Zu Beginn des Zukunftsforums Milch der Hochwald Milch eG in Ochtendung (Rheinland-Pfalz) hatte Food- und Nachhaltigkeitsexperte Daniel Anthes gute Nachrichten für die rund 200 teilnehmenden Landwirte und Molkerei-Vertreter: „Kuhmilch wird es auch in Zukunft noch geben.“ Er erklärte, dass knapp 70 % der Deutschen zum Teil auf tierische Lebensmittel verzichten. Es gebe aber auch die Sehnsucht nach lokalen und möglichst natürlichen Produkten. Die Milch könne diese Sehnsüchte gut erfüllen.
Er gab den Zuhörenden drei Punkte an die Hand, die Lebensmittel erfolgreich machen: Funktionalität, Verantwortung und Emotionalität. „Diese drei Dinge gilt es zusammenzudenken, in Einklang zu bringen und auch nach außen zu tragen“, sagte Daniel Anthes, der selbst auf Kuhmilch verzichtet. Aus der Branche heraus passiere zu wenig wahrnehmbares, was das Marketing betrifft. Er sieht aber Potenzial: „Ich glaube, die Milch wird oft schlechter gemacht als sie ist“, beschrieb er seinen Eindruck.
Auch wenn es bei der pflanzenbasierten Milch gerade ein Tal der Tränen gebe, weil es zu wenige Wiederkäufe gebe, rief der Food-Experte dazu auf, den „Plant based-Trend“ ernst zu nehmen und zu schauen, welche Bedürfnisse dahinter stehen: „Zukunft ist nichts anderes als das, was sich heute verändert“, sagte er.
Was bringt mich weiter?
Landwirten Lust auf die Zukunft machen, möchte Eckart Schlamann. Er ist gelernter Landwirt und steht landwirtschaftlichen Betrieben als Unternehmensberater zur Seite. Bei all den Unberechenbarkeiten durch äußere Umstände wie Politik und Gesellschaft gab er den Zuhörerinnen und Zuhörern den Tipp, genau zu prüfen, wo der eigene Betroffenheits- und der Einflussbereich liegt. „Stellen Sie sich die Frage, was Ihnen wirklich weiter hilft und mit welchen Menschen Sie sich umgeben. Wer zieht Ihnen Energie und wer gibt Ihnen Energie?“, sagte er.
Landwirte sind oft überlastet
Für Erfolg sei es wichtig, Zielklarheit zu haben. „Das klingt einfacher als es ist“, ordnete er ein. Es müsse zusätzlich zu all den Phasen der Anspannung auch ausreichend Phasen der Entspannung geben. „Das landwirtschaftliche Milieu neigt dazu, sich selbst auszubeuten“, erklärte er. Ebenso wichtig sind gute und klare Beziehungen – vor allem auch was Familie und Freundschaft betrifft. „Sie sind nur dann offen für neue Märkte und Business Cases, wenn zu Hause alles in geregelten Bahnen läuft“, beschrieb er seine Erfahrung aus der Beratung.
Für einen einfacheren Betriebsalltag auf den Höfen riet er dazu, Klarheit über Rollen und Aufgaben zu schaffen. „Weiß jeder Mitarbeiter bei Ihnen zu Hause, wofür er zuständig ist?“, fragte er. Dabei helfen könnten Organigramme aber auch Prozessbeschreibungen. Außerdem ist es wichtig, so zu kommunizieren, dass jeder Mitarbeiter immer ausreichend mit Informationen versorgt ist, die seinen Arbeitsbereich betreffen.
Feedbackgespräche tragen dazu bei, dass sich Mitarbeiter weiter entwickeln können. „Je nach Entwicklungsstand und Intellekt der oder des Angestellten können Sie diese auch an der Entwicklung des Unternehmens teilhaben lassen“, erklärte Eckart Schlamann. Er betonte, dass es wichtig ist, den eigenen Betrieb so zu strukturieren, dass es möglich ist, sich als Betriebsleiterin oder Betriebsleiter Auszeiten vom Betriebsalltag zu nehmen.
Mutig nach vorne gehen
Zum Abschluss seines Vortrags gab er den Zuhörerinnen und Zuhörern mit, mutig und optimistisch zu sein, der eigenen Passion und nicht einem Trend zu folgen und auch mal über den Tellerrand hinaus zu denken.
Hochwald Zukunftsbetrieb
Die Kröll-Drescher GbR ist genau das, wozu Eckart Schlamann in seinem Vortrag aufgerufen hat: Sie sind mutig und innovativ. Auf ihrem Milchviehbetrieb mit 100 Milchkühen plus weiblicher Nachzucht gründeten sie mit dem sogenannten „Westerwälder Rinderspaß“ einen neuen Betriebszweig und bieten Besichtigungen, Sommerfeste, Kindergeburtstage oder Programme in den Sommerferien an. Für ihr Engagement im Bereich Soziales gewann der Betrieb den ersten Hochwald Zukunftspreis mit dem die Molkerei die Innovationskraft der Mitglieder honorieren und nach außen sichtbar machen will. Die Betriebsleiter erklärten auf der Bühne: „Durch den Blick hinter die Kulissen, schaffen wir ein Verständnis für Milchviehhaltung und die Landwirtschaft im Allgemeinen. Und das alles bei Spiel, Spaß und Spannung.“
Neun Bewerber mit inspirierenden Konzepten
Insgesamt bewarben sich neun Betriebe für den Innovationspreis. Die mehrköpfige Jury betonte, wie schwer es war, eine Entscheidung zu treffen. Weitere nominierte Betriebe waren zum Beispiel der Betrieb von Benedikt Blome, der sein Wohnhaus mit der Abwärme der Tankkühlung heizt oder der Hof von Karl-Christian Wilke. Er arbeitet mit einem Drei-Wege-Kreuzungssystem und kann dadurch den Heterosiseffekt für sich nutzen. Seine Kreuzungstiere sind robuster, leichtkalbiger und weniger krankheitsanfällig als reinrassige Tiere. Florian Kraft-Mies bietet seinen Mitarbeitenden innerhalb der bezahlten Arbeitszeit ein Personal Training an.