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„Wir wollen mehr Fakten zum Tierwohl liefern“

Lesezeit: 4 Minuten

Das Projekt „Q Check“ erfasst wichtige Aspekte des Tierwohls in der Milchviehhaltung. Dazu filtert und kombiniert es etliche Daten. Was sind die Hintergründe und Ziele?


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Vielen Milcherzeugern dürfte es noch nicht bewusst sein: Seit Februar 2014 schreibt der Gesetzgeber betriebliche Eigenkontrollen vor. Landwirte müssen tierbezogene Merkmale (Tierschutzindikatoren) erheben und bewerten, verlangt das Tierschutzgesetz.


Noch eins oben draufgesetzt hat der Wissenschaftliche Beirat für Agrarpolitik im März 2015: Im Gutachten „Wege zu einer gesellschaftlich akzeptierten Nutztierhaltung“ empfiehlt er dem Landwirtschaftsministerium, ein nationales Tierwohl-Monitoring aufzubauen.


Kurzum: Die Regierung will den Milcherzeugern stärker auf die Finger schauen. „Darauf möchten wir als Branche aktiv antworten und Lösungen bieten“, sagt Dr. Sabrina Hachenberg vom Verband für Leistungs- und Qualitätsprüfungen (DLQ) in Bonn. Sie koordiniert „Q Check“, an dem fünf weitere Partner beteiligt sind (siehe Kasten rechts). Im Kern verfolgt das Projekt zwei Ziele:


  • Betriebliche Eigenkontrolle: Es soll Milcherzeuger unterstützen, den gesetzlichen Regelungen und Dokumentationen nachzukommen. Zudem soll es Tipps zum Herdenmanagement geben – durch eine Betriebsanalyse und den Vergleich mit anderen Betrieben.
  • Nationales Monitoring: Q Check soll eine aktive Antwort auf das von der Politik geforderte und der Gesellschaft gewünschte Tierwohlmonitoring sein.


Vier bekannte Systeme:

Der Clou: Q Check erfasst keine neuen und zusätzlichen Daten. Das Projekt greift auf vier bekannte Systeme zurück:


  • Milchkontrolle: 49000 Betriebe (über 70% aller Milcherzeuger) mit 3,7 Mio. Kühen (fast 90% aller Kühe) sind dem monatlichen Gesundheits-Check angeschlossen. Die Analyseergebnisse zeigen beispielsweise den Anteil eutergesunder Kühe oder Tiere mit auffälligem Fett-Eiweiß-Quotient.
  • Milchgüteprüfung: Sie schreibt mehrmals monatlich die Untersuchung der abgelieferten Milch aller Betriebe vor. Kennwerte sind zum Beispiel Herdenzellzahl, Keimgehalt, Milchmenge, Hemmstoffe und Rückstände von Antibiotika.
  • QM-Milch: Die bundesweite Auditierung liefert ressourcen- und managementbezogene Informationen, zum Beispiel Tier-Liegeplatz-Verhältnis, Sauberkeit der Liegeplätze und Euter, Stallklima oder Auslauf bzw. Weide.
  • HI-Tier: Aus den Meldungen an die Datenbank lassen sich u.a. Sterberaten von Kühen und Nachzucht ermitteln.


Derzeit filtern rund 200 Experten aus Praxis, Wissenschaft und Verbänden diese Datenflut auf den Betrieben auf ihre Tauglichkeit. 2018 soll der Abstimmungsprozess beendet sein. Dann sollen die Indikatoren sowie deren Bewertung feststehen. Das letzte Wort sollen dabei Landwirte und Tierärzte haben.


Im zweiten Schritt wollen die Projektteilnehmer die Indikatoren so aufbereiten, dass sie sich für das Herdenmanagement, die betriebliche Eigenkontrolle und anonymisiert für ein nationales Tierwohlmonitoring nutzen lassen.


Klar ist, dass sich Q Check stetig weiterentwickelt. So soll künftig ein Modell den Ketose-Status einer Herde vorhersagen und bewerten. Der Indikator bzw. die Schätzformel soll sich aus den Proben der Milchleistungsprüfung ableiten lassen, Versuche dazu laufen.


Q Check in der Praxis:

Aktuell arbeiten die Landeskontrollverbände und Rechenzentren noch an einer besseren Klassifizierung der Betriebe. „Denn Betrieb ist nicht gleich Betrieb“, sagt DLQ-Geschäftsführer Dr. Folkert Onken. „Betriebsleiter suchen den Vergleich, um ihre Ergebnisse besser einordnen zu können. Hier müssen wir stärker spezifizieren.“ Bislang kann es beispielsweise beim Vergleich von Betrieben mit Vollweide oder ganzjähriger Stallhaltung zu Verzerrungen kommen (z.B. beim Harnstoffgehalt).


Die Auswertung soll auch nach Ablauf der Projektlaufzeit am 30.9.2019 kostenlos sein, verspricht Dr. Onken. Die Landwirte müssten lediglich ihr Einverständnis für die Datennutzung geben. Dann seien sie dabei.


Chance und Gefahr:

Bäuerin Emma Klein aus Wildsteig ist gespannt darauf. „Tierwohl ist das ureigenste Interesse von Landwirten und maßgeblich für die Wirtschaftlichkeit. Der Aufwand für Eigenkontrollen und externe Audits muss sich aber in Grenzen halten – und sie müssen praxisnah sein,“ fordert sie.


Christian Schramm von der Molkerei Zott ist dabei guter Dinge: „Der größte Vorteil von Q Check ist die verbesserte Datenbasis, um Fakten zu erklären. Denn die Kunden oder Verbraucher stellen ganz unterschiedliche Fragen zur Milchproduktion und Tiergesundheit.“


Doch es gibt auch Klippen: Die Auswertung zum Tierwohl könnte Kritiker auf den Plan rufen. Sie könnten Daten gegen die Milcherzeuger bzw. Branche auslegen. Dr. Onken kann die Bedenken verstehen, verspricht aber: „Die Datenhoheit liegt bei den Landwirten.“


Noch einen Knackpunkt gibt es: Die Fleischwirtschaft hat mit der Initiative Tierwohl auch aktiv eine Branchenlösung entwickelt. Dennoch will die Regierung parallel ein staatliches Label einführen. Das könnte beim Tierwohl in der Milchviehhaltung auch drohen. Denn der Bund arbeitet weiter an einer nationalen Nutztierstrategie. Dr. Onken glaubt aber nicht, dass es zu einer Dublette kommt: „Mit der öffentlichen Förderung hat das Ministerium uns mit dieser Arbeit zum Tierwohl in der Milchviehhaltung betraut. Es sollte im Interesse aller sein, hier entsprechende Ergebnisse abzuliefern.“P. Liste

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