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Brauchen Kühe im Stall ein Nacht- oder Orientierungslicht?

Benötigen Kühe sogenannte Nacht- oder Orientierungsbeleuchtung, um zum Melkroboter zu finden? Oder ist das sogar nachteilig? Antworten liefert ein aktueller Versuch.

Lesezeit: 5 Minuten

Unser Autor: Dr. Daniel Werner, Landwirtschaftskammer NRW, Haus Düsse

Es ist unbestritten: Licht beeinflusst die Gesundheit, das Wohlbefinden sowie die Leistungsfähigkeit von Mensch und Tier. Das richtige Licht steigert die Aktivität der Rinder und ermöglicht dem Landwirt eine verbesserte Tierbeobachtung.

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Seit vielen Jahren gibt es deshalb Lichtprogramme für die Milchviehhaltung. Diese sollen den biologischen Effekt der unterschiedlichen Lichtwirkung eines Sommer- bzw. Wintertages entsprechend des Lakta­tionsstadiums simulieren. Lesertipp:

Um Kühen eine natürliche Nachtphase und gleichzeitig Orientierung zu ermöglichen, gibt es spezielle Nachtleuchten. Die kommen besonders häufig in Ställen mit automatischem Melksystem (AMS) zum Einsatz: So sollen die Kühe auch nachts häufiger zum Melkroboter gehen. Das soll die Auslastung des AMS sowie die Milchleistung steigern.

Kühe brauchen Dunkelheit

Doch sind die Nacht- oder Orientierungsbeleuchtungen wirklich nötig? Um diese Frage zu beantworten, ist es wichtig zu wissen, wie Rinder sehen.

Rinder gelten als tages- bzw. dämmerungsaktive Tiere. Die Netzhaut der Augen besitzt im Vergleich zum Menschen eine wesentlich höhere ­Anzahl an Stäbchen. Diese Sinnes­zellen sind als Fotorezeptoren für das Hell-Dunkel-­Sehen oder Nachtsehen verantwortlich.

Zusätzlich verfügen Rinder, wie auch viele andere nachtaktive Tiere, über eine reflektierende Schicht im Auge. Die blau-grüne Schicht verstärkt das vorhandene Rest- und Nachtlicht und leitet es durch Spiegeleffekte gezielt auf die Netzhaut. Deshalb genügen Rindern schon einzelne Lichtquanten zur Orientierung in der Stallumgebung.

Kühe orientieren sich nachts problemlos, auch wenn der Mensch nichts mehr sieht.

Das heißt: In der Dunkelheit, in der Menschen nichts mehr sehen, können sich Kühe problemlos orientieren. Zudem geht man davon aus, dass bei einer Beleuchtungsstärke von mehr als 10 lx die Produktion von Melatonin gehemmt und die nötige Nachtruhe der Tiere gestört wird. Lichtprogramme funktionieren nur, wenn ausreichend Licht und Dunkelheit gegeben sind. Der Rhythmus von hell und dunkel ist entscheidend für Wohlbefinden, Gesundheit und Leistung.

Viele Nacht- oder Orientierungsbeleuchtungen haben eine Intensität von weniger als 10 lx. Sind diese Lampen im Stall sinnvoll oder gar überflüssig?

Das hat die Landwirtschaftskammer Nordrhein-Westfalen am Versuchs- und Bildungszentrum Landwirtschaft Haus Düsse untersucht. Ziel war es, herauszufinden, ob sich das Besuchsverhalten und die Milchmenge von Milchkühen an einem automatischen Melksystem durch eine nächtliche Orientierungsbeleuchtung verändert.

Versuch im AMS-Stall

Die Untersuchungen wurden in einem etwa 570 m² großen Liegeboxen­laufstall durchgeführt. In insgesamt 21 Versuchswochen von November 2021 bis April 2022 standen durchschnittlich 32 Tiere zur Verfügung. Die Gruppe veränderte sich während des Versuchs dynamisch. Das heißt, dass einzelne Tiere die Herde verließen (z. B. zum Trockenstellen) oder Frischmelker hinzukamen.

