Kälberhaltung: In flexibel anpassbare Systeme investieren
Mehr Platz oder paarweise Haltung? Die Vorgaben für die Kälberhaltung könnten sich künftig ändern. Flexibel anpassbare Systeme sollen dieser Unsicherheit begegnen.
Die Diskussionen darum, wie Kälber auf Milchkuhbetrieben zu halten sind, nehmen zu. Das zeigt beispielsweise das Interesse vieler Betriebe an der kuhgebundenen Kälberaufzucht oder Ammenkuh-Haltung. Aber auch die europäische Bürgerinitiative „End the Cage Age“ („Beendet das Käfigzeitalter“). Die fordert von der EU-Kommission unter anderem ein Verbot der Einzelhaltung von Kälbern bis 2027. Sollte sich die Initiative durchsetzen, müssten Kälber zukünftig mindestens paarweise gehalten werden.
Aber auch das kurzfristige Anheben des Mindesttransportalters von Kälbern auf 28 Tage hat gezeigt, dass sich die gesetzlichen Vorgaben für die Kälberhaltung schnell ändern können. Die Europäische Union will dabei sogar noch einen Schritt weiter gehen und den Transport von Kälbern erst ab 35 Tagen erlauben. Bis Ende 2023 will die EU-Kommission unter anderem die Tierschutzgesetze für Transporte überarbeiten.
„Wir empfehlen Landwirtinnen und Landwirten, die jetzt in die Kälberhaltung investieren wollen bzw. müssen, sich auf mögliche gesetzliche Änderungen einzustellen“, sagt Hanna Hermbusch von der Landwirtschaftskammer Nordrhein-Westfalen. „Dazu zählt die Möglichkeit, Kälber paarweise zu halten und auch mehr Platz pro Tier einzuplanen.“ Viele Berater empfehlen die paarweise Haltung außerdem mit Blick auf das Sozial- und Fressverhalten sowie Tageszunahmen. Was es dabei zu beachten gibt, lesen Sie in unserem Beitrag "Kälberhaltung in Paaren: Besser gemeinsam statt einsam".
Auch Anbieter von Kälberhaltungstechnik berichten, dass ihre Kunden variable Lösungen suchen. Einige Unternehmen bewerben Boxen, die mehr Platz bieten als minimal vorgeschrieben ist, und/oder sich zur paarweisen bzw. Kleingruppenhaltung eignen. Das sind beispielsweise Iglus mit mehr als 3 m2 Liegefläche, die bisher nur für bis zu acht Wochen alte Kälber zum Einsatz kamen.
Andere Hersteller bieten Systeme, bei denen sich der Auslauf von zwei Boxen oder Iglus verbinden lässt. So lassen sich Kälber paarweise bzw. in Kleingruppen halten. Eine Eigenbauversion dazu in Kombination mit einem Tränkeautomaten haben wir vorgestellt (siehe top agrar 3/2022, „Mehr Tierwohl für Kälber“). Speziell für die gemeinsame Aufzucht von zwei Kälbern gibt es ebenfalls Boxen oder Iglus, die mehr Platz und Halterungen für zwei Eimer bieten.
Ähnliches gilt für Indoor- oder sogenannte Penn-Systeme: Hier bieten die meisten Anbieter die Möglichkeit, die Zwischenwände herauszunehmen und so die Fläche zu erweitern. So müssen die Kälber im Zweifel längere Zeit nicht umgestallt werden: Aus der Einzelbox wird eine Zweierbox und daraus eine Gruppenbucht. „Voraussetzung ist ein geeignetes Stallgebäude mit einer für die Jungtiere optimalen Belüftung“, sagt Hanna Hermbusch.
Wichtig bei allen Systemen ist außerdem, die gesetzlichen Vorgaben für die Kälberhaltung zu beachten. Denn im Zweifel erfüllen zwei kombinierte Einzelboxen nicht die Auflagen bzgl. der Mindestfläche für eine Doppelbox.
