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Durchfallerreger bei Kälbern: Hartnäckig, aber bezwingbar!

Kryptosporidien werden immer häufiger als Durchfallerreger nachgewiesen. Das zeigen Untersuchungen in rund 100 Betrieben. Es berichten Dr. Wilfried Adams und Dr. Peter Heimberg, LWK NRW.

Lesezeit: 6 Minuten

Dieser Fachbeitrag erschien erstmals in der top agrar 6/2007:

Wenn Kälber schon kurz nach der Geburt plötzlich an hartnäckigem, wässrigem und gelblich-grünem Durchfall leiden, werden immer häufiger die so genannten „Kryptosporidien“ als primäre oder sekundäre Erreger nachgewiesen. Da sie bei der routinemäßigen bakteriologisch-virologischen Analyse von Kotproben auf Durchfallerreger nicht erfasst werden und die Infektion einen ähnlichen Verlauf wie Rota-bedingte Durchfälle zeigen, bleiben sie oft unentdeckt.

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Heute geht man jedoch davon aus, dass im Schnitt ca. 8 % der Kühe dauerhaft Kryptosporidien ausscheiden, obwohl sie selbst keine Symptome zeigen. Sie stellen damit eine permanente Infektionsquelle im Bestand dar.

Häufigster Erreger in den ersten Wochen

Dass Kryptosporidien auf dem Vormarsch sind, zeigt auch eine Untersuchung in 97 hygienisch gut geführten Milchviehbetrieben in Nordrhein-Westfalen. Dort waren die Einzeller sogar der häufigste Erreger bei Durchfällen in den ersten beiden Lebenswochen! Die besser bekannten Kokzidien sind in diesem frühen Alter zwar auch schon nachweisbar. Sie führen aber erst nach dem 2. Lebensmonat zu klinischen Symptomen.

Bei dieser Feldstudie in NRW zeigte sich auch ein deutlicher Zusammenhang des Kryptosporidien-Nachweises mit dem Auftreten klinischer Durchfall-Symptome

Bei der Interpretation muss allerdings berücksichtigt werden, dass bei über 50 % der untersuchten Betriebe Muttertierschutz-Impfungen durchgeführt wurden. Deshalb kommen Rota- und Coronaviren in dieser Untersuchung verhältnismäßig selten vor.

Typische Symptome

Kälber, die an Kryptosporidien bedingtem Durchfall leiden, wirken zunächst noch recht fit. Sie magern dann aber schnell ab, trocknen aus und sind sehr matt. Die Augäpfel sinken tief in die Höhlen, aufgezogene Hautfalten bleiben stehen. Mit der Flüssigkeit verlieren die er- krankten Tiere Puffersubstanzen über den Darm, so dass zusätzlich eine Übersäuerung im Blut stattfindet, die das Kalb schwächt.

Die Austrocknung und Übersäuerung führen dazu, dass die Patienten nicht mehr selbstständig trinken, schließlich festliegen und veren- den, wenn nicht zügig und gezielt eingegriffen wird. Deshalb sollte schon bei ersten Anzeichen von Durchfall grundsätzlich mit dem Zufüttern von Elektrolyttränken begonnen werden, noch bevor die Tränkeaufnahme zurückgeht. Denn die dann notwendigen Maßnahmen bedingen zusätzliche Risiken (Drenchen durch den Landwirt) oder Kosten (Dauertropfinfusion durch den Haustierarzt) für das Kalb.

Das Angebot von Biestmilch, Vollmilch oder MAT muss dabei beibehalten werden, um die energetische Versorgung des Kalbes sicherzustellen und die maximale Flüssigkeitsaufnahme zu garantieren.

Neben den klinischen Symptomen ist ein Indiz für einen von Kryptosporidien verursachten Durchfall auch, dass die immer noch zu häufig blind versuchten Behandlungsmaßnahmen wie Antibiotikagaben oder auch Prophylaxeprogramme mit Muttertier- oder Schluckimpfungen nicht anschlagen. Der exakte Nachweis kann aber nur über eine spezifische mikroskopische Laboruntersuchung erfolgen, die beim Einsenden der Kotproben ausdrücklich verlangt werden muss.

Was kann man tun?

Da es bisher keine echte Therapie gegen Kryptosporidien-bedingten Durchfall gibt, kann man nur in der Frühphase der Infektion vorbeugend tätig werden. Geeignet und zugelassen ist dafür der Wirkstoff Halofuginon-Laktat (Produkt: Halocur, Fa. Intervet), das den gefährdeten Kälbern ab den ersten 24 bis 48 Lebensstunden und danach gewichtsabhängig einmal täglich über sieben Tage oral, entweder über die Tränke oder über einen mitgelieferten Applikator, verabreicht werden muss.

