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Weißblaue Belgier: Lösung für niedrige Kälberpreise?

Lesezeit: 6 Minuten

Die Zahl der Besamungen mit Holsteinbullen sinkt Jahr für Jahr, während immer mehr Landwirte ihre Holsteinkühe mit Weißblauen Belgiern belegen. Ist das ein Ausweg für geringe Kälbererlöse?


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Ökonomische Potenziale aufdecken – darum geht es in allen Bereichen der Milchwirtschaft. Neben der Optimierung von Produktionsabläufen kann auch der gezielte Einsatz von gesextem Milchrindersperma in Kombination mit Fleischrinderbullen helfen. Welches Potenzial diese Strategie hat, zeigt eine Auswertung des Lehr- und Versuchszentrums (LVZ) Futterkamp in Schleswig-Holstein.


Im Durchschnitt der Betriebe in Schleswig-Holstein liegen die Kälberverluste, also Totgeburten und Aufzuchtverluste, laut Jahresbericht des Landeskontrollverbandes immer noch bei 10%. Jeder Tierverlust kostet Geld, genau wie jeder Krankheitstag, der das Jungtier in seiner Entwicklung zurückwirft. Die Kälberaufzucht können viele Betriebe demnach noch optimieren.


Zugleich sind inzwischen immer weniger Rinder zur Bestandsergänzung nötig. So sank die Remontierungsrate der Betriebe seit 2004 von 41% auf 30% im Jahr 2019. Das schafft zusätzliche Gewinnmöglichkeiten durch den Verkauf von Tieren aus dem eigenen Bestand. Doch das aktuelle Preisniveau für männliche Holsteinkälber ist weit entfernt von einem kostendeckenden Auszahlungspreis. Anders sieht es auf dem Markt für Kreuzungstiere aus.


Zielgerichtet anpaaren


Der Einsatz von gesextem Sperma hat sich in Schleswig-Holstein bereits auf vielen Betrieben etabliert. Das sichert die Remontierung. Zusätzlich können Milcherzeuger zielgerichtet anpaaren und schneller Zuchtfortschritte erzielen. In Kombination damit sind Kreuzungsbesamungen mit Fleischrindersperma interessant, das auch männlich gesext verfügbar ist.


Kreuzungskälber, aus z.B. Holsteinkuh und Weißblauem Belgier-Bullen, lassen sich zu deutlich besseren Preisen an die Mäster verkaufen. Bei der Anpaarung ist aber auf einen möglichst problemfreien Kalbeverlauf zu achten.


Anpaarungen Futterkamp


Das LVZ Futterkamp setzt seit sechs Jahren in erster Linie Weißblaue Belgier- und Angusbullen für Kreuzungsbesamungen ein. Das Anpaarungsschema sieht dabei wie folgt aus: Färsen werden zunächst zweimal mit gesextem Holsteinsperma besamt. Nehmen sie dabei nicht auf, kommt ein Angusbulle zum Einsatz, der in der Regel leichte Kalbungen zur Folge hat.


Mehrkalbskühe mit einer schlechten Fruchtbarkeit, schlechter Melkbarkeit oder Limax (Zwischenklauengeschwulst) besamt das LVZ Futterkamp konsequent mit Weißblauen Belgiern, da sie für die Remontierung der Herde uninteressant sind. Die Selektionsentscheidungen sind dabei abhängig von den Gesundheitsmerkmalen aus dem RZGesund und den genomischen Relativzuchtwerten Nutzungsdauer (gRZN), Zellzahl (gRZS) und Fruchtbarkeit (gRZR) der Rinder. Hier sollte jeder Betrieb individuelle Selektionskriterien finden und diese konsequent umsetzen. Und gerade bei Anpaarungen mit Fleischbullen gilt es zwingend auch immer die Leichtkalbigkeit der Tiere zu beachten. Das LVZ Futterkamp konnte bisher keine zunehmenden Probleme beim Gebutsverlauf in Bezug auf Kreuzungsbesamungen feststellen.


Mit den männlichen und weiblichen Kreuzungskälbern aus Holstein und Weißblauem Belgier erzielte das LVZ Futterkamp in den Jahren 2019 und 2018 Erlöse von im Schnitt 300 €/Tier. Hingegen lagen die Preise für zwei Wochen alte männliche Holsteinkälber um die 100 €/Tier. Aktuell sind die Preise für die Bullenkälber auf 45 € eingebrochen, was die Kreuzungstiere noch interessanter macht.


