Einloggen / Registrieren

Startseite

Schlagzeilen
Messen & Termine
Themen
Wir für Euch
Sonstiges

Stilllegung 2024 Agrardiesel-Debatte Bürokratieabbau

Endlich BHV1 frei

EU-Tiergesundheitsrecht: Diese Änderungen gelten jetzt in Deutschland

Das neue EU-Tiergesundheitsrecht tritt im April in allen Mitgliedsstaaten in Kraft. Im Fokus stehen Tierseuchen und Biosicherheit.

Lesezeit: 6 Minuten

Ab dem 21. April 2021 sollen alle EU-Mitgliedsstaaten die Vorschriften des neue EU-Tiergesundheitsrechts nach fünf Jahren Übergangsfrist anwenden.

Im sogenannten Animal Health Law (AHL) hat die EU laut Bundesministerium für Ernährung und Landwirtschaft (BMEL) viele schon bestehende Punkte übernommen, aber auch neue Schwerpunkte gesetzt. Dazu zählen:

Das Wichtigste zu den Themen Rind + Milch mittwochs per Mail!

Mit Eintragung zum Newsletter stimme ich der Nutzung meiner E-Mail-Adresse im Rahmen des gewählten Newsletters und zugehörigen Angeboten gemäß der AGBs und den Datenschutzhinweisen zu.

  • Das Vorbeugen und Bekämpfen von Tierseuchen mit einem risikobasierten Ansatz stehen im Vordergrund. Biosicherheit erhält mehr Bedeutung. Es gibt flexible Maßnahmen zur Bekämpfung von Seuchen.



  • Tierseuchen sind neu kategorisiert und priorisiert.



  • Die Verantwortung von Tierhaltern, Unternehmern, Tierärzten und zuständigen Behörden wird hervorgehoben.

Teile noch in Arbeit

Obwohl der Anwendungsbeginn in Kürze erfolgen soll, scheinen zum Redaktionsschluss einige Punkte für die Umsetzung des AHL in Deutschland noch ungeklärt zu sein. Zudem sind Durchführungsverordnungen der EU selbst teils nicht komplett fertiggestellt.

Der Agrarausschuss des europäischen Parlaments diskutierte am 4. März über eine mögliche Aufschiebung. Dr. Hans-Peter Schons, Geschäftsführer der Arbeitsgemeinschaft Deutscher Tierzüchter berichtet daraus: „Die große Mehrheit der Abgeordneten plädierte für eine Verschiebung.“ Die Wahrscheinlichkeit dafür soll aber nicht sonderlich hoch sein. Die bisher ungeklärten Punkte sollten laut Schons schnellstmöglich verabschiedet und im Amtsblatt veröffentlicht werden, damit die Staaten und die Wirtschaft alle relevanten Bestimmungen kennen und sich auf die neue Situation einstellen können.

Der neue Fokus auf Tierseuchen führt auch zu Veränderungen bei der Bekämpfung von Bovinem Herpesvirus (BHV1), Boviner Virus-Diarrhoe (BVD) und der Blauzungenkrankheit (BTV). Ziel ist, bei diesen Seuchen den Freiheitsstatus zu erhalten – als anerkannt freies Land oder freie Zone innerhalb eines Landes. Solange die Krankheit noch in zu hohem Ausmaße in der Rinderpopulation zirkuliert, führt der Weg zur Freiheit ab April über ein offizielles Tilgungsprogramm.

BHV1 – Vorerst beim Alten

Das AHL erkennt an, dass Deutschland seit 2017 als BHV1-frei gilt. 2020 gab es laut Friedrich-Loeffler Institut (FLI) auf insgesamt sieben Betrieben sogenannte Verdachtsfälle oder Ausbrüche. In diesem Jahr sind bisher zehn Verdachtsfälle bekannt. Davon acht in NRW und jeweils einer in Mecklenburg-Vorpommern und Niedersachsen.

Für den Status „frei“ nach dem AHL müssen in einem Land bzw. einer Zone mindestens 99,8% der Betriebe, die mindestens 99,9% der entsprechenden Rinderpopulation repräsentieren, frei sein. Das Impfen ist zudem verboten.

„Für die BHV1-Bekämpfung in Deutschland ändert sich zunächst einmal nichts“, bestätigt Professor Franz Conraths, Leiter des Instituts für Epidemiologie am FLI. Es bleibt beim bewährten Testverfahren mit Blut- und Milchproben. Wenn 2022 die Fünf-Jahres-Frist der Freiheit überbrückt ist, könnte sich die Überwachung auf einen risikobasierten Ansatz und stichprobenartige Kontrollen ändern.

Laut Dr. Hans-Jürgen Seeger vom Tiergesundheitsdienst Aulendorf (Baden-Württemberg) wäre es in Zukunft z.B. möglich, dass die Rindermast über Stichprobenkontrollen am Schlachthof kontrolliert wird. „Zurzeit werden in einer Bund-Länder-Arbeitsgruppe Vorschläge für die Gestaltung der zukünftigen Überwachung diskutiert“, sagt das BMEL auf top agrar-Anfrage.

