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Bauernproteste

Butterpreissenkung bei Aldi vom Tisch? Lies sichert Hilfe zu

Aldi wollte den Butterpreis um 60 Cent senken. Nach energischen Protesten von Bauern und dem Besuch von Niedersachsens Umweltminister Lies soll das nun vom Tisch sein.

Lesezeit: 6 Minuten

Bis Dienstagabend demonstrierten Bauern vor dem Aldi-Lager in Hesel, um gegen die ruinöse Billigpreispolitik des LEH auf Kosten der Landwirte zu protestieren. Hier besuchte sie auch Niedersachsens Umweltminister Olaf Lies (SPD).

Er verstehe die Wut der Erzeuger, denn die Butter im Laden verramscht werden soll. Das sei ein "krankes System". Es werde erwartet, dass die Politik die Spielregeln für die soziale Marktwirtschaft bestimme. Es müsse "anständige Preise" für Lebensmittel geben, so der Minister laut NDR weiter. Auch die Verbraucher sollten Verständnis dafür haben, "dass man für gute, qualitative Lebensmittel auch vernünftige Preise bezahlt". Der Minister lobte aber auch die Verantwortlichen bei Aldi-Nord. Man habe erkannt, dass es so nicht weitergehen könne.

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Am Dienstagabend soll das Unternehmen nämlich zugesagt haben, Anfang Januar ein Gespräch mit den Landwirten sowie mit Vertretern des Lebensmitteleinzelhandels und der Politik führen zu wollen. Auch die drastische Absenkung des Butterpreises sei vom Tisch, teilte der Verhandlungsführer der Bauern am Dienstag dem NDR in Niedersachsen mit.

Dem Sprecher der Bewegung "Land schafft Verbindung", Anthony Lee, zufolge hatte Aldi Nord ursprünglich vor, den Preis für Butter um bis zu 60 Cent pro Kilogramm zu senken. Üblich sei zum Jahresende jedoch nur eine Senkung um 10 bis 20 Cent - und die werde jetzt wohl auch so kommen, sagte Lee NDR 1 Niedersachsen.

Lee: "Handel bereichert sich auf Kosten der Bauern"

Im Interview mit dem Spiegel ergänzte er, dass die Bauern abgezogen seien, weil das Hauptziel, mehr Wertschätzung für die Produkte, erst mal erreicht sei. „Die großen vier Lebensmittelhändler Edeka, Rewe, Lidl und Aldi, deren Marktanteil bei über 85 % liegt, werden einen Verhaltenskodex akzeptieren müssen, der den Namen verdient. Und zudem sind die von Aldi geplanten Ramschpreise für Butter wohl zumindest zum Teil wieder vom Tisch.“

Lee bleibt aber skeptisch: „Ich bin überhaupt nicht sicher und bleibe gegenüber Aldi & Co. extrem skeptisch – die bereichern sich auf Kosten der Bauern. Der Umsatz mit Milchprodukten ist gegenüber 2019 deutlich gestiegen, der Milchpreis am Weltmarkt ging nach oben, aber bei den Landwirten kam nichts davon an. Die legen jetzt jeden Tag Geld drauf, egal, ob sie nun Schweine mästen oder Milch erzeugen. Das mit der Molkerei Rücker habe ich auch gehört. Es gibt jetzt Verarbeiter, die versuchen, sich geradezumachen – und solche, die sich auf Kosten der Bauern auf diese schäbige Preisspirale nach unten einlassen. Im Januar werden wir wissen, wer das war“, sagte er gegenüber dem Spiegel.

Lee lobte, dass Minister Lies zu den Protestlern gekommen sei. Von Frau Klöckner dagegen habe er nicht viel gehört. Nicht einverstanden ist er überdies mit den Aussagen von Dirk Andresen, der die neuen Proteste verurteilt, sowie von Bauer Willi. Mehr hier im Interview beim Spiegel.

Hennies: Handel und Verarbeiter machen sich die Taschen voll

Niedersachsens neuer Bauernpräsident Holger Hennies bezeichnete die Demos als "Notwehr". Im Gespräch mit der "Neuen Osnabrücker Zeitung" (NOZ) sagte Hennies: "Der Handel und die Verarbeitung machen sich seit Wochen auf Kosten der Landwirte die Taschen voll." Während die Bauern immer weniger für ihre Produkte bekämen, blieben die Preise in den Supermärkten stabil.

Die Handelskonzerne seien die großen Gewinner der Corona-Krise, befand Hennies, wohingegen die Bauern Existenzängste umtrieben. Sein Verband habe ausgerechnet, was "im Zwischenhandel" an Geld hängen bleibe: "Allein im Schweinesektor sind das pro Woche 100 Mio. €. 50 Mio. kommen im Bereich der Milch hinzu. Da reden wir insgesamt über Milliardenbeträge, die den Bauern fehlen."

