Die Talsohle ist durchschritten, die Milchpreise steigen wieder. Was ist noch drin bis zum Jahresende?
Endlich geht es wieder in die richtige Richtung. „Spätestens für November halten wir einen Grundpreis von 30 ct/kg für durchaus realistisch“, sagt Ralf Hinrichs, Geschäfts-führer der Molkerei Ammerland aus Wiefelstede (Niedersachsen). In Süddeutschland hat die Bayern MeG gerade einen Vertrag mit knapp 29 ct/kg (4,0% Fett, 3,4% Eiweiß, ohne Zu-/Abschläge, netto) ab November abgeschlossen.
Verwertungen steigen.
Auch andere Molkereien dürften in den nächsten Monaten wieder eine „3“ vorne haben. Denn alle Verwertungen ziehen momentan spürbar an:- Pulver und Butter: Der Kieler Rohstoffwert Milch (Verwertung für Pulver und Butter) lag im August bei 27,5 ct/kg. Im September wird er leicht zulegen, im Oktober stärker. Denn dann dürften höhere Preise für abgepackte Butter gelten. Weil die EU-Kommission vorerst kein Pulver aus den Interventionsbeständen auslagern will, wird auch der Preis für Milchpulver weiter steigen (Übersicht). Deshalb ist zum Jahresende eine Verwertung für Pulver und Butter von über 30 ct/kg realistisch.
- Käse: Auf dem Markt für Käse gibt es derzeit viel Bewegung. Die Tagespreise für Gouda und Edamer kratzten Anfang September an der Börse in Hannover bereits wieder an der Marke von 3 €/kg (Blockware). Die Kontrakte aus den letzten Monaten lagen spürbar darunter. Ab Oktober gelten neue Verträge zu höheren Preisen. Dann könnte sich die Käse-Verwertung bei etwa 30 ct/kg einpendeln – je nach Produkt und Molkerei kann sie aber höher oder niedriger sein.
- Trinkmilch: Das Sorgenkind sind momentan die Produkte der Weißen Linie. Bis Ende Oktober gelten noch die miserablen Kontrakte aus dem Frühjahr mit einer Verwertung unter 20 ct/kg. Alle in der Branche rechnen mit einer deutlichen Preiserhöhung für den neuen Kontrakt ab November – offenbar auch der Handel: Er hat bereits im August Angebote von den Molkereien eingefordert – so früh wie nie zuvor. Den Milch-erzeugern ist zu wünschen, dass die Molkereien standhaft bleiben und auf breiter Front höhere Preise durchsetzen.
Weltweit weniger Milch:
Die besseren Verwertungen sind hauptsächlich auf die geringeren Milchmengen weltweit zurückzuführen.- Die EU-Milchmenge ist im Juni unter das Vorjahresniveau gesunken. Auch im Juli gab es 1,3% weniger Milch. Bis November sinkt die Milchmenge saisonal weiter. Im Dezember und Januar dürfte die Milchmenge ebenfalls unter Vorjahresniveau bleiben, schätzt Monika Wohlfarth von der ZMB.
- Neuseeland hat gerade den saisonalen Tiefpunkt der Milchproduktion durchschritten. Im Juni und Juli melken die „Kiwis“ nicht einmal 2% der Jahresmenge. Im August soll die Milchmenge unter Vorjahr geblieben sein.
- Südamerika muss zum Teil zweistellige Rückgänge beim Milchaufkommen hinnehmen. Das liegt vor allem an den Auswirkungen des Wetterphänomens El Ni~no und an der wirtschaftlich schlechten Lage vieler Länder.
- Lediglich in den USA steigt die Milch-menge. Die Farmer haben die Kuhzahl aufgestockt und nutzen offensichtlich die niedrigen Futterkosten.
Die niedrigen Preise der letzten Monate haben die weltweite Nachfrage allerdings kaum angekurbelt. Der Welthandel mit Milchprodukten lag laut ZMB im ersten Halbjahr 2016 nur leicht über dem Niveau des Vorjahreszeitraums. Erfreulich ist, dass China im ersten Halbjahr mehr Milchprodukte eingeführt hat als 2015. An die Importe des ersten Halbjahres 2014 kommen die Mengen aber nicht heran.
Spannend wird sein, wie die Importländer auf die höheren Preise reagieren. Davon, von der Entwicklung der weltweiten Milchmengen sowie dem Auslagern der EU-Interventionsmengen wird abhängen, wie lange der Anstieg der Verwertungen anhält. P. Liste