Das ist aktuell erlaubt
Wie Kälber gehalten werden dürfen, regelt die Tierschutz-Nutztierhaltungsverordnung (TierSchNutzV). Demnach gilt für die Größe einer Box bei Einzelhaltung von Kälbern bis zwei Wochen :
Innenmaß (L x B x H) von mindestens: 120 x 80 x 80 cm
und bei Einzelhaltung von Kälbern zwei bis acht Wochen :
Länge von mind. 160 cm (Trog außen) bzw. 180 cm (Trog innen),
Breite von mind. 100 cm (Begrenzung reicht bis Boden) bzw. 90 cm
Ab acht Wochen dürfen Kälber nur einzeln gehalten werden, wenn nicht mehr Tiere im Betrieb vorhanden sind oder wenn Kälber erkrankt bzw. in Quarantäne sind. Die Box muss dann mind. 180 bzw. 200 cm lang und 120 bzw. 100 cm breit sein.
Übers. 1: Vorgeschriebener Platz in der Gruppenhaltung
Für die ersten Lebenswochen gilt eine Mindestfläche von 1,5 m2 pro Kalb.
Für die Gruppenhaltung von Kälbern gilt eine Mindestfläche pro Kalb, abhängig vom Lebendgewicht (Übers. 1). Zusätzlich gilt für Kleingruppen von zwei oder drei Tieren:
Im Alter von zwei bis acht Wochen eine Buchtengröße von mindestens 4,5 m2,
im Alter von mehr als acht Wochen eine Buchtengröße von mindestens 6 m2.
Einige Hersteller bieten Systeme für die Einzelhaltung an, die sich mit herausnehmbaren Zwischenwänden erweitern lassen. Aber Vorsicht: Aus den Vorgaben der Verordnung ergibt sich, dass zwei miteinander verbundene Einzelboxen mit 160 x 100 cm nicht für zwei Kälber geeignet sind (Übersicht 2). Diese Kombination bietet nur 3,2 m2 statt der geforderten 4,5 m2. Stattdessen braucht es bei dieser Grundfläche drei Boxen, die für zwei bis drei Kälber nutzbar sind. Bei der Investition in Haltungstechnik ist auch zu bedenken, dass sich ein Rein-Raus-Verfahren umsetzen lässt. Beraterin Hanna Hermbusch betont: „Es müssen ausreichend Iglus oder Boxen vorhanden sein, um diese mindestens zwei Wochen vor der nächsten Belegung leer stehen zu lassen.“
Übersicht 2: Vorgabe für Kleingruppen - eins plus eins ist nicht gleich zwei
Die Diskussionen darum, wie Kälber auf Milchkuhbetrieben zu halten sind, nehmen zu. Das zeigt beispielsweise das Interesse vieler Betriebe an der kuhgebundenen Kälberaufzucht oder Ammenkuh-Haltung. Aber auch die europäische Bürgerinitiative „End the Cage Age“ („Beendet das Käfigzeitalter“). Die fordert von der EU-Kommission unter anderem ein Verbot der Einzelhaltung von Kälbern bis 2027. Sollte sich die Initiative durchsetzen, müssten Kälber zukünftig mindestens paarweise gehalten werden.
Aber auch das kurzfristige Anheben des Mindesttransportalters von Kälbern auf 28 Tage hat gezeigt, dass sich die gesetzlichen Vorgaben für die Kälberhaltung schnell ändern können. Die Europäische Union will dabei sogar noch einen Schritt weiter gehen und den Transport von Kälbern erst ab 35 Tagen erlauben. Bis Ende 2023 will die EU-Kommission unter anderem die Tierschutzgesetze für Transporte überarbeiten.
„Wir empfehlen Landwirtinnen und Landwirten, die jetzt in die Kälberhaltung investieren wollen bzw. müssen, sich auf mögliche gesetzliche Änderungen einzustellen“, sagt Hanna Hermbusch von der Landwirtschaftskammer Nordrhein-Westfalen. „Dazu zählt die Möglichkeit, Kälber paarweise zu halten und auch mehr Platz pro Tier einzuplanen.“ Viele Berater empfehlen die paarweise Haltung außerdem mit Blick auf das Sozial- und Fressverhalten sowie Tageszunahmen. Was es dabei zu beachten gibt, lesen Sie in unserem Beitrag "Kälberhaltung in Paaren: Besser gemeinsam statt einsam".
