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Früh Abkalben: Geringere Kosten und weniger Milch

Die Färsen von Milchviehhalter Stefan Freuen kalben im Schnitt mit 23,4 Monaten ab. Vor 20 Jahren lag der Wert noch bei 30 Monaten. Wie wirkt sich das Erstkalbealter auf die Leistung aus?

Lesezeit: 8 Minuten

Stefan Freuen dokumentiert seit 25 Jahren Fruchtbarkeits- und Milchleistungsdaten auf seinem Betrieb. Um Rückschlüsse auf das optimale Erstkalbealter (EKA) zu erhalten, analysierte er die Zahlen mithilfe von Prof. Dr. Hoy von der Universität Gießen.

Mit zwei weiteren Landwirten bewirtschaftet Freuen die FNS Milch GbR in Weinsheim (Rheinland-Pfalz). Die Milchleistung der 220 Kühe liegt bei 11.120 kg/Kuh und Jahr bei einer durchschnittlichen somatischen Zellzahl von 146.000 Zellen/ml. Die Lebensleistung pro Kuh beträgt rund 33.460 kg. Der Fettgehalt liegt bei 3,74 %, der Eiweißgehalt bei 3,36 %. Die Färsen kalben im Schnitt mit 23,4 Monaten zum ersten Mal ab.

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Freuen erfasste Daten von nahezu 900 Rindern. Für die Auswertung nutzte er Daten aus dem Zeitraum von 1997 bis 2016 (20 Jahre). Er erfasste:

  • Geburtsjahr und -jahreszeit
  • Erstbesamungsalter (EBA)
  • Färsenkonzeptionsalter (FKA)
  • Erstkalbealter (EKA)
  • 100 Tage-Leistung(Milch-kg, Fett-kg)
  • Anzahl Laktationstage
  • Milchleistung (kg) und Fettmenge (kg) in der ersten Laktation
  • Geburtsgewicht der Kälber

Der Betriebsleiter schätzte das Geburtsgewicht der Kälber und teilte es in vier Klassen: 35, 40, 45 und 50 kg. Bei der Umstallung in den Besamungsstall im Alter von elf bis zwölf Monaten ermittelte er die Gewichte mithilfe eines Maßbandes. Mit beiden Werten berechnete Freuen die täglichen Zunahmen.

Erstkalbealter gesenkt

Die Auswertung zeigt, dass das EBA, das FKA und das EKA im Auswertungszeitraum deutlich gesunken ist: Während Ende der 90er-Jahre das EBA noch bei 20,6, das FKA bei 21,0 und das EKA noch bei mehr als 30 Monaten lag, gingen die Werte bis 2016 um etwa acht Monate zurück. Im Jahr 2015 erreichte der Betrieb ein mittleres EKA von 22,2 Monaten.

Über den gesamten 20-jährigen Auswertungszeitraum lagen das EBA bei 15,2 und das EKA bei 25,1 Monaten. Zwischen der ersten Besamung und der Besamung, die zur Konzeption führte, verging im Schnitt rund ein Monat. Im Zehn-Jahres-Auswertungszeitraum (2007 bis 2016) verringerten sich alle drei Kenngrößen bereits um mehr als einen Monat (im Vergleich zum gesamten 20-jährigen Zeitraum). Im Mittel der letzten fünf Jahre erreichte Freuen noch einmal eine Vorverlegung um nahezu einen Monat.

Ein möglicher Grund könnte sein, dass die vier bis zwölf Monate alten Jungrinder seit 2001 eine Totale-Misch-Ration (TMR) erhalten. In den Jahren davor bekamen Rinder dieser Altersgruppe ausschließlich Grassilage. Außerdem investierte die GbR 2010 in einen neuen Kälberstall. Dadurch stiegen die Tageszunahmen und eine frühere Belegung war möglich.

