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„Wir brauchen eine Branchenorganisation!“

Lesezeit: 7 Minuten

Bayern MeG-Geschäftsführer Markus Seemüller will die Milcherzeuger stärken: Moderne Lieferbeziehungen, schlagkräftige Branchenorganisation und bessere Kommunikation.


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Herr Seemüller, in zehn Jahren ist die Bayern MeG auf 3,5 Mrd. kg Milch von 12000 Erzeugern gewachsen. Sie saugen aber zunehmend Milch außerhalb Bayerns auf. Warum?


Seemüller


Es macht keinen Sinn, an Bayerns Landesgrenzen haltzumachen – die Molkereien machen es ja auch nicht. Zum Beispiel sind frischli, Ehrmann und Champion sowohl in Bayern als auch in anderen Bundes-ländern unterwegs. Deshalb ist es nur richtig, diese Milcherzeugergemeinschaften auch in die Bayern MeG aufzunehmen. Inzwischen sind wir in neun Bundesländern und bündeln außerhalb Bayerns 500 Mio. kg Milch.


Deshalb die neue Zweigstelle in Sachsen?


Seemüller


Genau. Unsere Mitglieder in Baden-Württemberg betreuen wir von Bayern. Die anderen Strecken sind zu weit. Deshalb haben wir in der Nähe von Freiberg in Sachsen eine Zweigstelle eröffnet. Es ist die Anlaufstelle für unsere Mitglieder in Sachsen, Sachsen-Anhalt, Thüringen, Hessen, Nordrhein-Westfalen und Rheinland-Pfalz. Die Zweigstelle leitet Urte Rötz, die früher bei der Nord MeG war.


Von der Eifel bis nach Sachsen ist es auch weit. Könnte eine West MeG entstehen – ähnlich wie die Nord MeG?


Seemüller


Das wird sich zeigen. Bisher haben wir nur einzelne MEG aus dem Westen als Mitglied, sodass die Betreuung klappt. Die Nord MeG deckt das Gebiet Brandenburg, Mecklenburg-Vorpommern, Schleswig-Holstein und Niedersachsen ab.


... und kommt nicht voran (Seite R12). Könnte sie in der Bayern MeG aufgehen?


Seemüller


Es gibt einen Kooperationsvertrag zwischen den beiden Dachorganisationen. Was das Kartellamt erlaubt, tauschen wir aus. Mehr steht aktuell nicht zur Diskussion.


Zurück nach Bayern: Wie stark bremst die neue Milchplattform in Nordbayern die Entwicklung der Bayern MeG?


Seemüller


Das hatten wir zunächst befürchtet, hat sich aber nicht bestätigt. Die neue Milchplattform darf nur Preise austauschen, aber nicht vermarkten. Deshalb ist sie keine Konkurrenz für uns. Im Gegenteil: Wir stehen im konstruktiven Dialog und arbeiten zusammen, wo es erlaubt ist. Die MEG Amberg-Sulzbach ist in beiden Organisationen Mitglied, auch das geht.


Wie ist Ihr Verhältnis zum Bayerischen Bauernverband, der die Gründung unterstützt hat?


Seemüller


Wir haben nach wie vor ein Büro in der Zentrale in München angemietet. Grundsätzlich wollen wir mit allen Verbänden klarkommen.


Und wie beurteilen Sie die Milch-beratungs GmbH des Bauernverbandes?


Seemüller


Unsere Mitglieder dürfen diese Dienstleistungen nutzen. Das sind zum Beispiel das Ausarbeiten von Verträgen oder die Organisation von Beiratssitzungen oder Mitglieder-versammlungen. Das klappt gut.


Das Thema Lieferbeziehung ist bundesweit in der Diskussion. Nach über zehn Jahren Erfahrung – was sagen Sie dazu?


Seemüller


Ein Milchkaufvertrag ist dynamisch. Er entwickelt sich ständig weiter, Innovationen und Erlerntes fließen mit ein. Aber: Es gibt nicht den einen Liefervertrag, der alle Probleme löst. Denn bei allen Wünschen, die es gibt, kommt sehr schnell die Marktrealität. Am Ende müssen alle Partner den Vertrag unterschreiben. Deshalb kommt es immer zu Kompromissen. Die Bayern MeG sieht sich als Dienstleister, den bestmöglichen Kompromiss für die Mitglieder zu erreichen.


Gibt es in Ihren Verträgen verbindliche Vorgaben zur Milchmenge?


Seemüller


Fast immer ist vereinbart, dass die Molkerei sämtliche Milch des Landwirts abholt. Aber es gibt auch zwei Modelle mit Mengenbegrenzung.


Welche sind das?


Seemüller


Beim ersten Vertrag muss jeder Landwirt seine Planmenge für das nächste Jahr melden. Darauf hat er eine Kulanz von 5 bis 10%. Erzeugt er mehr oder weniger Milch, lässt sich das innerhalb der MEG saldieren. Gleicht die Saldierung das aber nicht aus, gibt es Sanktionen für den Landwirt.


