Das Füttern macht nach dem Melken mit 20 bis 25 % den zweitgrößten Zeitanteil bei der Milchproduktion aus. So ist die Einsparung von Arbeitszeit ein wesentliches Argument für die Investition in automatische Fütterungstechnik. Doch vor der Investition in die neue Technik gilt es, die Zeiteinsparung durch eine automatische Futtervorlage im Vergleich zur konventionellen Vorlagetechnik ganz genau zu prüfen.
Denn auf vielen Betrieben lassen sich auch beim Einsatz der aktuellen gezogenen oder selbstfahrenden Futtermischwagen noch Arbeitsabläufe optimieren. Kurze Wege, wenig Handarbeit, ggf. Kraftfuttervormischungen und eine zur Bestandsgröße passende Technik sind wichtig, um Arbeitszeit einzusparen. Umgekehrt hängt auch bei einem automatischen Futtervorlagesystem der zeitliche Einspareffekt wesentlich von der Befüllhäufigkeit der Futtervorratsbunker und den Wegstrecken zwischen Fahrsilo und Futterküche ab.Entscheidet sich ein Betrieb danach ein automatisches Fütterungssystem, findet er ein großes Angebot verschiedener Hersteller.
Vorab zu klären
Bei der Suche nach dem richtigen System für die betrieblichen Begebenheiten, sollten Sie sich diese Fragen stellen:
- Wie viele Tiere und welche Futtergruppen soll/kann das System füttern?
- Ist eine weitere Vorlagetechnik für dezentrale Stallbereiche nötig?
- Wenn ja, wo werden diese Futtermischungen hergestellt und gelagert?
- Sind Steigungen zwischen den einzelnen (Stall-) Bereichen zu überwinden?
- Welche Ansprüche haben selbstfahrende Systeme an den Fahrweg?
- Wie lassen sich diese Fahrwege im Winter schnee- und eisfrei halten (Überdachung, Bodenheizung etc.)?
- Welche Durchfahrtshöhe ist möglich?
- Wie breit ist der Futtertisch?
- Soll der Futtertisch weiterhin mit einem Schlepper befahrbar sein?
- Soll die Verteileinheit auf dem Futtertisch wenden oder beidseitig vorlegen?
- Welche Traglast hat die Deckenkonstruktion für eine hängende Montage?
- Ist eine geeignete Futter-/Silageentnahmetechnik vorhanden?
- Welcher Standort eignet sich für die Futterküche?
- Sind die Zufahrtswege vom Grobfuttersilo zur Futterküche befestigt?
- Werden zusätzliche Kraft- bzw. Saftfutterbehälter benötigt?
- Wie lässt sich das System an eine mögliche Stallerweiterung anschließen?
- Sind technische Voraussetzungen (Strom, Wasser, Internet) vorhanden?
Tierzahl und Gruppengröße
Die Angebote der Hersteller unterscheiden sich unter anderem darin, ob ihr System das Futter im Austrags- oder einem separaten Behälter mischt (siehe Übersicht). Für kleinere und mittlere Bestände kommt in der Regel ein mobiles automatisches Fütterungssystem zum Einsatz, das im Austrags- bzw. Verteilbehälter gleichzeitig mischt. Systeme mit Mischbehältergrößen von 2 bis 3,5 m³ können auch kleine Mischungen von 140 bis 160 kg (vier bis fünf laktierende Milchkühe) homogen herstellen. Das Volumen der stationären Mischer liegt herstellerspezifisch zwischen 2 (Pellon TMR-Robot) bis 50 m³ (Cormall MultiMixer).
Einige Hersteller bieten einen beidseitigen Futteraustrag an. Zusatzoptionen wie das Füttern von bis zu sechs Kraft- oder Mineralfuttersorten als „Lockfutter“ bietet der PowerShuttle von Wasserbauer an. Bis zu drei Kraft- bzw. Mineralfuttern kann der FeedRobot der Firma Kuhn TKS vorlegen.
Eine größere Version der Tabelle finden sie hier.