Vorteile für Herbst- und Winterkälber

Die signifikant niedrigsten Werte für EBA, FKA und EKA erzielten die im Herbst/Winter geborenen Tiere. Im Vergleich zu den Kälbern, die im Frühling zur Welt kamen, kalbten sie im Mittel einen Monat früher ab. In der Auswertung zählen zum Herbst die Monate September bis November, zum Winter der Zeitraum von Dezember bis Februar. Unterschiede von etwa einem Monat traten auch beim EBA und FKA auf. Die Ursache liegt im Wachstum der Kälber: Die im Herbst geborenen Tiere hatten tägliche Zunahmen von 904 g; die im Winter geborenen von 879 g (nicht signifikant). Demgegenüber erzielten die im Frühjahr (818 g) und die im Sommer (852 g) geborenen Kälber niedrigere tägliche Zunahmen. Die Umgebungstemperatur der Transitkuh und des neugeborenen Kalbes können mögliche Ursachen für die höheren Zunahmen der in der dunklen Jahreszeit geborenen Kälber sein.

Um den Einfluss der Tageszunahmen auf das EBA bzw. EKA besser bewerten zu können, legten Landwirt und Wissenschaftler drei Gruppen fest:

  • bis 799 g
  • 800 bis 912 g
  • mehr als 912 tägliche Zunahmen von Geburt bis Umstallung in den Besamungsstall

Die Mittelwerte der drei Klassen betrugen 731, 854 bzw. 997 g. Die signifikant niedrigsten Werte für EBA, FKA und EKA erzielten die Jungrinder mit den höchsten täglichen Zunahmen (Übersicht 1). Die Steigerung der Tageszunahmen um rund 260 g bewirkte die Vorverlegung des Kalbezeitpunktes um etwa zwei Monate. Dabei ist allerdings nicht allein die Lebendmasse bedeutsam, sondern auch die physiologische Reife und die Geschlechtsgesundheit.Von 2003 bis 2009 sanken die Zunahmen auf etwa 800 g/Tier und Tag. Ursache dafür war der, trotz mehrfachen Aufrauens, immer glatter werdende Betonlaufgang. 2010 investierte der Betrieb in Gummibodenbeläge. Danach stiegen die Zunahmen deutlich und erreichten 2012 und 2014 mehr als 930 g/Tier und Tag. Einfluss darauf hat auch die Kälber-Trocken-TMR, die Freuen seit 2012 verfüttert.

Einfluss auf Milchleistung

Die Lebenstagszunahmen hatten einen signifikanten Einfluss auf die Leistungen (Milch-, Fett-kg) in der ersten Laktation (berechnet unter Berücksichtigung von Jahr, EKA und Anzahl der Laktationstage je Jungkuh). Die höchste Leistung erzielten Färsen mit mittleren Zunahmen von etwa 855 g. Die niedrigste Leistung wurde bei unterdurchschnittlichen Zunahmen von 732 g im Mittel erreicht. Bei sehr hohen durchschnittlichen Werten von täglich fast 1.000 g ging die Laktationsleistung wieder deutlich zurück. Eine mögliche Ursache dafür kann die Verfettung des Eutergewebes sein. Auch der Einfluss des Zahnwechsels der Rinder zwischen dem 21. und 26. Lebensmonat, kann eine Rolle spielen. In der Zeit nehmen die Tiere weniger Futter auf.



Weniger Milch bei zu niedrigem Erstkalbealter

Obwohl Wissenschaftler ein geringes EKA empfehlen, erreichen Färsen, die früh abgekalbt haben, nicht die höchste Milchleistung. Am meisten Milch gaben bei FNS Milch GbR die bei der Kalbung ältesten Tiere (Übersicht 2). Um das herauszufinden, wurden drei ähnlich große Klassen gebildet:

  • jünger als 23,8 Monate
  • 23,8 bis 25,6 Monate
  • älter als 25,6 Monate

Der Unterschied in der Milchleistung zwischen den bei der Kalbung ältesten und den jüngsten Tieren betrug rund 125 kg bzw. 1,25 kg Milch pro Tag. Die Differenz zwischen den ältesten Erstkalbinnen und den Färsen in der zweiten Altersklasse lag bei etwa 100 kg (1,0 kg/Tag). Unterschiede gab es auch bei der Fettmenge in den ersten 100 Laktationstagen: Die bei der Kalbung ältesten Färsen erzeugten 115 kg Fett, die jüngeren Tiere jeweils 106 kg. Die bei der Abkalbung ältesten Jungkühe hatten mit 8.647 eine um 1.100 kg höhere Milchleistung in der ersten Laktation als die jüngsten Färsen (7.532 kg). Die Erstkalbinnen in der mittleren Altersklasse gaben 8.242 kg Milch, also etwa 400 kg Milch weniger als die Färsen mit dem höchsten EKA und 700 kg mehr als die jüngsten Erstkalbinnen (Übersicht 3).