Die Dosis beträgt 1 ml/5 kg Körpergewicht. Die Erfahrungen haben gezeigt, dass damit die Durchfallrate gegenüber unbehandelten Kontrolltieren um nahezu die Hälfte gesenkt werden kann. Der Wirkstoff reduziert die Vermehrung der Erreger im Kalb. Somit wird der Infektionsdruck für das Einzeltier und insgesamt im Betrieb deutlich gesenkt.

Im Rahmen eines metaphylaktischen Behandlungsversuches muss das Präparat deshalb aber unbedingt innerhalb der ersten 24 Stunden nach Beginn des Durchfalls verabreicht werden, noch bevor sich die schädlichen Einzeller explosionsartig vermehrt haben und zu gravierenden klinischen Symptomen führen.

Bei der Anwendung des Präparates muss die Dosierung genau eingehalten werden, da bereits bei zweifacher Überdosierung Gefahr besteht, dass das Tier vergiftet wird. Außerdem darf das Medikament nicht auf leeren Magen verabreicht werden.

Der Verlauf einer Kryptosporidien-Infektion lässt sich nicht durch eine verlängerte Biestmilchgabe beeinflussen. Dennoch sollte, auch im Hinblick auf die übrigen am Kälberdurchfall-Komplex beteiligten Erreger wie Rota- und Coronaviren oder E. coli, auf eine frühzeitige und ausreichende Biestmilchgabe nach der Geburt nicht verzichtet werden.

Flüssigkeitsverlust ausgleichen

Wie bei jedem Kälberdurchfallgeschehen üblich, müssen therapeutisch neben der Erregerbekämpfung unbedingt der Flüssigkeits- und Substratverlust ausgeglichen werden, damit die Tiere munter bleiben und weiterhin selbstständig Tränke aufnehmen. Dies geschieht idealerweise durch ein bis zwei zusätzliche Elektrolytränkegaben als Ergänzung zur bislang eingesetzten Tränke, die über Bikarbonatanteile auch gleichzeitig die Übersäuerung des kranken Kalbes abmildern können.

Elektrolyttränken sind dazu gedacht, zusätzlich zur Grundtränke Flüssigkeit, Salze und Puffersubstanzen zu verabreichen, sie sind kein Ersatz! Daher sollten sie zwischen den eigentlichen Mahlzeiten ergänzend gegeben werden. Die Wahl dieser Tränke ist zweitrangig.

Gründliche Desinfektion zerstört die Oozysten

Neben diesen Erste-Hilfe-Maßnahmen an den Tieren selbst, ist es unerlässlich, dass die Kälberboxen desinfiziert werden, um die Dauerform der Kryptosporidien, die Oozysten abzutöten. Kranke Kälber scheiden bis zu 250.000 Oozysten pro Gramm Kot aus. Diese Eier kön- nen zudem monatelang außerhalb des Organismus überleben. Die Schwierigkeit dabei ist allerdings, dass die „Eier“ der Kryptosporidien gegenüber den meisten Desinfektionsmitteln resistent sind, so dass der Infektionsdruck mit Standardpräparaten nicht gesenkt werden kann.

Wie bei der Bekämpfung von Kokzidien werden Kresolhaltige Desinfektionsmittel, die eine geprüfte Wirksamkeit gegen Kokzidienoozysten gemäß der aktuellen DLG-Desinfektionsmittelliste haben, empfohlen. Sie sollen zu einer nachhaltigen Reduzierung der Infektionsfähigkeit der Dauerformen führen können. Allerdings fehlen bisher Untersuchungen, die diese Wirkung eindeutig belegen.

Vor dem Einsatz der Desinfektionsmittel wird der Stall gründlich gereinigt. Die meisten Produkte können im belegten Stall angewandt werden. Um eine sofortige Rekontamination zu vermeiden, ist jedoch das Umstallen der betroffenen Kälbergeneration in einen Ausweichstall sinnvoll. Dann wird die Gebrauchslösung (3 bis 4 %ig) gleichmäßig (0,4 Liter pro m2) mit einem Hochdruckreiniger oder mit einer herkömmlichen Stallspritze auf den Stallboden, auf Wandflächen bis mindestens 1,5 m Höhe und auf Einrichtungsgegenstände aufge- bracht. Die Mindesteinwirkzeit beträgt meist 2 Stunden.

Allgemeine Hygienemaßnahmen wie die tägliche Heißwasserreinigung der Tränkeeimer und Nuckel, Einzelhüttenhaltung in den ersten Lebenswochen, saubere Einstreu und die Bildung möglichst konstant zusammengesetzter Jungtiergruppen tragen zur Infektionsprophylaxe bei. Wegen der permanenten Ausscheidung der Erreger durch einige ältere Kühe ist auch eine strikte räumliche Trennung von Milchkuhherde und Jungtieraufzucht empfehlenswert.

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