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Drei betagte Alltagskühe

Wir haben nicht die schönste oder leistungsfähigste Kuh, sondern die beste Allrounderin gesucht: Die drei Gewinnerinnen geben seit insgesamt 37 Laktationen Milch.

Lesezeit: 8 Minuten

Welche Kuh in Ihrem Stall ist unkompliziert, hochleistend und topfit? Vielen liegt nicht direkt ein Name auf der Zunge. Denn gerade die Kühe, die im Alltag wenig Aufmerksamkeit benötigen, ernten oft auch wenig RuhmDaher haben top agrar und die Arbeitsgemeinschaft Lebenslinien die beste Alltagskuh gesucht.

Zahlreiche unterschiedliche Bewerbungen sind eingegangen: Von der Sechstlaktierenden mit einem hohen Fettgehalt, über charakterstarke Hunderttausender, bis hin zu guten Grundfutterverwertern. Es fanden sich aber ebenso viele Gemeinsamkeiten in den Bewerbungen. So konnte die Jury um Werner Schwarze (Arbeitsgemeinschaft Lebenslinien), Dorothee Warder (Bundesverband Rind & Schwein), Dr. Claudia Wesenauer (Tierärztin Woldek) und Hilmar Zarwel (Herdenmanager Iden) in jeder Bewerbung der Michviehhalter den Stolz auf die eigene Zucht und die Freude an einem persönlich so wertvollen Tier lesen. Danke dafür!

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Jedes Jurymitglied erstellte aus einer Vorauswahl ein persönliches Ranking. Das addierte Gesamtergebnis ergab die Top 10 und die drei Finalistinnen. Im finalen Jury-Ranking haben besonders die Kühe mit einem hohen Lebensalter die Nase vorn. „Gerade die älteren Kühe haben bewiesen, dass sie ihre Vorzüge auch über viele Jahre halten können“, sagt Dorothee Warder.

In den folgenden Reportagen stellen wir die drei Gewinnertiere vor. Für die Fotos holten die Besitzer die Alltagskühe direkt aus dem Stall – ohne Fitting und Sonderbehandlung.

Die Fotostrecke zur Top 10 des Wettbewerbs finden Sie hier.



Platz 1: Elane

Für Familie Flitz aus Uplengen (Niedersachsen) sticht Elane wegen ihrer Leistung und ihres Charakters aus der Herde heraus.

Die Auswahl fiel Familie Flitz nicht schwer. „Als wir den Aufruf gelesen haben, kam für uns nur Elane in Frage“, sagt Gerhard Flitz. Dabei startete Elane EX-90 (Lentini RF x Precht) 2005 mit unauffälligen 7.000 kg Milch in ihre erste Laktation. Mit den Jahren steigerte sie sich, sodass sie in bisher 13 Laktationen einen Schnitt von über 11.400 kg erreicht. „Als Elane damals die 80.000 kg Marke knackte, fiel sie uns erst richtig auf“, erklärt Edith Flitz. Geringe Tierarztkosten und passende Zellzahlergebnisse ließen die Kuh ansonsten nicht aus der Herde herausstechen. Seitdem hat Elane ihre Lebensleistung nochmal verdoppelt – und das ganz ohne Sonderbehandlung.

Positiv für die Gesundheit aller 70 Kühe bewertet der Betrieb mit einer Herdenleistung von rund 11.000 kg und einer Lebenstagsleistung von im Schnitt 16,7 kg/Tag ihren Weidegang. Dabei dient die sogenannte Joggingweide hauptsächlich als Auslauf. Fressen sollen die Kühe am Futtertisch. „Ich kann das nicht belegen, aber Elane gehört zu den Kühen, die gefühlt schon immer am meisten am Futtertisch standen“, sagt Gerhard Flitz. Durch die hohe Futteraufnahme konnte die Kuh gesund konstante Leistungen bringen.

In der Zucht setzt Flitz eine Mischung aus töchtergeprüften und genomischen Vererbern ein. Dabei legt er mit Anpaarungsberatern seine Aufmerksamkeit auf die Fundamente und Euter.