Ähnliche Ergebnisse ergaben sich zur Fett-Leistung (kg) in der ersten Laktation: Die ältesten Färsen hatten mit 348,2 kg die signifikant höchste Leistung, die jüngsten mit 304,4 kg die niedrigste. Die Jungkühe mit einem mittleren Erstkalbealter von 24,4 Monaten erzeugten etwa 26 kg Fett in der ersten Laktation mehr als die jüngsten und knapp 18 kg weniger als die ältesten Tiere. Die Erklärung liegt vermutlich in der physiologischen Reife. Für eine hohe Milchleistung sind ein möglichst gut ausgeprägtes Eutergewebe und eine optimale Laktationsphysiologie erforderlich. Werden Färsen mit hohen Zunahmen früh belegt und kalben frühzeitig ab, haben sie zwar das Ziel-Gewicht von rund 650 kg bei der Kalbung erreicht. Wahrscheinlich ist das Drüsengewebe aber noch nicht voll ausgeprägt und hormonelle Vorgänge bei der Milchbildung nicht vollständig eingestellt. Die 100-Tage-Leistung in der ersten Laktation hatte im Untersuchungsbetrieb in den vergangenen Jahren abgenommen. Das können Auswirkungen eines zu niedrigen Erstkalbealters sein.



Produktionstechnik und Wirtschaftlichkeit

Obwohl Besamungen mit deutlich unter 15 Monaten bei der FNS Milch GbR zu Einbußen an Milch-und Fettleistung in der ersten Laktation führen, verdient der Betrieb mit jungen Kühen mehr Geld. Während die älteren Färsen bei der FNS Milch GbR zwar rund 1.100 kg mehr Milch in der ersten Laktation produzierten, war die Aufzuchtphase sechs Monate länger. Freuen zog die Futterkosten der zusätzlich produzierten Milchmenge vom betrieblichen Milchpreis ab. Heraus kam ein Umsatzbeitrag von rund 0,19 €/kg produzierter Milch. Die Aufzuchtkosten je Aufzuchttag kalkuliert Freuen mit rund 2,40 € je Lebenstag. Im konkreten Fall haben die älteren Färsen 209 € mehr an Ertrag generiert, aber auch Mehrkosten von 439 € durch die verlängerte Aufzucht verursacht. Im Ergebnis steht ein Fehlbetrag von rund 230 € je Tier.Die Empfehlung lautet deshalb: Landwirte sollten ihre Jungrinder möglichst im Alter von 15 bis 16 Monaten erstmalig besamen. Bis zu diesem Zeitpunkt sollten die Tiere tägliche Zunahmen von etwa 850 g erreichen. Ein geringes Erstkalbealter ist aus betriebswirtschaftlicher Sicht alternativlos.

Studienergebnisse:

Theorie und Praxis



Jungrinder sind die Zukunft der Herde. Sie sollen gesund sein, hohe tägliche Zunahmen erreichen und im Optimalfall mit etwa 15 Monaten erstmalig besamt werden. Das Erstkalbealter sollte demzufolge bei etwa 24 Monaten liegen. In der Praxis weichen die Werte häufig davon ab: Untersuchungen zeigen, dass das Mittel des Erstbesamungsalters in vielen Betrieben bei 18 Monaten und das EKA bei 29 Monaten liegt.



Dabei hat die Aufzuchtphase einen hohen Einfluss auf die Wirtschaftlichkeit eines Milchviehbetriebes: Resultate aus Nordrhein-Westfalen belegen, dass eine Jungkuh, die mit weniger als 25 Monaten abkalbt, Kosten von etwa 2.000 € verursacht. Eine Färse mit einem EKA oberhalb von 33 Monaten kostet bereits 2.500 €.

Unsere Autoren:

Prof. Dr. Steffen Hoy, Universität Gießen

Stefan Freuen, Milchviehhalter

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