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Beim ersten digitalen DairyEvent von top agrar zielten die Fragen der Teilnehmer vor allem auf die Kälberaufzucht und das Trockenstellen ab. Wir haben die zentralen Antworten für Sie zusammengefasst.
Wie haben Sie es geschafft, die Kälberverluste auf null zu bringen?
Johannes Schütte: Dass wir mittlerweile alle lebend geborenen Kälber durchbringen, liegt in erster Linie daran, dass wir früher dran sind und Probleme früh sehen. Die meisten Kälber sterben in der Tränkephase an Dehydrierung, weil Durchfall zu spät erkannt wird. Dann steuert man mit Infusionen dagegen und fragt sich, ob sich der Aufwand noch rechnet. Soweit lassen wir es nicht mehr kommen.
Welchen Stellenwert hat die Kälberaufzucht im Gesamtbetrieb?
Schütte: Sie hat oberste Priorität! Seit dem Neubau des Kuhstalles 2013 und der kontinuierlichen Verbesserung der Kälberhaltung haben wir nicht nur die Färsenleistung deutlich steigern können, sondern vor allem die Lebensleistung der Tiere. 2010 waren wir bei einer Lebensleistung von 20 000 bis 24 000 l. Heute erreichen wir das Doppelte. Da haben wir ein enormes wirtschaftliches Potenzial gehoben!
Wie werden die besten Tiere selektiert?
Schütte: Wir kombinieren die Genomik mit Erfahrung, Bauchgefühl und guter Kuhfamilie. Wir züchten meist mit etablierten Bullen. Genomische Bullen müssen für uns aus Kuhfamilien und Väterfolgen stammen, die vielversprechend sind. Dem höchsten Gesamtzuchtwert laufen wir nicht hinterher. Genomische Tests werden bei uns erst durchgeführt, wenn bereits entschieden ist, dass das Tier im Betrieb bleibt. Denn alle zu testen, ist eine Kostenfrage und die Ergebnisse kommen zu spät, um das Tier mit zwei Wochen verkaufen zu können.
Warum werden die Kälber nicht ad libitum getränkt?
Schütte: Unsere Tageszunahmen sind auch ohne ad libitum-Tränke schon sehr hoch. Wenn wir mit täglich 8 l Milchaustauscher Tageszunahmen von 850 bis über 1 000 g erreichen, macht es für mich keinen Sinn, 16 l Milch in die Tiere zu pumpen. Entscheidend dafür ist aber, dass sie schnell Kälberstarter aufnehmen. Den bekommen sie ab Tag 2, gemeinsam mit Wasser zur freien Verfügung.
Wie viel TS sollte die TMR haben und ab welcher Herdenleistung sollte auf Futtergruppen verzichtet werden?
Frank Achelpöhler: Wir haben festgestellt, dass die Futteraufnahme bei einer TS von unter 40 % höher ist. Ab 9 000 kg Herdendurchschnitt kann man auf Fütterungsgruppen verzichten.
Ist die HF-Hochzucht nicht (mehr) die optimale Rasse für die grasbasierten Rationen im Norden?
Achelpöhler: Ein aktueller Vergleich von Jersey und HF ging zumindest hinsichtlich Futterverwertung, Inhaltsstoffe, Bezahlung der Inhaltsstoffe, Schlacht- und Kälbererlöse und letztlich hinsichtlich der Güllemenge zugunsten der Jerseys aus.
Wo sollten die Nettofutterkosten pro kg Milch liegen?
Achelpöhler: Bei uns im Ring liegen sie zwischen 16 und 24 ct/kg, optimal sind 16 bis 18 ct. Darunter gehts nicht
Ist der Schwellenwert für das selektive Trockenstellen von 50 000 Zellen bei mehrkalbigen Kühen in den Niederlanden nicht zu wenig ambitioniert, um Antibiotika einzusparen?
Dr. Christian Scherpenzeel: Ja, auf den ersten Blick scheint der niedrige Schwellenwert kontraproduktiv zu sein. Doch wir haben festgestellt, dass die Landwirte, die einmal mit dem selektiven Trockenstellen angefangen haben, in ihrer Herde strengere Grenzwerte einführen und dadurch mehr Antibiotika einsparen. In den Niederlanden wird so nur noch jede vierte Kuh antibiotisch trockengestellt!
Was empfehlen Sie, um die Milchleistung zum Trockenstellen zu senken?
Scherpenzeel: Sie sollten Kraftfutter reduzieren und die Melkfrequenz senken. Das dritte Element ist sozialer Stress durch die Trennung des Tieres von der Herde. Aber Vorsicht, wenn man hoch veranlagten Erstkalbinnen nur noch Heu und Wasser gibt, kommt es zu Stoffwechselstress.