt wird mit Verpackung etwa sieben bis acht Stunden bei über 40°C bebrütet.


Darüber hinaus beabsichtigt das Paar den angrenzenden Altbau in einen Hofladen umzubauen. Eine Zapfanlage für Joghurt soll dort das Verpackungsproblem lösen. Im Hofladen wollen sie mehr eigene Produkte verkaufen und künftig auch handgemachten Schnittkäse anbieten. Dazu plant die Familie ihre Molkerei auszubauen. Zudem möchten sie das Fleisch von eigenen Rindern im Laden vermarkten.


Woher das Paar den Antrieb für seine Pläne nimmt, ist für Julia Schulte Althoff leicht zu erklären: „Die Direkvermarktung und Milchviehhaltung machen uns Spaß. Unser Ziel ist es nicht, irgendwann keine Milch mehr an die DMK zu liefern. Vielmehr wollen wir uns mehrere Standbeine aufbauen, die sich gegenseitig tragen können.“


Christin Heidemann


anke.reimink@topagrar.com

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