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Große ostdeutsche Milchviehbetriebe sehen sich gut aufgestellt

Große Milchkuhbestände ermöglichen hohes Tierwohl, sagt Dr. Klaus Siegmund vom Interessenverband Milcherzeuger (IVM). Er sieht die Vorschläge der Borchert-Kommission als Chance zur Weiterentwicklung.

Lesezeit: 6 Minuten

Gut gerüstet sehen sich die großen ostdeutschen Milchviehbetriebe für die zunehmende öffentliche Diskussion um die Zukunft der Milcherzeugung in Deutschland. „Gerade in gut gemanagten und gut ausgerüsteten großen Milchkuhbeständen lässt sich ein hohes Tierwohl umsetzen“, so der Geschäftsführer des Interessenverbandes Milcherzeuger (IVM), Dr. Klaus Siegmund, gegenüber Agra Europe.

Seiner Einschätzung nach besteht mittlerweile weitestgehend Einvernehmen darüber, dass die Betriebs- und die Bestandsgröße nicht ausschlaggebend für eine klima- und tierschutzgerechte Milchproduktion sind.

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Der IVM wurde 1991 in Berlin gegründet. Mitgliedsunternehmen sind große ostdeutsche Milcherzeugerbetriebe und hier insbesondere solche mit einer ähnlichen technologischen Basis. Die heute modern ausgestatteten Unternehmen sind zumeist aus ehemaligen Typenanlagen 1930, 1232 und weiteren hervorgegangen. Neben Milcherzeugerbetrieben sind im IVM Unternehmen aus den vor und nach gelagerten Bereichen der Milcherzeugung als Fördermitglieder sowie Fachleute aus Wirtschaft, Politik und Wissenschaft als Einzelmitglieder organisiert

Von der neuen Bundesregierung erwartet der Verband, dass sie die Vorschläge der Borchert-Kommission für einen Umbau der Tierhaltung zügig umsetzen wird. „Unsere Betriebe brauchen einen finanziellen Rahmen, der es ihnen ermöglicht, die gesellschaftlich geforderten höheren Tierwohlkriterien umzusetzen“, betont der IVM-Vorsitzende Christian Schmidt.

Er sieht die Politik in der Verantwortung, sich am Status quo der Milchviehhaltung zu orientieren und den Unternehmen langfristige Planungssicherheit zu bieten. „Wir brauchen die Anerkennung der Landwirtschaft in den historisch gewachsenen Strukturen in Ostdeutschland“, mahnt Schmidt. Das gelte im besonderen Maße für die großstrukturierten Milchbetriebe, „die sich im Wettbewerb durchgesetzt haben und deren Anteil an der ostdeutschen Milchproduktion weiter wachsen wird“.

Spitzenbetriebe im europäischen Maßstab

Sowohl für Schmidt als auch für Siegmund weist die strukturelle Entwicklung in der ostdeutschen Milcherzeugung seit der Wiedervereinigung eine eindeutige Richtung auf. Durchgesetzt hätten sich Großbetriebe in den Bestandsgrößenklassen 500 bis 1.000 sowie mehr als 1.000 Kühen.

Ihren Angaben zufolge werden in diesen Unternehmen derzeit rund 60 % der Rohmilch in den neuen Bundesländern erzeugt. Beide erwarten, dass dieser Anteil in den nächsten Jahren weiter wachsen wird. Viele dieser Betriebe seien Spitzenbetriebe im bundesweiten und europäischen Maßstab. Das Leistungsniveau der in den großen Einheiten gehaltenen Milchkühe liege deutlich über dem Durchschnitt. Die Nase vorn hätten die führenden Betriebe auch bei den Kennziffern Lebensleistung und Nutzungsdauer ihrer Tiere.

Mangel an geeigneten Arbeitskräften

Für Schmidt schlagen weitere Vorteile großstrukturierter Milchviehbetriebe zu Buche. Er nennt professionelles Management, gute Arbeitsbedingungen der Mitarbeiter, die er an „freien Tagen, Urlaub, regelmäßigem Lohn und Arbeit mit moderner Technologie“ festmacht.

Das größte Problem für Großbetriebe sieht der Verbandsvorsitzende im zunehmenden Mangel an geeigneten Arbeitskräften. Dabei komme das im Vergleich zu anderen Branchen geringere Lohnniveau in der Landwirtschaft zum Tragen. Ein möglicher weiterer Anstieg des Mindestlohns werde die Situation noch verschärfen. Ein Großteil der Betriebe sei inzwischen dazu übergegangen, auf ausländische Arbeitskräfte zurückzugreifen.

