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Welches Spielzeug wünschen sich Kälber?

Kaum Raufutter, kein Einstreu und wenig Beschäftigung prägen die Kälbermast. Ob Beschäftigungsmaterial mehr Tierwohl bringt, haben Prof. Dr. Ziron und Henning Dicks von der FH Südwestfalen untersucht.

Lesezeit: 6 Minuten

Kaum Raufutter, keine Einstreu und wenig Beschäftigung prägen die Kälbermast. Ob Beschäftigungsmaterial mehr Tierwohl bringt, haben Prof. Dr. Martin Ziron und Henning Dicks von der Fachhochschule Südwestfalen untersucht.


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In der Schweinemast sind Beschäftigungsmaßnahmen für die Tiere längst erprobt. In der Kälbermast dagegen nicht. Aber auch Kälber haben einen Spieltrieb. Deshalb stellt sich die Frage, ob auch Mastkälber das Beschäftigungsmaterial annehmen. Und wenn ja, ob sich damit auffällige Verhaltensweisen wie gegenseitiges Besaugen minimieren lassen.


Das wollten wir auf einem Kälbermastbetrieb im Münsterland klären. Die Untersuchungen erfolgten in einem modernen Stall (Baujahr 2014) mit 360 Plätzen. Aufgestallt sind die Tiere auf Betonspalten mit Gummiauflage. Die Zuluft erfolgt über Türen mit Jalousien, die Abluftführung durch Ventilatoren. Das Endmastgewicht liegt im Mittel bei etwa 310 kg.


Der Betriebsleiter tränkt die Kälber mit Produkten aus der Milchverarbeitung, wie Milchpulver, Molke und Fette. Die Tränke enthält auch Mineralstoffe und pflanzliche Ergänzer. Das Raufutter besteht aus gehäckseltem, entstaubtem Gerstenstroh, Wasser und Kraftfutter. In der ersten Mastwoche wird nur Stroh zugefüttert, ab der zweiten Woche die Kraftfutterkomponente hinzugesetzt und langsam gesteigert bis zum Verhältnis von 85% Kraftfutter, 10% Wasser und 5% Gerstenstroh.


Fünf Spielzeuge im Vergleich:

In einem Mastdurchgang haben wir den Tieren verschiedene Beschäftigungsmöglichkeiten angeboten:


  • Vollgummistern (Spieligel): Der Spieligel ist für Ferkel und Läufer konzipiert. Er besteht aus Natur-Gummi, hat einen Durchmesser von 35 cm und zwölf Stacheln mit je 11,6 cm Länge. Der Spieligel wurde hängend montiert.7


  • Kinderhüpfball: Der zweckentfremdete Kinderhüpfball hat einen Durchmesser von 60 cm. Er besteht aus Gummi und ist mit Luft gefüllt. Er wird ähnlich montiert wie der Spieligel.8


  • Edelstahlkette: Die handelsübliche V2A-Kette ist mit einem Karabinerhaken an einem Rundrohr montiert.9


  • Scheuerwand: Die Scheuerwand besteht aus einem Aluminium-Riffelblech und hat eine Breite von 20,5 cm, eine Höhe von 61,5 cm und eine Tiefe von 40,0 cm. Angebracht ist sie an den Seitenwänden zweier gegenüberliegender Gruppen.10


  • Vollgummipropeller: Der Propeller wurde ursprünglich für Schweine konzipiert. Er hängt in der Luft. Vom zentralen Körper geht in jede Himmelsrichtung jeweils ein flexibler Naturgummistrang nach unten.11


Für die Untersuchungen haben wir den Tieren alle Varianten angeboten und zusätzlich jeweils eine Bucht mit nur einem der Beschäftigungsgegenstände ausgestattet. Vier Kameras haben die Buchten parallel aufgezeichnet, jeweils während der Tagesaktivität der Tiere. Aufgenommen wurden jeweils drei aufeinander folgende Tage in der Vor-, Mittel- und Endmast.


