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Was die Gene verraten

Lesezeit: 7 Minuten

Fast alle heimischen Zuchtorganisationen und internationalen Spermaimporteure bieten inzwischen die Genotypisierung der eigenen Rinder an. Dadurch lassen sich gezielte Management-Entscheidungen treffen und Kosten sparen.


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Die Herdentypisierung entwickelt sich immer mehr zu einem unverzichtbaren Teil im Betriebsmanagement. Inzwischen nutzen deutschlandweit bereits 1600 Betriebe die Herdentypisierung, das entspricht 15,3% aller Holsteinkühe im Herdbuch. Die Gründe für die Herdentypisierung liegen auf der Hand: Futterknappheit, Nährstoffbilanzen, steigende Stall- und Flächenkosten erfordern eine immer effektivere und zielgerichtetere Jungviehaufzucht. Mit der Typisierung können individuell betriebliche und betriebswirtschaftliche Strategien mit den genetischen Zielen kombiniert werden.


Qualität der Anpaarung verbessern


Die genomische Zuchtwertschätzung hat sich in den vergangenen zehn Jahren in Deutschland etabliert. Der Anteil der Erstbesamungen mit genomischen Bullen liegt derzeit bei ca. 80%. Genomische Zuchtwerte haben im Vergleich zum Pedigree-Zuchtwert eine deutlich höhere Sicherheit (ca. 70% vs. 24%). Dadurch hat der Zuchtfortschritt auf Seite der Bullen gewaltig an Fahrt aufgenommen. Mit Herdentypisierungen ist dies nun auch auf der weiblichen Seite möglich. Dadurch verbessert sich auch die Qualität der Anpaarung:


  • Paart man ein Jungrind mit Pedigreezuchtwert (24% Sicherheit) an einen töchtergeprüften Bullen (97%) bzw. einen Genomischen Jungvererber (69%) an, so liegt die Sicherheit der Anpaarung nur bei 30% bzw. 23%.
  • Liegen vom Jungrind Typisierungsergebnisse und damit Sicherheiten von 69% vor, so steigen die Sicherheiten der Anpaarung auf 42% mit einem geprüften Bullen bzw. 35% mit einem Genombullen.


Warum typisieren?


Der Zuchtfortschritt ist aber nur ein Vorteil, der mit Typisierungen erreicht werden kann. Für die meisten Milchkuhhalter ist der praktische Nutzen noch wichtiger. Denn mit Herdentypisierungen können fundierte Management-Entscheidungen getroffen werden:


  • Welche Kälber ziehe ich auf, welche kann ich verkaufen?
  • Welche Jungrinder belege ich mit gesextem Sperma?
  • Welche Tiere eignen sich als Spender-, bzw. als Empfängertiere bei Embryotransfer(ET)/Invitro-Fertilisation (IVF)?
  • Welche Kühe besame ich mit einem Fleischrassebullen?
  • Wie entwickelt sich meine Herde in den mir wichtigen Merkmalen?


So läuft die Typisierung ab


Meist wird ein Vertrag mit der Zuchtorganisation abgeschlossen. Hier werden Konditionen, wie z.B. welcher Anteil Vererber der Zuchtorganisation eingesetzt werden muss, ein Vorkaufsrecht für hochgeschätzte Jungrinder oder die Vertragslaufzeit festgelegt. Davon abhängig sind die Kosten pro Typisierung. Diese liegen bei 22 bis 49 € je Tier.


Viele Betriebe beginnen mit der Typisierung von ca. 11 Monate alten Jungrindern, die dann zur Besamung anstehen (Analysezeitraum 3 bis 7 Wochen beachten!), gleichzeitig mit den neugeborenen, weiblichen Kälbern. „Ich empfehle aber, gleich zu Beginn alle jungen Tiere bis zur ersten Besamung zu typisieren, zumindest aber einen kompletten Geburtsjahrgang“, meint Dr. Dierck Segelke, VIT Verden. „Nur so erhält der Betrieb einen verlässlichen Eindruck davon, wo er steht. Nur auf dieser Grundlage kann der Betrieb effektiv mit den Zahlen arbeiten und für ihn realistische Selektionsgrenzen festlegen, z.B. wo fangen in meinem Betrieb die schlechtesten 20% an“


Die Entscheidung, welche Tiere typisiert werden sollen, kann einem auch das Auswahl-Programm „Elevate“ von Semex abnehmen. Das Programm errechnet aufgrund der betriebsspezifischen Daten wie z.B. Remontierung und Herdengröße in ein, zwei oder fünf Jahren, wie viel Stück weibliche Nachzucht pro Jahr erzeugt werden muss. Daraus resultiert eine Empfehlung zum Einsatz von gesextem, konventionellem und Fleischrasse-Sperma sowie der Nutzung von ET/IVF und auch wie viel Prozent der Jungtiere beprobt werden müssen, um die Strategie zu erfüllen. Dabei findet eine Vorselektion aufgrund der Pedigree-Zuchtwerte (ZW) statt. Es wird davon ausgegangen, dass die Spitzentiere nach Pedigree-ZW tatsächlich sehr gut sind und damit u.U. gar nicht genoypisiert werden müssen. Je größer die Selektionsmöglichkeiten und Nutzungsvarianten am Betrieb sind, desto größer wird auch der Anteil an vorgeschlagenen Typisierungen.


