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Warum Österreichs Bauern selbst besamen

Lesezeit: 6 Minuten

Die Kurse für Eigenbestandsbesamer sind in Österreich ständig ausgebucht. Warum besamen so viele Bauern selbst? Landwirtin Magdalena Schönauer gibt einen Überblick.


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Rasante Entwicklung: In den letzten zehn Jahren ist der Anteil der Betriebe in Österreich, die ihre Kühe selbst besamen, von 29 auf 45% gestiegen. Damit gibt es in Österreich doppelt so viele Eigenbestandsbesamungen wie in Deutschland (Übersicht).


Die junge Generation der Betriebsleiter in Österreich hat dafür eine simple Erklärung: Die Eigenbestandsbesamung ist eine Basiskompetenz des modernen Milchviehhalters. Sie macht den Landwirt unabhängig.


Für die Entwicklung in Österreich gibt es weitere Gründe. Die Betriebe wachsen, viele liegen jedoch in Bergregionen, die schwer erreichbar sind. Außerdem können die Tierärzte allein die wachsende Nachfrage nicht decken.


Zeitgerecht besamen:

Auch wenn etwa 55% der Landwirte ihren Betrieb im Nebenerwerb bewirtschaften, stieg die Herdengröße von 1995 bis 2013 von 20 auf 29 Rinder pro Betrieb. Die Milchleistung stieg ebenfalls um 2000 kg auf rund 7200 kg/Jahr im Mittel. Damit wird auch das Management der Milchviehbetriebe professioneller. Sie wollen die Verantwortung für die Fruchtbarkeit ihrer Kühe selbst in der Hand haben. Mit der Eigenbestandsbesamung können sie den Zeitpunkt der Besamung und damit auch ihren Erfolg beeinflussen.


Ein Hauptgrund für die große Zahl der Eigenbestandsbesamer ist auch die Abgelegenheit vieler Betriebe. Die Berggebiete machen in Österreich mehr als 50% der landwirtschaftlich genutzten Fläche aus. Das bedeutet lange Anfahrtswege für Tierärzte und Besamungstechniker. Dort sei es für diese schwer, die Besamung zeitgerecht und kostendeckend durchzuführen, sagt Peter Stückler von der Besamungsorganisation Genostar. Hinzu kommt: Die Zahl der Besamungstechniker in Österreich ist gering. Und die Tierärzte schaffen es in Gegenden mit stark wachsenden Herdengrößen zum Teil nicht, die Nachfrage zu bedienen.


„Ohne die Eigenbestandsbesamer könnten wir es nicht schaffen“, sagt Dr. Franz Geweßler, Rindertierarzt in Oberösterreich und Bayern. Seine Praxis macht derzeit noch 10000 Besamungen pro Jahr. Aufgrund des Tierärztemangels werde sie die künstliche Besamung aber bald aufgeben müssen, wie viele große Rinderpraxen. Das System der Eigenbestandsbesamung sei deshalb zum gegenseitigen Vorteil von Landwirt und Tierarzt.


Die Besamungsstationen:

In Österreich gibt es fünf zugelassene Besamungsstationen, die Besamungsbullen halten. Hinzu kommen elf Samendepots. Diese halten keine Besamungsbullen, arbeiten aber mit einer oder mehreren Besamungsstationen zusammen und sind zudem an der Zucht beteiligt. Besamungsstationen oder -organisationen sind meist als Kapitalgesellschaften organisiert und eng mit den Zuchtverbänden verbunden. Die Landwirtschaftskammern sind oft Anteilseigner oder Mutterorganisationen der Besamungsstationen.


Die größte Besamungsorganisation in Österreich ist die Genostar Rinderbesamung GmbH. Sie entstand aus dem Zusammenschluss der Besamungsstationen Gleisdorf und Wieselburg. Das Unternehmen betreut mit 140000 etwa ein Drittel der Herdbuchkühe in Österreich. Sein Versorgungsgebiet liegt hauptsächlich in den Bundesländern Steiermark, Niederösterreich, Salzburg und Burgenland.


Ein Ziel aller Stationen und Depots ist die Versorgung der Eigenbestandsbesamer und Tierärzte mit Samen.