Auch Anbieter von Kälberhaltungstechnik berichten, dass ihre Kunden variable Lösungen suchen. Einige Unternehmen bewerben Boxen, die mehr Platz bieten als minimal vorgeschrieben ist, und/oder sich zur paarweisen bzw. Kleingruppenhaltung eignen. Das sind beispielsweise Iglus mit mehr als 3 m2 Liegefläche, die bisher nur für bis zu acht Wochen alte Kälber zum Einsatz kamen.
Andere Hersteller bieten Systeme, bei denen sich der Auslauf von zwei Boxen oder Iglus verbinden lässt. So lassen sich Kälber paarweise bzw. in Kleingruppen halten. Eine Eigenbauversion dazu in Kombination mit einem Tränkeautomaten haben wir vorgestellt (siehe top agrar 3/2022, „Mehr Tierwohl für Kälber“). Speziell für die gemeinsame Aufzucht von zwei Kälbern gibt es ebenfalls Boxen oder Iglus, die mehr Platz und Halterungen für zwei Eimer bieten.
Ähnliches gilt für Indoor- oder sogenannte Penn-Systeme: Hier bieten die meisten Anbieter die Möglichkeit, die Zwischenwände herauszunehmen und so die Fläche zu erweitern. So müssen die Kälber im Zweifel längere Zeit nicht umgestallt werden: Aus der Einzelbox wird eine Zweierbox und daraus eine Gruppenbucht. „Voraussetzung ist ein geeignetes Stallgebäude mit einer für die Jungtiere optimalen Belüftung“, sagt Hanna Hermbusch.
Wichtig bei allen Systemen ist außerdem, die gesetzlichen Vorgaben für die Kälberhaltung zu beachten. Denn im Zweifel erfüllen zwei kombinierte Einzelboxen nicht die Auflagen bzgl. der Mindestfläche für eine Doppelbox.
Das ist aktuell erlaubt
Wie Kälber gehalten werden dürfen, regelt die Tierschutz-Nutztierhaltungsverordnung (TierSchNutzV). Demnach gilt für die Größe einer Box bei Einzelhaltung von Kälbern bis zwei Wochen :
Innenmaß (L x B x H) von mindestens: 120 x 80 x 80 cm
und bei Einzelhaltung von Kälbern zwei bis acht Wochen :
Länge von mind. 160 cm (Trog außen) bzw. 180 cm (Trog innen),
Breite von mind. 100 cm (Begrenzung reicht bis Boden) bzw. 90 cm
Ab acht Wochen dürfen Kälber nur einzeln gehalten werden, wenn nicht mehr Tiere im Betrieb vorhanden sind oder wenn Kälber erkrankt bzw. in Quarantäne sind. Die Box muss dann mind. 180 bzw. 200 cm lang und 120 bzw. 100 cm breit sein.
Übers. 1: Vorgeschriebener Platz in der Gruppenhaltung
Für die ersten Lebenswochen gilt eine Mindestfläche von 1,5 m2 pro Kalb.
Für die Gruppenhaltung von Kälbern gilt eine Mindestfläche pro Kalb, abhängig vom Lebendgewicht (Übers. 1). Zusätzlich gilt für Kleingruppen von zwei oder drei Tieren:
Im Alter von zwei bis acht Wochen eine Buchtengröße von mindestens 4,5 m2,
im Alter von mehr als acht Wochen eine Buchtengröße von mindestens 6 m2.
Einige Hersteller bieten Systeme für die Einzelhaltung an, die sich mit herausnehmbaren Zwischenwänden erweitern lassen. Aber Vorsicht: Aus den Vorgaben der Verordnung ergibt sich, dass zwei miteinander verbundene Einzelboxen mit 160 x 100 cm nicht für zwei Kälber geeignet sind (Übersicht 2). Diese Kombination bietet nur 3,2 m2 statt der geforderten 4,5 m2. Stattdessen braucht es bei dieser Grundfläche drei Boxen, die für zwei bis drei Kälber nutzbar sind. Bei der Investition in Haltungstechnik ist auch zu bedenken, dass sich ein Rein-Raus-Verfahren umsetzen lässt. Beraterin Hanna Hermbusch betont: „Es müssen ausreichend Iglus oder Boxen vorhanden sein, um diese mindestens zwei Wochen vor der nächsten Belegung leer stehen zu lassen.“
Übersicht 2: Vorgabe für Kleingruppen - eins plus eins ist nicht gleich zwei