Weitgehend reibungslos und fließend laufe in den meisten Unternehmen hingegen der Generationswechsel, sagt Siegmund. Einen wichtigen Grund dafür sieht er in der Bereitschaft von qualifizierten jungen Leuten mit Hochschulabschluss, in einem großen Agrarbetrieb Verantwortung zu übernehmen und Chef zu werden.

In Teilen verlaufe der Übergang allerdings über den Verkauf des gesamten Betriebes oder den Anteilsverkauf an andere Landwirtschaftsbetriebe, zumeist aus den Niederlanden oder Westdeutschland, sowie an außerlandwirtschaftliche Investoren.

Politisches Ziel gescheitert

Für gescheitert hält Siegmund das nach der Wiedervereinigung formulierte politische Ziel, die Struktur in der ostdeutschen Milcherzeugung hin zu Familienbetrieben nach westdeutschem Muster „umzugestalten“.

Von den 1995 rund 3.100 wieder- und neu eingerichteten Familienbetrieben mit bis zu 200 Kühen hätten inzwischen mehr als drei Viertel ihre Milchproduktion wieder aufgegeben. Zudem habe seither rund die Hälfte der Milchbetriebe mit Beständen von 200 bis 500 Kühen die Erzeugung eingestellt, während die Anzahl der Betriebe mit 500 bis 1.000 Kühen einigermaßen stabil geblieben sei.

Ursachen für die hohe Ausstiegsrate unter den Wieder- und Neueinrichter lagen laut Siegmund in dem enormen Investitionsbedarf in die übernommenen, zumeist alten Ställe, in der Kapitalknappheit, in Beratungsfehlern durch Kalkulationen auf der Grundlage überschätzter Erzeugerpreise sowie der ungenügenden Qualifikation der Landwirte. Insgesamt sei die Finanzlage der kleinen und mittelgroßen Familienbetriebe trotz Förderung zumeist prekär gewesen.

Halbierung der Betriebszahlen bis 2030?

Laut Siegmund gewinnt der Strukturwandel in der ostdeutschen Milcherzeugung derzeit weiter spürbar an Fahrt. Darauf deuteten aktuelle Zahlen der Landeskontrollverbänden und der Rinderzuchtverbände hin. Danach liege die Aufgaberate in diesem Jahr noch einmal über den Zahlen der letzten Jahre.

Neu sei dabei, dass neben Betrieben mit kleineren und mittleren Kuhbeständen erstmals, wenn auch vereinzelt, auch Unternehmen mit Beständen von 800 bis 1.000 Kühen die Milchproduktion einstellten. Siegmund geht davon aus, dass diese Entwicklung anhaltend wird. Seiner Einschätzung nach wird sich die Zahl der ostdeutschen Unternehmen mit Milcherzeugung von derzeit rund 1.900 bis zum Jahr 2030 der Marke von 1.000 nähern.

Am Markt verbleiben würden überwiegend moderne und zumeist großstrukturierte Milchbetriebe mit hoher Wettbewerbskraft, modernem Management und tierwohlgerechter Milchviehhaltung. Voraussetzungen dafür seien allerdings erhebliche Investitionen sowie ein gesellschaftspolitisches Umfeld, „in dem diese Strukturen anerkannt und gefördert werden“.

Traditionelle Milchregionen fallen zurück

Der Milchstandort Ostdeutschland hat dem IVM-Geschäftsführer zufolge in den vergangenen Jahren insgesamt an Bedeutung verloren. Allein von 2015 bis 2020 seien rund 550.000 t Milcherzeugung aus den neuen Ländern in die Gunstregionen Norddeutschlands abgewandert.

Betroffen seien allerdings nicht die leistungsfähigen großen Milchbetriebe. Diese hätten ihre Erzeugung weitgehend stabil gehalten oder sogar noch durch höhere Tierleistungen und Bestandserweiterungen gesteigert. Der Rückgang der ostdeutschen Milcherzeugung seit 2015 resultiere vielmehr im Wesentlichen daraus, dass die Kühe der aufgebenden kleinen und mittleren Betriebe anders als in den westdeutschen Gunstregionen nicht durch wachsende Milchbetriebe aufgefangen worden seien.

Innerhalb Ostdeutschlands sei die regionale Entwicklung der Milcherzeugung differenziert verlaufen. Noch am stabilsten habe sich die Produktion in begünstigten Standorten in Sachsen entwickelt.

Einen wesentlichen Faktor stellen dabei aus Sicht von Siegmund die vergleichsweise guten Fördermöglichkeiten für die Modernisierung beziehungsweise den Neubau von Milchviehställen im Freistaat dar. In vielen traditionellen Milchregionen wie der Altmark, der Prignitz oder dem Thüringer Wald sei die Milcherzeugung hingegen überdurchschnittlich rückläufig.

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