Füttern weiterer Ställe
Ebenfalls zur Planung gehört ein Konzept, wie sich sowohl die melkende Milchkuhherde als auch die weiteren Tiergruppen bis hin zu den einzelnen Abschnitten der Jungviehaufzucht an das Fütterungssystem anschließen lassen. Autonom fahrende Misch- und Verteilwagen können über GPS oder Magnetschleifen im Boden auch weitere Ställe auf dem Betrieb erreichen. Misch- und Verteilsysteme, die an Schienen hängen, fahren über Weichen und Drehkreuze zu Futtergruppen in verschiedenen Stallungen.
Lassen sich einige Bereiche z.B. wegen zu großer Entfernungen oder dem Kreuzen von Fahrwegen nicht in die Fütterungsstrecke integrieren, sind Alternativen nötig. Möglich ist, Rationen für diese Tiergruppen mit der vorhandenen Technik zu mischen und an einer Übergabestelle zwischenzulagern.
Futtertischbreite
Gegenüber der konventionellen Futtervorlage wird je nach Fütterungssystem eine Futtertischbreite von 1,5 (Bandfütterung) bis 3,25 m (Wenden auf dem Futtertisch) benötigt. Die hier eingesparten Baukosten sollten Sie der Investition in die Futterküche gegenüberstellen. Gegebenenfalls lässt sich der eingesparte Raum für breitere Laufgänge im Stall nutzen. Zudem ist es nicht unbedingt notwendig, einen Durchfahr-Futtertisch zu haben, da je nach System der Futteraustrag auf beiden Seiten möglich ist oder der Mischer bei einem Stichfuttertisch um die Kurve fährt. Hilfreich ist aber, wenn sich der Futtertisch bei Ausfall des Futterroboters noch mit einem Radlader befahren lässt.
Futterküche und Befüllung
Grundsätzlich müssen Landwirte die Mischer oder die Futter-Vorratsbunker kontinuierlich mit den zu mischenden Grund-, Saft-, Mineral- und Kraftfuttermitteln beschicken. Die „Futterküche“ mit den Vorrats- bzw. Mischbehältern sollte vor Witterung geschützt und überdacht sein, sodass sie auch im Winter störungsfrei funktionieren.
Bei dem Vector-System der Firma Lely lagert jedes einzelne Futtermittel in einem definierten Bereich einer betonierten, freitragenden Futterlagerhalle. Ein Futtergreifer als Brücken- oder Portalkran befüllt den Mischbehälter.
Wasserbauer verfolgt mit seinem Shuttle Eco mit Lift das direkte Beladen des autonomen Mischbehälters über ein im Fahrsilo installiertes Lift-System. Dieses fräst das Futter im Futterstock ab und gibt es über einen Sauger in den Mischbehälter. So entfällt das Zwischenlagern in Bunkern. Je Fahrsilo ist aber ein eigenes Lift-System nötig. One2Feed nutzt Vorratsbehälter, die am Fahrsilo mit Grobfutter befüllt und in die Futterküche verbracht werden.
Länge des Grobfutters
Grundsätzlich bietet sich bei automatischen Fütterungssystemen der Einsatz von Häckselsilage an. An die Länge der Grobfutter stellen die Hersteller mit 100 bis 150 mm wie z.B. Trioliet (T30) und Schauer oder 100 bis 200 mm bei Lely unterschiedliche Anforderungen.Zum Teil lässt sich dies über die Einstellung der Schnitttiefe am Zuführboden wie beim Trioliet T40 ermöglichen. Durch die Zerkleinerung des Materials lassen sich auch Kleinmengen wie Futterstroh in Quader- oder Rundballen über Vorratsbehälter zur Ration hinzudosieren. Ähnlich arbeitet das System von Hetwin/Lemmer-Fullwood mit den messerbestückten Horizontalschnecken im Misch- und Verteilwagen FMRcut4.2. Einige Fabrikate, wie z.B. der CutMix der Firma Pellon, der VSM von DeLaval oder der Kuhn CombiCutter können ganze Rundballen zerkleinern und verarbeiten.
Diesen Beitrag von Thomas Bonsels (Landesbetrieb Landwirtschaft Hessen) lesen Sie auch in der top agrar 11/2020.