Die Ergebnisse:

Mit einer speziellen Software haben wir alles ausgewertet:


  • Nutzungshäufigkeit: Aufgefallen ist, dass je älter die Tiere sind, desto weniger nutzen sie das Beschäftigungsmaterial (Übersicht 1). Unabhängig vom Alter war der Spieligel am beliebtesten. Die Scheuerwand erreichte ähnliche Nutzungshäufigkeiten. Auch die Kette nutzten die Tiere, wenn auch deutlich weniger. Der Hüpfball war für die Tiere anfangs sehr attraktiv, hielt jedoch den Belastungen nicht stand und war nach wenigen Tagen defekt. Er ist nicht zu empfehlen.
  • Nutzungsdauer: Am ausdauerndsten beschäftigten sich die Kälber mit der Scheuerwand (Übers. 2). In Gegensatz zu den anderen Materialien nutzten sie diese zur intensiven Körper- und Fellpflege. Dagegen gab es bei der Scheuerwand weniger Lecken, Saugen oder Bekauen. Mit zunehmendem Alter sank die Nutzungsdauer beim Spieligel und der Kette nur geringfügig.
  • Parallelnutzung: In Buchten mit nur einem Beschäftigungsmaterial spielten zum Teil mehrere Tiere gleichzeitig (Übers. 3). Zum Beispiel beim Spieligel, der Scheuerwand und dem Hüpfball. Der Hüpfball war aber auch hier nach wenigen Tagen defekt. Mit der Kette beschäftigte sich immer nur ein Tier.


Zum Mastende haben wir zehn Kälbern in einer Box mit dem Propeller ein neues Beschäftigungsgerät angeboten. Diesen nutzen die Tiere sehr intensiv, zum Teil bis zu vier Tiere gleichzeitig.


Die mittlere Nutzungsdauer je Tier liegt in der Endmast für Kette, Scheuerwand und Spieligel bei 8 bis 11 Minuten pro Tier und Tag. Beim Propeller hingegen bei 61 Minuten je Tier und Tag. Er hat somit ein sehr hohes Potenzial, die Tiere zu beschäftigen (Übersicht 4).


  • Sondereffekte: Zudem haben wir beobachtet, dass im Gegensatz zu den Vergleichsgruppen ohne Beschäftigungsmaterial die beschäftigten Tiere weniger Raufutter aus dem Trog schleuderten. Mit gegenseitigem Besaugen, sogenanntes Cross-Sucking, hatte der Betrieb auch ohne Beschäftigungsmaterial keine Problem. Deshalb gibt es hier keine Effekte.
  • Preis: Die Kosten der Beschäftigungsmaterialien sind unterschiedlich. Während die Edelstahlkette mit 10 € äußerst preiswert ist, liegt der Spielpropeller bei 22 €, die Scheuerwand bei 30 € und der Spieligel bei 39 € (alles netto, Spieligel und Propeller ohne Montagekette).
  • Handhabung: Hier hat die Kette die Nase vorn. Sie ist einfach zu montieren und in der Höhe verstellbar bzw. kann auf einer Höhe hängen bleiben. Der Propeller lässt sich ebenfalls leicht anbringen und verstellen. Da der Spieligel für den Bodeneinsatz für Schweine entwickelt wurde, hat er keine Halterung oder Öse zum Befestigen. Eine individuelle Halterung war nötig.


Die Montage der Scheuerwand kann aufwendig sein. Eine Höhenverstellung ist ohne erheblichen Arbeitsaufwand nicht möglich. Die Untersuchungen zeigen, dass die Kälber zu Beginn bei einer Montagehöhe von 80 cm über dem Boden die Scheuerwand erreichen und diese auch noch bis zum Ende der Mast intensiv nutzen.


  • Abnutzung: Bei der Kette und der Scheuerwand waren nach dem Mastdurchgang keine Abnutzungen erkennbar. Beim Spieligel traten leichte auf. Durch die sehr intensive Nutzung des Propellers zeigte dieser schon nach wenigen Wochen Abnutzungserscheinungen, der Hüpfball hielt der Beanspruchung gar nicht stand.


Fazit für die Praxis:

Die Ergebnisse zeigen, dass sich die Mastkälber intensiv mit Beschäftigungsmaterial auseinandersetzen. Für Betriebe, bei denen die Tiere Verhaltensstörungen aufweisen wie Harnsaufen oder gegenseitiges Besaugen, könnte der Einsatz deshalb interessant sein.


Die Form von Spieligel und Propeller erinnern an ein Euter. Das könnte die Attraktivität erklären. Zudem können mehrere Tiere gleichzeitig ihren Saugreiz daran befriedigen, sowie kauen und nuckeln.


Die Scheuerwand kommt dem Komfortverhalten der Tiere zur Fellpflege sehr entgegen. So können die Tiere Körperstellen pflegen, die sie sonst nicht erreichen. Kontakt: patrick.liste@topagrar.com

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