Für Kälber mit einer angeborenen Sehnenverkürzung gibt es jetzt spezielle Beinschienen. Nach wenigen Tagen sollen die Tiere normal laufen. Ob das stimmt, hat top agrar getestet.
Kälber mit einer Beugesehnenverkürzung machen viel Arbeit: Mehrmals täglich versuchen Landwirte die Tiere mit verkürzten Sehnen am Fesselgelenk aufzustellen bzw. ans Laufen zu bekommen. Zum Teil greifen sie dabei auf selbstkonstruierte Bandagen zurück. Im Extremfall muss ein Tierarzt die verkürzte Sehne operieren und das Bein eingipsen.
Da klingt die Idee der Fa. horizont verlockend: Sie bietet spezielle Beinschienen für Kälber mit einem Sehnenstelzfuß an. Die Schienen bestehen aus einer Kunststoffhartschale mit Polsterung sowie drei Klettverschlüssen. Landwirte sollen sie so anlegen, dass das Fesselgelenk der betroffenen Kälber fixiert ist. Die Schiene wiegt 70 g und ist 22 cm lang. Die Unterkante sollte dabei nur knapp über dem Boden stehen. Sobald sich der Zustand gebessert hat, sollten Landwirte die Schiene wieder abnehmen (laut Hersteller spätestens nach vier Wochen).
Durchwachsenes Urteil:
top agrar wollte wissen, was die Beinschienen taugen. Dazu haben Hilmar Zarwel, Herdenmanager in der Lehr- und Versuchsanstalt in Iden (Sachsen-Anhalt) und Lutz Gresch, Tierärztliche Gemeinschaftspraxis Bad Liebenwerda (Brandenburg), die Schienen unter Praxisbedingungen getestet. Beide haben zwischen Dezember 2016 und August 2017 jeweils vier Kälber mit verkürzten Sehnen behandelt. Sie fällen ein durchwachsenes Urteil:- Anlegen: Das Anlegen der Beinschienen bei den Kälbern ist selbsterklärend und einfach. Wichtig ist, dass sie fest sind und stramm sitzen. Dafür sind zwingend zwei Personen nötig: Eine fixiert das Kalb, die andere legt die Schiene an. Tierarzt Gresch hatte ein Kalb mit einer so starken Sehnenverkürzung, dass er die starren Beinschienen nicht fixieren konnte. Hier hat er auf Verbände zurückgegriffen.
- Verlauf: Mindestens einmal täglich sollten die Betreuer kontrollieren, ob die Beinschienen noch richtig sitzen. Gegebenenfalls müssen sie nachjustieren. Denn es besteht die Gefahr, dass die Schienen die Haut am Fesselgelenk wund scheuern. In Iden ist das bei einem Kalb passiert. Herdenmanager Zarwel hat die Schienen maximal zwölf Tage umgelassen, Tierarzt Gresch maximal fünf Tage.
- Heilung: In Iden waren alle vier Kälber nach der Behandlung geheilt. Bei Gresch ist die Beinschiene bei dem Kalb mit der starken Sehnenverkürzung gescheitert, bei den anderen drei Kälbern hat sie geholfen. Wobei der Tierarzt einschränkt: „Die Kälber hatten nur eine leichte Sehnenverkürzung. Vermutlich hätten sie auch ohne Schiene, aber mit einer intensiven Betreuung nach einigen Tagen selbst laufen können.“
- Material: Fa. horizont preist die Beinschienen als „besonders haltbar“ an. Das hat sich in unserem Praxistest nicht bestätigt: An einer Schiene riss die Naht des Klettverschlusses, an einer anderen brach der gesamte Klettverschluss von der Hartschale ab. Zudem zeigte die Polsterung in der Hartschale deutliche Risse. Und das alles nach nur wenigen Einsätzen.
- Hygiene: Um den Verschleiß nicht noch weiter zu verschärfen, empfehlen unsere Tester, die Schienen nur per Hand zu reinigen. Am Klettverschluss bleibt aber Stroh hängen, das sich kaum entfernen lässt.