BVD – Ohrstanzprobe Bleibt

Seit dem Start des BVD-Bekämpfungsprogramms im Jahr 2011 in Deutschland, zu dem die Ohrstanzproben bei Kälbern zählen, hat sich die Fallzahl stark verringert. 2019 lag die Prävalenz von Betrieben mit persistent infizierten (PI)-Tieren laut FLI-Zahlen bei 0,047%. 2011 waren es noch rund 3,5% der Betriebe.

Auch hier ist nach neuem Recht bei Freiheit ein Impfverbot nötig, das mehrere Bundesländer schon erlassen haben. Es gilt ebenfalls die Regel: 99,8% der Betriebe, mit mindestens 99,9% der Rinderpopulation müssen frei sein. Hinzu kommt, dass seit 18 Monaten kein Fall von BVD bei einem Rind bestätigt sein darf.

Die Bundesländer haben Anträge an die Europäische Union zur Gewährung des Status „frei“ oder zur Genehmigung eines Tilgungsprogramms gestellt. Sachsen hat beispielsweise den Antrag für das gesamte Bundesland gestellt, Baden-Württemberg für alle Kreise mit Ausnahme von einem. „Noch nicht ganz klar ist, wie in Zukunft der Handel zwischen freien Regionen und solchen mit Tilgungsprogrammen läuft“, sagt Seeger. Daher würden auch vorerst alle Bundesländer an den flächendeckenden Ohrstanzproben für Kälber festhalten. Die Proben sind ab dem Start des AHL aber einige Tage früher, spätestens bis zum 20. Lebenstag zu entnehmen.

Das BMEL weist zudem darauf hin, dass ein BVD-freier Betrieb in einer freien Zone keine geimpften Tiere einstallen darf.

„Parallel zur bekannten Beprobung sollen in den freien Zonen serologische Testverfahren eingeführt werden“, sagt Seeger. Dazu könnte z.B. der Nachweis von Antikörpern aus Blutproben oder der Tankmilch zählen. Die serologischen Verfahren sollen zukünftig die Ohrstanzproben ablösen. Nachteil des Verfahrens ist jedoch, dass es eine geringere Sicherheit hat und geimpfte Tiere nicht von infizierten unterschieden werden können.

BTV – Noch unklar

Im Jahr 2019 notierte das FLI 59 Blauzungen-Ausbrüche in Deutschland. 2020 waren es zwei. Anfang Februar dieses Jahres wurde ein Fall in Rheinland-Pfalz bekannt, der zur Erweiterung bestehender Restriktionszonen führte. Solche gibt es derzeit in Baden-Württemberg, Rheinland-Pfalz und dem Saarland sowie in Teilen von Bayern, Hessen und Nordrhein-Westfahlen.

„Die Regelungen des EU-Tiergesundheitsrechts zu der Seuche sind sehr komplex“, so das BMEL. Länder und Landesteile, die nicht von Restriktionen betroffen sind, haben Anträge für den Freiheitsstatus gestellt. Dieser führt zu deutlichen Handelserleichterungen.

Bayern, Hessen und NRW haben zudem Anträge zur Aufhebung der Restriktionen in Zonen, in denen mindestens zwei Jahre kein BTV nachgewiesen wurde, gestellt. „Auch Baden-Württemberg wird in den nächsten Wochen einen Antrag einreichen. Diese Länder versuchen vor dem 21. April noch für bestimmte Zonen den BTV-frei Status zu erlagen. Denn andernfalls wäre ein erfolgreiches Tilgungsprogramm notwendig, was deutlich aufwendiger ist“, erläutert Seeger und ergänzt: „Ohne Impfung wird auch zukünftig eine Tilgung der Blauzungenkrankheit nicht erreichbar sein.“ Die Diskussion zwischen den Ländern zu einer Tilgungs- und Impfstrategie und zu Ausnahmeregelungen beim Handel sind laut BMEL noch nicht abgeschlossen.

„Auch das Thema Kälberhandel ist noch in Abstimmung“, sagt Seeger. Nach einer Impfung und Wartezeit sei der Handel von Tieren aus Tilgungszonen heraus möglich. Unklar ist noch, unter welchen Bedingungen der maternale Schutz über die Antikörper aus der Biestmilch bei Kälbern zukünftig anerkannt wird.

Weiterhin kann jeder Staat bzw. jede Zone festlegen, zu welchen Bedingungen beispielsweise Kälber aufgestallt werden dürfen. Bisher hatte Deutschland dabei z.B. Absprachen mit Spanien und den Benelux-Staaten getroffen. Bilaterale Abkommen sind zukünftig aber laut Seeger nicht mehr möglich: „Setzt ein Land Aufnahmebedingungen fest, gelten diese für die ganze EU.“

top + Letzte Chance: Nur noch bis zum 01.04.24

3 Monate top agrar Digital + 2 Wintermützen GRATIS

Wie zufrieden sind Sie mit topagrar.com?

Was können wir noch verbessern?

Weitere Informationen zur Verarbeitung Ihrer Daten finden Sie in unserer Datenschutzerklärung.

Vielen Dank für Ihr Feedback!

Wir arbeiten stetig daran, Ihre Erfahrung mit topagrar.com zu verbessern. Dazu ist Ihre Meinung für uns unverzichtbar.