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„Zucht auf Milch stoppen!“

Lesezeit: 4 Minuten

Wissenschaftler und Tierärzte schlagen Alarm: Die hohen Milchleistungen der Holstein-Kühe besonders zu Beginn der Laktation würden zu Krankheiten und hohen Abgangsraten führen. Prof. Wilfried Brade macht dafür den Gesamtzuchtwert verantwortlich.


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Die aktuelle Zucht auf immer höhere Leistungen hat verheerende Auswirkungen für die Tiergesundheit: Das genetische Potenzial für Milchleistung der deutschen Holstein-Population ist von 1990 bis 2010 um insgesamt 1500 kg gestiegen. Der Relativzuchtwert Milch (RZM) stieg von unter 80 auf über 110 Punkte an.


Das Fatale: Mit der Selektion auf Milchleistung wird automatisch auf hohe Einsatzleistungen gezüchtet. Das erhöht das Risiko einer negativen Energiebilanz in den ersten Laktationswochen. Diese kann zu Stoffwechselstörungen und Folgekrankheiten führen. Entgegen dieser Entwicklung stagniert das genetische Potenzial beispielsweise für die Fruchtbarkeit.


Das zeigen Auswertungen von 17676 Bullen der Jahrgänge 1990 bis 2010 auf Basis der Zuchtwertschätzung April 2016. Einbezogen wurden bewusst nur Vererber, von denen töchtergeprüfte Zuchtwerte vorliegen.


Genomische Vererber sind nicht berücksichtigt. Grund ist die geringe Sicherheit der Zuchtwerte, besonders im funktionalen Bereich. Dies haben die Verantwortlichen erst mit der Zuchtwertschätzung im April diesen Jahres angepasst.


Fruchtbarkeit sinkt.

Entgegen der Entwicklung der Milchleistung, haben sich zahlreiche funktionale Merkmale kaum oder negativ verändert. Besonders deutlich ist dies im Komplex Fruchtbarkeit (RZR). Der Bullenjahrgang 2008/09 weist rund 6 RZR-Punkte weniger auf als der Jahrgang 1991/92. Der maternale Kalbeverlauf (RZKm) hat sich in dieser Zeit kaum verändert.


Das genetische Niveau der Nutzungsdauer (RZN) und des Zellgehaltes (RZS) stabilisierte sich erst ab dem Jahrgang 2006. Dies lässt sich mit einer Anpassung des RZG zu dieser Zeit erklären und ist ein weiterer Beweis für die geforderte Veränderung des RZG.


Im Komplex Exterieur (RZE) wurden die zugehörigen Einzelmerkmale sehr verschieden verändert. So wurden die Milchkühe in den letzten 20 Jahren größer und die Strichlänge deutlich kürzer.


Milchleistung zu hoch gewichtet:

Die Ursachen für die gegenläufige Entwicklung von Milchleistung und Gesundheitsmerkmalen sind eindeutig.


Der aktuell bei Deutschen Holsteins genutzte Gesamtzuchtwert (RZG) räumt der Milchleistung mit 45% den höchsten Anteil ein. Zwar wurde der RZG in der Vergangenheit mehrfach modifiziert, eine Trendwende ist jedoch nicht zu erkennen.


Die übrigen Merkmale werden mit 20% Nutzungsdauer, 15% Exterieur, 10% Fruchtbarkeit, 7% Zellzahl und 3% Kalbeverlauf bewertet. Hiernach werden die Zuchttiere in den Top-Listen rangiert. Zwar bietet sich mit dem RZFit, der Fitness-Merkmale stärker berücksichtigt, eine Alternative. Doch die Organisationen rangieren und bewerben die Vererber in ihren Hochglanzmagazinen vorrangig nach RZG.


Das wirkt sich auf den Zuchtfortschritt aus. Der deutsche Gesamtzuchtwert verbessert vorrangig die Milchleistung und weniger die funktionalen Merkmale. Mit einer anderen Gewichtung der Einzelmerkmale im RZG ließe sich das ändern. Das zeigt beispielsweise der skandinavische Gesamtzuchtwert (NTM), der durch eine veränderte Gewichtung der Einzelzuchtwerte vorrangig die Nutzungsdauer verbessert.


Zusätzlich wirken negative genetische Beziehungen, wie zwischen den Merkmalen Milchleistung und Fruchtbarkeit: Steigt das genetische Milchleistungsniveau, reduziert sich die Fruchtbarkeit. Weil kaum ein Selektionsdruck auf Merkmale der Reproduktion ausgeübt wird, lassen sich negative genetische Trends bis in die jüngsten töchtergeprüften Generationen feststellen.


Konsequenz:

Dieser genetische Trend lässt sich nur durch eine Maßnahme stoppen: Die starke Gewichtung der Milchleistung im Gesamtzuchtwert muss runter! Der Anteil sollte maximal 30% betragen.


Gleichzeitig muss der Deutsche Holsteinverband (DHV) funktionale Merkmale im RZG stärker berücksichtigen. Nur so lassen sich Nutzungsdauer, Euter- und Klauengesundheit, Stoffwechselstabilität oder Fruchtbarkeit züchterisch bearbeiten.


Die Gesundheit ließe sich durch Änderungen in der Zuchtwertschätzung zusätzlich verbessern. Würde beispielsweise die Milchleistung nach Laktationsstadium gewichtet, ließe sich eine extreme Einsatzleistung reduzieren und zunehmende negative Energiesituationen in der Frühlaktation verhindern.


Für das Merkmal Eutergesundheit ist die Zellzahl ein wenig präziser Parameter. Zielführender wäre die Nutzung von erkrankungsbezogenen Daten, wie es in Skandinavien oder bei der Rasse Fleckvieh längst etabliert ist.


Für das Merkmal Eutergesundheit ist die Zellzahl ein wenig präziser Parameter. Zielführender wäre die Nutzung von erkrankungsbezogenen Daten, wie es in Skandinavien oder bei der Rasse Fleckvieh längst etabliert ist.


Was die Holstein-Verbände zu der Kritik sagen, lesen Sie auf der nächsten Seite.

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