Gemolken wurden die Tiere mit ­einem Lely Astronaut-Melkroboter. Zu Beginn des Tages wurde das Grundfutter mithilfe eines selbstfahrenden Futtermischwagens vorgelegt und alle zwei Stunden von einem Anschieberoboter nachgeschoben. Die tierindividuelle Kraftfuttergabe erfolgte während des Melkens.

Vor dem Versuch war das Licht im Stall nachts komplett aus. Der Versuch unterteilte sich in jeweils dreiwöchige Gewöhnungs- und Beobachtungsphasen. In der Phase 1 und Phase 3 (Wiederholung) wurde keine Orientierungsbeleuchtung eingeschaltet. Die Wiederholung fand statt, um Effekte der Laktationsstadien der Tiere oder der Veränderung der natürlichen Tageslänge auszuschließen.

Während der Phase 2 und Phase 4 (Wiederholung) wurde nachts die Orientierungsbeleuchtung am Melkroboter eingeschaltet. Diese wurde mit einem kleinen LED-Leuchtmittel (5,5 W, 470 lm und 2 700 K) umgesetzt. Ausgewertet wurden die erfassten Leistungsdaten des AMS (Programm T4C).

In der ersten Phase (Orientierungslicht aus) wurden an sechs Beobachtungstagen (jeweils Samstag und Sonntag) durchschnittlich 3,13 erfolgreiche Melkungen pro Tier und Tag erfasst. In Pha­se 2 (Orientierungslicht an) wurden mit durchschnittlich 3,14 Besuchen pro Tier und Tag vergleichbar viele erfolgreiche Melkungen registriert.

In der Phase 3 (Orientierungslicht aus) reduzierte sich die Anzahl der Besuche pro Tier und Tag geringfügig auf 2,95. In der letzten Phase (Orientierungslicht an) suchten die Kühe den Roboter im Schnitt 3,01 Mal pro Tag auf. Der kleine Knick liegt innerhalb der normalen und zu erwartbaren Schwankung.

Milchmenge unverändert

Als Milchmenge pro Tier und Tag wurden in den Phasen 1 bis Phase 4 die Werte 40,4 kg, 39,3 kg, 38,1 kg sowie 39,6 kg erfasst. In der Übersicht 1 ist sehr gut zu erkennen, dass eine Orientierungsbeleuchtung keinen signifikanten Einfluss auf die Häufigkeit der AMS-Besuche sowie auf die Milchleistung hat. Dieser visuelle Eindruck wurde zudem durch die statistische Auswertung der Ergebnisse bestätigt.

Auch der Rhythmus der Tiere hat sich nicht verändert. Die Tiere suchen unabhängig vom Einschaltzustand der Orientierungsbeleuchtung den Melkroboter regelmäßig in den dunklen Nachtstunden auf. Vor dem Hintergrund, dass das automatische Melksystem mit einer dynamischen Gruppe von durchschnittlich 32 Tieren nicht voll ausgelastet ist und die Tiere dennoch die nächtlichen Dunkelstunden sehr gut annehmen, ist die Notwendigkeit der Orientierungsbeleuchtung auch hier in Frage zu stellen.

Kühe gehen ohne Licht nicht seltener zum Melkroboter und geben vergleichbare Milchmengen.

Videoaufnahmen zeigen zudem, dass sich die Tiere in der Nacht mit und ohne Orientierungsbeleuchtung identisch bewegen. So suchen die Tiere auch in einer für den Menschen vollkommenen Dunkelheit nach dem Melken die Tränke, den Futtertisch und die Kuhbürste auf, laufen anschließend durch den Stall und wählen eine geeignete Liegebox aus. Unterschiede in Schrittlänge und -frequenz waren nicht erkennbar.

Fazit ist: Nacht- oder Orientierungsbeleuchtung sind für Rinder nicht notwendig. Es sollte sogar darauf verzichtet werden, denn die Bildung von Melatonin und die dadurch entstehenden Effekte werden unterdrückt. Das kann sich langfristig negativ auf Gesundheit und damit Leistung der Kühe auswirken. Benötigt der Landwirt für einen Kontrollrundgang eine Beleuchtung, sollte dieser die normale bzw. am besten gedimmte Stallbeleuchtung einschalten und nach seinem Rundgang wieder ausschalten.

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