Familie Flitz melkt seit Ende 2019 mit einem Melkroboter. Zuvor nutzten sie einen Durchtreibemelkstand. Dieser war allerdings in die Jahre gekommen und bot wenig Komfort. „Die Kühe mussten eine 40 cm hohe Stufe hochgehen und wir selbst mussten von Grube zu Grube laufen“, sagt der Landwirt. Die Automatisierung soll Freiräume für die Familie schaffen und den Komfort für die Kühe erhöhen.

Eutergesundheit im Fokus

An die neue Technik muss sich auch Edith Flitz gewöhnen. Denn sie legte bisher beim Melken ein Augenmerk auf die Eutergesundheit der Kühe. „Unser Anspruch ist, bei rund 100.000 Zellen in der Tankmilch zu liegen“, sagt sie. Dafür setzt sie auf eine gute Beobachtung von Milch und Euter und verwendet bei Anzeichen einer Mastitis Eutersalben oder homöopathische Präparate.

Elane startete Ende Februar nach dem 14. Kalb (einmal Zwillinge) am Melkroboter. „Die Eingewöhnung dauerte bei Elane nicht länger als bei den meisten jüngeren Kühen“, sagt Anke Beyen. Darüber, dass die alte Kuh dort melkbar ist, hat die Familie sich zuvor aber auch wenig Sorgen gemacht. Für das hohe Alter seien die Klauen gesund und das Euter noch drüsig und hoch aufgehängt. Lediglich ihr fester Charakter hätte dem also im Weg stehen können.

Platz 2: Deri

Auf dem Zuchtbetrieb der Familie Grünefeld in Rhauderfehn (Niedersachsen) steht Deri stellvertretend für eine Reihe an Kühen mit beeindruckenden Lebensleistungen.

Eine gute Roboterkuh muss mobil sein. Ein gutes Fundament und gesunde Klauen sind daher Pflicht. Ebenso muss sich das Euter für das automatische Melken eignen. Deri VG-87 (Outside x Rudolph) verbindet für Bernd Grünefeld alle diese Eigenschaften – und das seit zwölf Laktationen.

Grünefeld ist hauptverantwortlich für den Milchviehstall. Sein Bruder und die Eltern managen den Stammbetrieb mit Trockenstehern und der Nachzucht.

„Deri ist so unsichtbar, dass ich fast vergessen hätte sie anzumelden“, schrieb der Landwirt in seine Bewerbung für den Wettbewerb. Denn die 15-jährige Kuh läuft ohne Sonderbehandlungen im Boxenlaufstall mit insgesamt 250 Kühen an vier Robotern. Die erste nennenswerte Klauenbehandlung bekam sie in diesem Jahr, Mortellaro hatte sie noch nie. Gar nicht unscheinbar sind allerdings die Zahlen der Kuh. Sie hat eine Lebensleistung von rund 174.000 kg und eine Lebenstagsleistung von mehr als 31 kg/Tag. Deri besucht im Schnitt 2,2 mal täglich den Roboter und verhält sich in der Herde unauffällig.

In der Zucht setzen Grünefelds meist auf töchtergeprüfte Vererber, bei denen sie die hohe Sicherheit zu schätzen wissen. Wichtige Kriterien sind das Exterieur und die Nutzungsdauer. „Ein Minus bei der Milchmenge akzeptiere ich allerdings auch nicht“, sagt der Landwirt. Aktuell melken Grünefelds rund 12.100 kg Milch.

Das Jungvieh lässt der Betrieb nicht genomisch untersuchen, aber selektiert scharf vom Kalb bis zur Färse nach Kuhfamilie, Gesundheit und Exterieur. Das die züchterische Arbeit und das Betriebsmanagement Früchte tragen, zeigen letztendlich die 16 Kühe, die über das vergangene Kontrolljahr mit einer Lebensleistung von mehr als 100.000 kg im Stall standen. Die Abgangsleistung des Betriebs liegt bei 60.000 kg.

„Deri ist sicherlich nicht die klassische Schaukuh“, sagt Grünefeld. Für seinen Stall wünscht er sich dennoch bestenfalls noch mehr Alltagskühe nach ihrem Vorbild. Der Grundstein dafür ist gelegt. Ihre älteste Tochter Derbi (von Boss Iron) hat die Hunderttausender Marke ebenfalls bereits überschritten.