Lückenlose Versorgung:

Diese kommen aus eigener Produktion sowie von importierten Zuchtbullen. Die Genostar Rinderbesamung GmbH zum Beispiel bringt das Sperma bei regelmäßigen Touren zu Versorgungspunkten in ihrer Region. Dort können Eigenbestandsbesamer dann die Spermaportionen abholen und den Stickstoff nachfüllen lassen. Tierärzte, die einen höheren Durchsatz haben, beliefert das Unternehmen alle drei Wochen. Auch Samendepots wie das Depot Perkohof oder die Besamung Kleßheim betreuen Landwirte mit Versorgungstouren.


Die österreichischen Landwirte schätzen den Service ihrer Depots und Stationen: „Sonderwünsche sind überhaupt kein Problem. Jeden Stier, den man haben möchte, bekommt man auch“, sagen Franz Meislinger und Martin Steiner.


Neben dem Vertrieb im Land nimmt der Samenexport aus Österreich in andere Länder ständig zu. In den letzten zehn Jahren stieg er um 70% auf rund 730000 Portionen. Damit liegt der Export deutlich über dem Import.


Die Einstiegskurse spielen eine Schlüsselrolle im Erfolg der Eigenbestandsbesamung in Österreich. „Wir machen etwa zehn Durchgänge pro Jahr, und das seit über zehn Jahren“, sagt Kurt Matschnigg. Der Tierarzt organisiert die Kurse für das Samendepot Perkohof. Die Nachfrage sei enorm, die Stationen und Depots könnten den Bedarf kaum decken.


Kurse sind gefragt:

Das Einzugsgebiet der Kurse geht über das jeweilige Bundesland hinaus. „Zu uns kommen sogar viele Teilnehmer aus dem Ausland, etwa aus Slowenien, Südtirol oder auch Deutschland“, sagt Matschnigg. Zum Teil müssen Interessierte lange auf einen Kursplatz warten.


Besserung ist nicht in Sicht, denn die Anforderungen an die Organisation der Kurse steigt. Nach dem Tierversuchsgesetz muss die Besamungsorganisation den Kurs inzwischen als Tierversuch genehmigen lassen. Die Genostar Rinderbesamung GmbH lässt die Kurse deshalb durchgehend von Tierärzten überwachen. Außerdem kauft das Besamungsunternehmen Kühe von verschiedenen Zuchtbetrieben an. Diese muss das Unternehmen über die Dauer des Kurses versorgen.


„Durch eine ausreichende Anzahl an Übungskühen verhindern wir eine Überbelastung des einzelnen Tieres“, erklärt Stückler. Wegen des hohen Aufwands ist die Teilnehmerzahl bei den Kursen auf zwölf begrenzt. Außerdem gibt es klare Vorgaben für die theoretischen und praktischen Grundkenntnisse, die der Kurs vermitteln soll.


Kritik an der großen Zahl der Eigenbestandbesamer gibt es kaum. Doch nicht jeder Landwirt besamt nach dem Kurs seine Kühe selbst. „So wie anderswo auch, gibt es bei der Eigenbestandsbesamung erfolgreiche und weniger erfolgreiche Betriebe“, sagt Dr. Franz Kritzinger, Rindertierarzt aus Oberösterreich. Die Tierärzte seiner Praxis besamen 12000 Kühe im Jahr. Wichtig sei in dieser Sache, bei Problemen stets im offenen Gespräch mit dem Betreuungstierarzt zu bleiben.


Gemeinden fördern:

Die anfänglichen Investitionen eines Eigenbestandsbesamers sind relativ hoch. Die Kosten für einen Grundkurs betragen zwischen 300 und 400 €. Ein Stickstoffbehälter kostet zwischen 400 und 700 € (inkl. MwSt.). Daher teilen sich auch einige Landwirte die Tanks mit ihren Nachbarn. Hinzu kommen die Kosten für Equipment wie Besamungspistolen.


Doch Zuschüsse erleichtern den Start: Die Tierzuchtgesetze der meisten Bundesländer sehen vor, dass die Gemeinden die Besamung unterstützen. Das heißt, sie beteiligen sich an den Besamungskosten oder halten Deckbullen. Wie hoch der Zuschuss ist, regeln die Bundesländer individuell. Dabei spielt es keine Rolle, wer die Besamung durchführt, Tierarzt oder Eigenbestandsbesamer.


-klh-

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