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Digitalisierung im Kuhstall: Vernetzt oder verheddert?

Schon seit Jahren unterstützen Assistenzsysteme Milchviehhalter in ihren Betrieben. Das bringt Arbeitserleichterung und mehr Tierwohl. Es gibt aber noch Optimierungsbedarf.

Lesezeit: 5 Minuten

Unsere Autoren:Kathrin Asseburg, Andreas Pelzer, Versuchs- und Bildungszentrum Landwirtschaft Haus Düsse, Nordrhein-Westfalen

Sensoren steuern einen Großteil der Technik in Milchviehställen. Neben den klassischen Sensoren für die Messung von Temperatur und Zeit gibt es inzwischen viele weitere, die z. B. am Tier die Aktivität, die Körpertemperatur, die Wiederkauschläge oder den ph-Wert im Pansen messen können.

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Sensoren bieten dem Landwirt viele Vorteile, da Tierwohl und Tier­gesundheit maßgeblich verbessert werden können. Sie unterstützen den Milchviehhalter ergänzend zu seinen Tierbeobachtungen und helfen ihm, ­relevante, produktionstechnische Entscheidungen treffen zu können.

Grundvoraussetzung für die produktionsorientierte Datenanalyse sind geeignete Algorithmen. Weicht ein Parameter vom Normalwert ab, generiert das System sehr früh einen Hinweis, dass es bei dem betroffenen Tier zu einer Abweichung gekommen ist. Diese Information fordert eine Entscheidung vom Landwirt oder setzt automatisch Prozesse in Gang. Dadurch lassen sich viele Krankheiten vermeiden bzw. in ­ihrer Stärke reduzieren.

Datenkompetenz

Durch die Kombination von manuell eingegebenen Daten aus dem Herden­management, den erfassten und generierten Daten aus der Milchleistungsprüfung und den 24/7 automatisch erfassten Daten der Sensoren entstehen allerdings große Datensammlungen. Über Listengeneratoren können Milchviehhalter Zahlenkolonnen zur Analyse der Milchproduktion auswerten. Datenkompetenz bedeutet, dass Nutzer digitaler Assistenzsysteme in der Lage sind, die Daten auswählen und interpretieren zu können. Nur die gezielte und strukturierte Datennutzung führt zum Erfolg.

Doch nicht jeder Landwirt nutzt das Potenzial der vorliegenden Messwerte. Auch wenn mehr als 70 % der Milchviehhalter regelmäßig an der Milchleistungsprüfung teilnehmen, fließen die daraus resultierenden Daten sowie die Informa­tionen von Sensoren noch zu wenig in Produktionsprozesse und Entscheidungsroutinen ein. Auf der anderen Seite gibt es aber auch Milcherzeuger, die so auf die Nutzung neuer Technologien sowie digitaler Daten und Informationen fokussiert sind, dass sie dabei relevante Veränderungen unmittelbar am Tier oder im Stall übersehen.

Für einen nachhaltigen und erfolgreichen Einsatz von Daten ist es wichtig, diese zu strukturieren. Nicht alle Daten sind zur Bewertung notwendig oder müssen in die Produktionsabläufe integriert werden. Beispiel Melkroboter: Er entscheidet automatisch aufgrund der Datenlage, ob und wann eine Kuh gemolken wird. Am Ende liegt es beim Landwirt, welche Daten er für seine Produktionsabläufe nutzt.

Cloudbasiert oder lokal

Immer mehr Anbieter entwickeln ihre Systeme als Webanwendungen oder als Programme, die nur mit einer entsprechenden Anbindung an das Internet laufen bzw. gewartet werden können. Die erfassten Daten landen dabei in sogenannten Clouds.

Ein großer Vorteil der Online-Anwendungen ist die zeitoptimierte Darstellung sowie die indivi­duelle Nutzung und Steuerung über Smartphones und Tablets. Nachteil ist die nach wie vor strittige Frage nach den Eigentumsverhältnissen der Daten. Auch die prozess- und produktionsübergreifenden Auswertungsmöglichkeiten, die Datenautonomie und Datenschutz verletzen könnten, sind Nachteile.

Datenkompetenz, ein präventives Management und Disziplin in den täglichen Arbeitsroutinen sind die Anforderungen an einen modernen Milchviehhalter.

