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Zwei Melksysteme in einem Betrieb?

Lesezeit: 4 Minuten

Einige Milchkuhbetriebe nutzen sowohl Melkroboter als auch Melkstand. Wir sprechen über Vor- und Nachteile und stellen die Konzepte in der Praxis vor.


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Flexiblere Arbeitszeiten, mehr Daten zur Tiergesundheit und Entlastung bei der täglichen körperlichen Arbeit sind Gründe für ein automatisches Melksystem (AMS). Und trotzdem gibt es Milchkuhbetriebe, die sich bewusst dafür entscheiden, Melkroboter und Melkstand parallel zu nutzen. Aber woher kommt diese Motivation?


„Manche Betriebe wollen den alten Melkstand weiter nutzen um den Melkroboter besser auszulasten“, sagt Dr. Jan Harms von der Bayerischen Landesanstalt für Landwirtschaft. Was im ersten Moment paradox klingt, begründet der Koordinator für tierische Erzeugungssysteme so: „Oft melken Landwirte die Frischmelker und die behandelten Kühe im ehemaligen Melkstand. Der Melkstand ist sozusagen ein Problempuffer.“ Für den Melkroboter bedeutet das mehr Melkungen am Tag, da zusätzliche Reinigungs- und Behandlungszeiten wegfallen.


Melkstand: Näher am Tier


Die Mehrarbeit fällt dafür manuell im Melkstand an. Laut Dr. Jan Harms ist es dort zwar einfacher, Kühe mit besonderen Umständen im Blick zu behalten. „Man darf jedoch nicht vergessen, dass sich das Melken verändert. Der Anteil von Kannenkühen ist deutlich höher und es sind oft ausschließlich Kühe, die eine intensivere Betreuung benötigen. Einfach nur Melken ist das nicht.“


Auch Michael Kerger vom Milcherzeugerberatungsdienst der Landwirtschaftskammer Nordrhein-Westfalen betreut Kombi-Betriebe. Die Landwirtinnen und Landwirte sehen einen Vorteil im deutlich leichteren Behandeln und Trockenstellen im Melkstand. Insbesondere dann, wenn der Melkroboter keine Grube für eine angenehme Arbeitshöhe hat oder es keine andere Behandlungsmöglichkeit im Stall gibt. Michael Kerger rät AMS-Betrieben daher, sich schon vor der Umstellung Gedanken zu machen, wie sie die Kühe gut behandeln oder trockenstellen können.


„Ich habe Milchkuhbetriebe, die den Melkstand nutzen, um mit der Sperrmilch auf der sicheren Seite zu sein“, sagt der Berater. Dadurch besteht gar nicht erst das Risiko, dass die lieferfähige Milch vom Roboter mit der Hemmstoffmilch in Berührung kommt.


Doch was passiert, wenn eine geheilte Mastitiskuh wieder zurück in die AMS-Herde geht? „Kühe sind Gewohnheitstiere und empfinden schnell sozialen Stress“, sagt Dr. Jan Harms. Manche Tiere brauchen ein paar Tage, bis sie sich wieder in der alten Herde eingewöhnt haben.


Datenlöcher problematisch


Ein weiteres Problem: Datenlöcher. Im Melkroboter ist die Datenerfassung sehr genau. Die Melkstände hingegen sind häufig älter und liefern wenige bis keine Daten. Nicht immer ist eine Milchmengenmessung installiert. Zudem ist die Datenübertragung vom Melkstand zum Roboter schwierig, insbesondere bei unterschiedlichen Herstellern. „Wenn eine Kuh für ein paar Tage nicht am AMS war, entstehen Kalibrierungslücken. Die Daten sind folglich weniger sensibel“, merkt Jan Harms an.


Ähnlich ist es bei der Milchleistungsprüfung: Kühe, die während der Beprobungszeit am AMS fehlen, müssen Landwirte bzw. Mitarbeiter vom Landeskontrollverband händisch im Melkstand beproben. Zusätzlicher Aufwand, der die „angebliche Freiheit“ eines Roboters einschränkt, sagt der Kammerberater Michael Kerger.


Nur für eine gewisse Zeit


Um das Melken möglichst effizient zu gestalten, rät Jan Harms die Kombination beider Systeme als Übergangslösung zu nutzen. Beispielsweise als Puffer bei der Umstellung aufs automatische Melken oder beim Aufstocken der Herde. „Wichtig ist, sich eine Deadline nach zwei bis drei Jahren zu setzen, um das parallele Melken zu evaluieren“, sagt er. Dabei sollten Betriebsleitende Faktoren wie Kosten, Verbrauchsmaterialien und Arbeitsroutinen bewerten.


Laut Jan Harms ist es ein schleichender Prozess, dass Kühe, die im Roboter mehr Arbeit machen, langfristig im Melkstand landen. Zum Beispiel weil das AMS das Melkzeug nicht ansetzen kann oder die Tiere nicht selbstständig zum Melken laufen: „Betriebe, die den Melkstand als Problempuffer haben, gehen oft nicht die Ursachen dieser Kühe an. Milchkuhhalter, die wiederum nur am AMS melken, sind gezwungen, die Ursachen zu reflektieren.“


Falls der Melkstand bleiben soll, ist eine Investition in mehr Daten wichtig. Und zudem, wie sich die Datenlücke zum AMS bzw. zum Herdenmanagement-Programm schließen lässt.


Zu einem kompletten Umstieg rät Michael Kerger: „Die Melkroboter sind deutlich sensibler, was die Datenerhebung angeht.“ Sie erfassen zum Beispiel viertelspezifisch die Abnahmeschwelle und Eutergesundheitsparameter. Er räumt aber ein: Je nach Tierzahl ist es ein Spagat zwischen einem dritten AMS, das nicht ausgelastet ist, oder einem Melkstand, der zusätzlich instand gehalten werden muss. In solchen Fällen kann der ehemalige Melkstand eine gute Lösung sein – vorausgesetzt, es gibt genug Arbeitskräfte. Dr. Jan Harms sagt: „Letztendlich kommt es wie immer auf die einzelbetriebliche Konstellation an. Wichtig ist, die Mitarbeiter mitzunehmen und ein gemeinsames Konzept zu erarbeiten.“ ▶


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ann-christin.fry@topagrar.com

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