Im zweiten Fall lieferte eine MEG eine bestimmte Menge an eine Mol-kerei. Diese wollte aber weniger Milch und hat dafür einen höheren Preis geboten. Die MEG hat daraufhin einen Teil der Milch anders vermarktet.


Beide Modelle dürften zu Diskussionen geführt haben.


Seemüller


In der Tat! Die Thematik ist neu, viele Landwirte haben großen Respekt davor.


Ein anderer Wunsch sind Milchpreise im Voraus. Was sind Ihre Erfahrungen?


Seemüller


Für uns ist das eine von vier Optionen. Sie ist Fluch und Segen zugleich. Denn oft sind entweder die Erzeuger oder die Molkerei nach einiger Zeit unzufrieden. Ein Beispiel: Im Frühjahr 2016 hatten wir bei einer MEG einen Festpreis von 28,5 ct/kg bis Jahresende vereinbart. Anfangs waren die Erzeuger zufrieden, ab November aber unzufrieden, weil die umliegenden Milchpreise höher waren.


Welche Preis-Modelle nutzen Sie sonst?


Seemüller


Neben der Milchpreis-Verhandlung im Voraus arbeiten wir mit Vergleichspreisen, Vergleichspreisen plus Zuschlag und Preisen mit halbjährlicher Nachzahlungs-Verhandlung. Ein Mix aus den Modellen ist sinnvoll.


A/B-Preismodelle sind bisher noch kein Thema?


Seemüller


Das große Rad dreht der Weltmarkt. Da bringt es wenig, wenn die Bayern MeG oder Deutschland mit A/B-Preisen arbeitet. Aber wir sind offen und haben in der Krise 2016 angeboten, eine bestimmte Milchmenge zum Preis A und die darüberhinausgehende Menge zum Preis B zu verkaufen. Allerdings wollte das keine Molkerei.


Lässt sich die Volatilität durch moderne Lieferbeziehungen dämpfen?


Seemüller


Ich glaube, dass es dafür Vertragselemente gibt. Hier sind wir mit den Molkereien in einem Lernprozess. Wir unterstützen einen Versuch zur Preisabsicherung an der Warenterminbörse. Wichtig ist, dass der Landwirt entscheidet, ob er mitmacht und zu welchem Preis. Das wird ihm niemand abnehmen. Denn Warenterminbörsen steigern nicht die Wertschöpfung und verhindern keine Krisen!


Könnte das eine Branchenorganisation – so wie Minister Schmidt sie fordert?


Seemüller


Die Gründung einer Branchenorganisation hat aus meiner Sicht höchste Priorität. Denn viele Dinge lassen sich einfach nur mit allen Beteiligten der Wertschöpfungskette lösen. Dazu zählt der Milchpreis, aber auch die gesellschaftliche Akzeptanz der Milchproduktion und das Kommunikations-Chaos der Landwirtschaft.


Der erste Vorstoß von fünf Molkereien ist gescheitert. Wie könnte es klappen?


Seemüller


Das Landwirtschaftsministerium muss es in die Hand nehmen und Handel, Verarbeitung sowie Landwirtschaft an einen Tisch holen. Dazu zähle ich die Händler Edeka, Rewe, Lidl und Aldi, die Molkereiverbände MIV, DRV und VBPM, den DBV und den BDM sowie die Vermarkter MEG Milch Board, Nord MeG und Bayern MeG.


Und Sie machen den Vorsitz?


Seemüller


Ich? Das muss Minister Schmidt machen, er muss seine Auto-rität nutzen. Die Bayern MeG ist auf jeden Fall bereit, mitzumachen.


Milchgipfel gab es zuletzt genug. Wie sollen konkrete Ergebnisse entstehen?


Seemüller


Schauen Sie sich das aktuelle Chaos an: Der Handel will mehr GVO-freie Milch. Die Molkereien erklären diese kurzerhand zum neuen Standard. Der Landwirt läuft Gefahr die Zeche zu zahlen, weil er den Zuschlag womöglich nicht dauerhaft bekommt. Oder der Kriterienkatalog von Edeka: Wegen des Anbindestall-Verbots bringt der Händler die Branche in Aufruhr und rudert dann wieder zurück.


Die Branchenorganisation könnte so etwas klären: Ja, wir erfüllen neue Standards wie GVO-frei, aber alles über dem Gesetz muss mehr Geld bringen. Und sie könnte einen Kodex zum Ausstieg aus dem Anbindestall erarbeiten.


Klingt gut, aber mal ehrlich: Ist das nicht mehr Wunsch als Wirklichkeit?


Seemüller


Einfach ist es nicht. Aber wir müssen endlich anfangen, als Branche zu denken – sonst bekommen wir die Probleme nicht gelöst. Klar ist aber, dass auch jeder wissen muss, auf welchem Stuhl er sitzt. Das Interview führte Patrick Liste.

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