Platz 3: Flora

Auf dem Milchviehbetrieb der Familie Kirchmann in Stiefenhofen (Bayern) glänzt Flora als wirtschaftliche Vorzeigekuh.

Eine durchschnittliche Zwischenkalbezeit von 364 Tagen erreicht eine Kuh nur bei hoher Gesundheit und mit dem passenden Management:Flora (Jublend x Novak) ist mit 14 Jahren und 120.000 kg Lebensleistung nicht die älteste oder hochleistendste Kuh auf dem Braunvieh-Zuchtbetrieb der Familie Kirchmann im Allgäu. „Für uns ist sie aber die beste Alltagskuh, weil sie keine Extrakosten verursacht“, sagt Peter Kirchmann. Denn weder die Fruchtbarkeit noch die Eutergesundheit von Flora, mit im Schnitt 90.000 Zellen über alle Laktationen, bedürfen Sonderbehandlungen.

Schon Senior Martin Kirchmann züchtete gezielt hochleistende, aber langlebige Braunviehkühe. Damit legte er den Grundstein für drei Kuhlinien, die zum Großteil die 47 Kopf starke Milchviehherde des Betriebes ausmachen. Sie melken rund 11.000 kg Milch und erreichen seit zehn Jahren eine Lebensleistung von mehr als 30.000 kg.

Bei der Bullenauswahl entscheidet er mit Augenmaß individuell von Kuh zu Kuh und nutzt vorwiegend Stiere der Alpengenetik und vereinzelt aus der Schweiz und den USA. Die Qualität der Euter rückte mit der Anschaffung eines Melkroboters Ende 2019 in den Fokus. Bei der Umstellung musste der Landwirt zwar keine Kuh wegen des Euters ausselektieren, künftig will er aber noch mehr auf die Strichstellung und Strichlänge achten.

Komfort für Kühe und Nachzucht

Auch wenn der Betrieb den Melkroboter stärker auslasten könnte, soll die Kuhzahl nicht steigen. „Leistung braucht Platz“, sagt Kirchmann. Denn bei allem genetischen Potenzial ist der gute Kuhkomfort auch ein Grund für die Abgangsleistungen von 45.000 bis 61.000 kg. Dafür gibt es Tiefboxen und einen Gummiboden im Fressbereich.

Zusätzlich haben Kirchmanns am Komfort und der Gesundheit der Nachzucht gefeilt. Denn die Kälber waren bis Ende 2018 noch mit im Milchviehstall untergebracht. Da die Lungengesundheit dort nicht optimal war, investierte der Betrieb in einen Offenfrontstall, in dem die Tiere nun deutlich gesünder aufwachsen. Im Sommer steht das ältere Jungvieh zudem auf der eigenen Alpe und anderen Weiden. Diese Aufzucht schafft die Basis für mehr Kühe nach Floras Vorbild. „Wir wollen die Linie um Flora gern weiter verstärken“, sagt Kirchman. Einige gute Töchter von ihr stehen schon im Stall – die älteste ist in der siebten Laktation. Einen Stier kaufte die Besamungsstation.

Unter den Top 10 waren: Heike vom Betrieb Bergmann, Herzlake; Kuh 727 vom Betrieb Auer, Högling; Jolly vom Betrieb Caspar, Heimertshausen; Vienchen vom Betrieb Ewig, Stolberg; Zange vom Betrieb Maier, Mariahof; Witzi vom Betrieb Siebel, Burscheid und Life vom Betrieb Strudthoff, Geveshausen.
Die Top 10-Auswahl in Bildern finden Sie hier.

Julia Habermehl aus Lauterbach hat mit ihrer Bewerbung die Schermaschine Aesculap Durati vom Agrar-Fachversand gewonnen.

Das Weidezaungerät DUO 7 400 vom Agrar-Fachversand erhielt Detlef Bolten aus Wewelsfleth.

Julia Lienau aus Neritz hat die Beta Carotin-Boli mit Eingeber von Kerbl gewonnen.

Dieser Beitrag erschien zuerst in der top agrar Ausgabe 4/20.

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