Einfluss auf den Erlös hat auch die Fütterung in den ersten 14 Lebenstagen. Die Kälber erhalten eine ad libitum-Tränke und gehen so mit hohen Gewichtszunahmen und als gesunde und leistungsstarke Kälber in die Mast. Das ist neben der Genetik ein wichtiger Faktor, um einen entsprechenden Preis zu erzielen.


Kosten und Erlöse


Wie wirtschaftlich interessant Kreuzungsbesamungen sein können, zeigt die Betrachtung der Kosten- und Erlöse. Übersicht 1 vergleicht diese für Besamungen von Holsteinkühen mit konventionellem, gesextem und Weißblaue Belgier-Sperma. Die Kälbererlöse orientieren sich an den aktuellen Marktpreisen für Schleswig-Holstein im Oktober/November 2020. Die Fütterung von täglich 9 l Vollmilch und Kälberaufzuchtfutter über 11 Tage nach der Biestmilchphase sowie der Stallplatz für 14 Tage kosten unabhängig von Rasse oder Geschlecht insgesamt 37 € (Zahlen im Text gerundet). Der Preisunterschied entsteht daher nur durch die Spermakosten.


Auf der Erlösseite sieht es anders aus: Nach den aktuellen Marktpreisen erlöst ein Holstein-Bullenkalb etwa 45 €, was nach Abzug der Besamungs- und Aufzuchtkosten einen Verlust von 37 € ausmacht. Ein weibliches Holsteinkalb, das nicht als Zuchtrind verwendet werden soll, verursacht mit seinem Verkaufserlös von 20 € sogar einen Fehlbetrag von 62 €. Kreuzungskälber von Weißblauen Belgiern sind allgemein gefragt und erzielen am Kälbermarkt deutlich höhere Preise wegen ihres höheren Grundgewichtes und vor allem wegen der sehr guten Masteigenschaften und Tageszunahmen von über 1000 g bei ad libitum-Fütterung. So bleiben je nach Geschlecht des Kalbes zwischen 42 bis 162 € übrig.


Rechnung für Modellbetrieb


Die Beispielrechnung für ein frei gewähltes Betriebsmodell soll verdeutlichen, welchen Mehrerlös Landwirte durch die gezielte Steuerung der Besamung erlösen können. Übersicht 2 zeigt einen Beispielbetrieb mit 200 Milchkühen und zwei Anpaarungsvarianten. Bei einer Remontierungsrate von 33% und Kälberverlusten von durchschnittlich 10% liegt der rechnerische Bedarf an Kuhkälbern im Jahr bei rund 70 Stück.


Wenn der Betrieb bei allen Kühen konventionelles Holsteinsperma einsetzt, werden etwa 80 Kuh- und 80 Bullenkälber im Jahr geboren (Standard). Gemäß den gerundeten Gewinnen bzw. Verlusten aus Übersicht 1 entsteht mit dem Verkauf der Bullen- sowie der wenigen Kuhkälber am 14. Lebenstag ein Verlust von 3580 €. Läge der Preis für Holsteinbullenkälber bei 90 €, würde deren Gewinn gerade die Verluste bei den Kuhkälbern begleichen.


Mit dem Betrieb aus Übersicht 2 lässt sich eine zweite Annahme kalkulieren (gezielte Anpaarung): Er paart die Tiere selektiv an. 45% der Herde belegt er mit gesextem Holsteinsperma und 55% mit konventionellem Sperma von Weißblauen Belgiern. Bei einer Sicherheit von 90% mit gesextem Sperma auch ein weibliches Kalb zu erhalten, werden insgesamt 73 Kuhkälber und neun Bullenkälber geboren. Das heißt, es bleiben ausreichend Tiere für die eigene Remontierung und ein deutlicher Zuchtfortschritt tritt ein. Aus den Besamungen mit Weißblauen Belgiern werden 49 Kreuzungs-Kuhkälber und 50 Kreuzungs-Bullenkälber geboren. Diese Anpaarungsstrategie führt zu einem Plus von 9420 €.


Vergleicht man die Erlöse, ist die selektive Anpaarung aus ökonomischer Sicht zu bevorzugen. Mit einer strengen Selektion und einem reduzierten Jungviehbestand lassen sich zusätzlich Kosten sparen. Zudem beschleunigt sich der Zuchtfortschritt mit den weiblichen Nachkommen der besten Tiere. Das wirkt sich positiv auf Nutzungsdauer, Gesundheit und Leistung aus. Trotzdem sollte das Anpaarungsprogramm immer zur Betriebsführung und zur Herde passen. katharina.luetke-holz@topagrar.com

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