Aufbereitung der Ergebnisse


Ist die Entscheidung auf die relevanten Tiere gefallen, werden Probesets bestellt. Die heimischen Zuchtverbände arbeiten mit Ohrstanzproben (weißen Gewebeohrmarken), ausländische Spermaimporteure nutzen u.a. auch Haarproben. Die Haare sollten am besten mit einer Zange von der Stirn der Tiere gezogen werden, dort ist die Gefahr einer Verunreinigung (z.B. durch Kuhbürsten) am geringsten. Je nach Besamungsorganisation erhalten die Landwirte zwischen drei und sieben Wochen nach der Beprobung die Typisierungsergebnisse. Diese enthalten


  • die genomischen Zuchtwerte,
  • genetische Besonderheiten wie Erbfehler, Hornstatus, Rotfaktor und
  • eine Kontrolle der Abstammung. Falls die Abstammung fehlerhaft oder unbekannt ist, werden über den Elternfinder die richtigen Eltern ermittelt.


Die Daten werden zumeist online bereitgestellt. Spermaimporteure geben die Zuchtwerte auf der jeweiligen US-amerikanischen, kanadischen bzw. niederländischen Basis aus. Schließlich stehen pro Tier rund 60 verschiedene Zuchtwerte zur Verfügung, da verliert man schnell den Überblick und benötigt Zeit und Muße sich durch den „Zahlendschungel“ zu lesen.


Analyseprogramme erleichtern die Entscheidungen


Eine große Hilfestellung bei der Auswertung der Typisierungsergebnisse, ist die Aufbereitung der Daten. Die heimischen Zuchtorganisationen veröffentlichen die Zuchtwerte online in „Netrindgenom“. Dort bieten Einzeltierseiten und Tierlisten einen schnellen Überblick über das genetische Niveau der Herde. Hier können die Tiere nach verschiedensten Parametern gefiltert und sortiert werden. Zudem gibt es interaktive Diagramme, die Entscheidungen erleichtern sollen und horizontale Betriebsvergleiche, um individuelle Stärken und Schwächen zu erkennen. Die genomischen Zuchtwerte können zudem im Bullenanpaarungsprogramm (BAP) verwendet werden. Hier werden auch Fleischrasse-Bullen sowie gesexte Anpaarungen berücksichtigt. Die Ergebnisse aus BAP werden automatisch nach „Netrindgenom“ übertragen. „Außerdem erarbeiten wir gerade ein Beratertool, welches dem Landwirt ermöglichen soll, optimale Entscheidungen mit dem Zuchtberater zu treffen“, berichtet Dr. Segelke.


Mit „Elevate“ von Semex und dem „Herdoptimizer“ von CRV sind auch von ausländischen Spermaimporteuren bereits nützliche Analyseprogramme auf dem Markt, die dem Milchviehhalter ganz konkret für jedes einzelne Tier einen Nutzungsvorschlag anbieten. Entsprechen die Tiere genetisch nicht den Erwartungen und Zielen des Betriebs wird z.B. ein Verkauf oder die Belegung mit Fleischrassebullen vorgeschlagen. Für die genetisch interessanten Tiere wird ein konkreter Anpaarungsvorschlag unterbreitet.


In „Elevate“ werden für jedes Tier zusätzlich zu den „Standard-Zuchtwerten“ auch zwei betriebsindividuelle Zuchtwerte erzeugt: 1. Betriebsindex mit eigenem Zuchtziel, gewichtet nach Leistung, Gesundheit sowie Exterieur und 2. Ökonomie-Zuchtwert, erzeugt aus betriebseigenen Produktionskennzahlen und Kosten. Alle Typisierungsergebnisse sowie Nutzungsvorschläge werden dem Milcherzeuger in einer großen Excel-Tabelle sowie der Handy-App zur Verfügung gestellt; außerdem können die Daten mittels csv-Datei in kompatible Herdenmanagement-Programme übertragen werden.


Der „Herdoptimizer“ übersetzt die Typisierungsergebnisse der Tiere in ein Punktesystem. Neben der Einstellung des individuellen Zuchtziels kann auch die Zuchtrichtung bei Exterieurmerkmalen (z.B. Hinterbeinwinkel, Strichlänge, Beckenneigung oder Größe) definiert werden. So erhalten beispielsweise extrem große Tiere einen Abzug, wenn das Zuchtziel des Landwirts das vorgibt. In einer Grafik zeigt die durchschnittliche grüne Linie den Zuchtfortschritt der Herde an (siehe Bild, Seite R 24). Liegen die Kühe mit ihrem Punkt darüber, sind sie besser als das Ziel und werden grün angezeigt (behalten empfohlen!). Liegen sie (weit) darunter, ist der Punkt rot (abgeben empfohlen!). Außerdem wird der Rang des Einzeltieres in der Herde, der gleichen Tiergruppe (z.B. Jungvieh) und innerhalb aller Tiere des Betriebs angezeigt.


Zusatznutzen


Nicht nur der zeitliche Aufwand, auch das für die Typisierung in die Hand genommene Geld lohnt sich später. Betrachtet man das ökonomisch sehr wichtige Merkmal Milchleistung, so wird offensichtlich, dass eine gezielte Selektion nach Höhe des genomischen Zuchtwertes „gZW Mkg“ klare ökonomische Vorteile bringt. Die Differenz der phänotypischen Durchschnittsleistungen von der schlechtesten bis zur besten gZW-Gruppe von typisierten Jungrindern liegt später bei 1641 kg Milch im Durchschnitt pro Färse in der ersten Laktation.


Außerdem lassen sich die Aufzuchtkosten für jede nicht benötigte und damit nicht aufgezogene Färse sparen. Zusätzlich dienen die DNA-Ergebnisse auch als Managementhilfe, um Schwachpunkte im Betrieb auszumachen. felicitas.greil@topagrar.at

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