Datenanalyse

Nicht nur auf dem eigenen Betrieb, sondern auch im Zusammenspiel zwischen Landwirt, Tierarzt und Berater spielen die gesammelten Informationen eine entscheidende Rolle: Durch die unterschiedlichen Blickwinkel und Interpretationen der beteiligten Akteure entsteht ein Bild, das eine Grundlage ­wichtiger Diskussionen und daraus resultierender Entscheidungen ist.

Eine Hilfestellung bieten auch zeit- und mengenangepasste Lieferungen von Bedarfsartikeln wie Futter oder Betriebsmittel. Das sichert und erleichtert Abläufe in der Milcherzeugung. Für diesen Zweck müssen die Daten gut aufgearbeitet und über Zugriffsrechte nach außen verfügbar sein. Mit dieser Forderung wird deutlich, dass die digitale Transformation in der Nutztierhaltung nur funktioniert, wenn die digitale Infrastruktur sichergestellt ist.

Am Ende liegt es beim Landwirt, welche Daten er für seine Produktionsabläufe nutzt.

5G an jeder Milchkanne

Die Bedeutung einer zeit- und bedarfsgerechten Bereitstellung von belastbaren Netzen und einer sicheren Datenkommunikation ist in Deutsch­­land aber nicht rechtzeitig erkannt worden. Vor allem die ländlichen Gebiete sind von den notwendigen Strukturen ab­geschnitten. Vor diesem Hintergrund sind viele landwirtschaftliche Betriebe trotz intensiver Bemühungen und vorhandener Kompetenzen häufig nicht in der Lage, sich zukunftsorientiert auf­zustellen. Politik, Kommunen, Netzbetreiber und Praxis sind gefordert, endlich zu handeln.

In den vergangenen 25 Jahren haben vor allem auch Roboter ihren Weg in die Milchviehhaltung gefunden: Roboter, die melken, füttern, Futter anschieben oder die Laufflächen der Kühe sauber halten, sind heute bereits Stand der Technik. Immer mehr Routineaufgaben werden von diesen Systemen übernommen und entlasten den Landwirt von körperlichen Anstrengungen und zeitaufwendigen Routinen. Kühe können so zum Melken gehen, wann sie möchten oder profitieren von saube­reren Laufgängen. Der Einsatz von ­Robotern dient also Mensch und Tier.

Fazit: Da geht noch was

Vernetzt oder verheddert? Die digitale Revolution im Milchviehstall hat schon vor langer Zeit begonnen und ist auf einem guten Weg. Eine einheitliche fachgerechte und lösungsorientierte Vernetzung ist bisher aber leider nicht gelungen. Allerdings gibt es Lösungsansätze im Bereich der Mechanisierung und Automatisierung, die Grundsteine einer nachhaltigen Digitalisierung in der Milchviehhaltung sind.

Transparenz und Verantwortung helfen dabei, die Prozesse zu optimieren und Tiergesundheit und Effizienz zu verbessern. Der Umgang und die Speicherung der Daten ist weiter zu optimieren. Dabei sind Datensicherheit und Datennutzungsrechte zu klären. Offene Schnittstellen würden allen dabei helfen, die Prozesse weiter zu entwickeln und effizienter zu gestalten.

Datenkompetenz, präventives Management und Disziplin in den täglichen Routinen sind die Anforderungen an einen modernen Milchviehhalter. Landwirte sind gefordert, zu agieren, statt zu reagieren und die Einstellungen aller Schrauben permanent zu überblicken.

Die neuen digitalen Möglichkeiten und Anforderungen müssen Teil der landwirtschaftlichen Aus- und Weiterbildung sein. Ziel muss sein, die Datenkompetenz als elementaren Baustein einer erfolgreichen Betriebsführung zu erkennen, die Nachhaltigkeit fördert und Tierwohl und Tiergesundheit sichert.

Fachlich auf hohem Niveau ausgebildete Landwirte produzieren in modernen, digital ausgestatteten Milchviehställen hochwertige Lebensmittel. Das hat seinen Preis. So sind auch Verbraucher angehalten, diesen Aufwand anzuerkennen, Verantwortung für eine nachhaltige Landwirtschaft zu übernehmen und bewusst faire Preise für Lebensmittel zu zahlen.

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