Weitere Proteste

Eine weitere Protestaktion fand parallel mit 250 Traktoren vor Edeka in Westerholtsfelde (Landkreis Ammerland) statt. In der Nacht von Dienstag auf Mittwoch habe es dann erste Verhandlungen mit der Spitze des Edeka-Konzerns gegeben, berichtet der NDR weiter. Am Mittwoch zogen die Bauern dann ab.

Ähnliche Aktionen gab es in Salzgitter und Weyhe (Landkreis Diepholz) sowie in Rinteln (Landkreis Schaumburg).

Videokonferenz am 13. Januar

Am 13. Januar findet nun die seit längerem geplante Videokonferenz mit Handel, Verarbeitern und Landwirten statt, erinnerte Niedersachsens Landwirtschaftsministerin Barbara Otte-Kinast (CDU). "Dann geht es um Strategien für Gemüse, Milch und Fleisch. Ich nehme die Sorgen der Bauern ernst - aber Politik macht keine Preise", teilte die Ministerin mit. "Ich kann den Ärger und die Wut der Landwirte verstehen. Diese Energie möchte ich gerne in die richtigen Bahnen lenken. Um Lösungen zu finden, müssen alle Marktpartner an einen Tisch. Wir brauchen langfristige Strategien", forderte Otte-Kinast.

AbL kündigt weitere Proteste an

Die Arbeitsgemeinschaft bäuerliche Landwirtschaft (AbL) unterstützt aktiv die Aktionen und geht davon aus, dass die Proteste im nächsten Jahr weitergehen und sich zuspitzen werden.

„Die starke Beteiligung und die Entschlossenheit der Teilnehmer machen deutlich, wie verzweifelt die Lage auf vielen Höfen mittlerweile ist. Daran ändern auch diverse Gesprächsrunden und unzureichende Zugeständnisse des LEH und Verständnisbekundungen der Politik nichts“, sagt Elisabeth Fresen, Mutterkuhhalterin aus Verden und Bundesvorsitzende der AbL.

Fresen weiter: „Der LEH, die Verarbeiter und die Politik wollen noch immer nicht verstehen, worum es uns wirklich geht. Wir sind nicht mehr bereit, uns so behandeln zu lassen. Weder ist bisher dringend benötigtes Geld auf den Betrieben angekommen, noch ist Augenhöhe zwischen Landwirtschaft und Marktpartnern hergestellt.“

Und Ottmar Ilchmann, Milchbauer aus Ostfriesland und Landesvorsitzender der AbL Niedersachsen meint, dass auch die Verarbeiter wie Molkereien und Schlachtbetriebe nicht länger Wegbegleiter für Preisdrückerei sein dürften. "Warum nutzen sie nicht viel offensiver den Rückenwind der Bauernproteste, um rasch deutlich höhere Preise durchzusetzen und diese dann eins zu eins an die Bäuerinnen und Bauern weiterzugeben?“ kritisiert er.

Ilchmann weiter: „Die AbL fordert die Verarbeiter und den LEH auf, bestehende Kontrakte aufzukündigen und damit die Niedrigpreisstrategie zu beenden. Wir brauchen einen Systemwechsel und das bedeutet konkret, dass jetzt Verarbeiter und LEH mit den Bauernorganisationen transparent über dauerhafte, faire, kostendeckende Erzeugerpreise verhandeln müssen. Unsere Sofortforderung: 15 Cent mehr für den Liter Milch, 50 Cent mehr für das Kilo Schweinefleisch, 1 Euro mehr für das Kilo Rindfleisch. Das System des „immer billiger und immer mehr“, das den gesamten Druck an die Letzten in der Kette, die Bäuerinnen und Bauern, weitergibt, ist vor die Wand gefahren und muss deshalb geändert werden.“

Martin Schulz, Neulandbauer aus dem Wendland und Bundesvorsitzender der AbL, prangert an, dass sich de politischen Verantwortlichen in der Krisensituation auf Verständnis für die Proteste und auf eine Moderationsrolle beschränken - das hält er für völlig unakzeptabel.

"Frau Bundesministerin Klöckner beklagt das Ungleichgewicht zwischen Landwirtschaft und Marktpartnern. Sie ist doch verantwortlich für die politischen Rahmenbedingungen und die kann und muss sie ändern. Wir fordern die Bundesregierung auf, den Vorschlag des Europäischen Parlaments zur Reduzierung der Mengen bei Milch und Fleisch gegen finanziellen Ausgleich konsequent zu unterstützen. Sie muss auch die Vertragspflicht vor der Ablieferung der Produkte mit Vereinbarungen über Preis und Menge und die rasche Umsetzung der Vorschläge der Borchert-Kommission für die Nutztierhaltung durchsetzen."

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