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Hygiene im Abkalbestall

Eine Voraussetzung für geringe Kälberverluste und gesunde Frischmelker ist eine optimale Hygiene rund um die Geburt. Was sollten Rinderhalter beachten?

Lesezeit: 5 Minuten

Die Geburt ist eine kritische Phase für Kuh und Kalb. Viele Schritte zu deren Vorbereitung sind in der Praxis fest etabliert. Dazu gehören z. B. die richtige Bullenwahl und eine ausgewogene Trockenstehfütterung. Erfahrungen und Studien belegen allerdings, dass Milchviehbetriebe grundsätzliche Hygienemaßnahmen in diesem Zeitraum oft noch zu stiefmütterlich behandeln. Das wirkt sich negativ auf die Kälbergesundheit und das Muttertier aus. Dabei lassen sich Infektionsketten im Stall mit einfachen Maßnahmen schnell unterbrechen.

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Kuh und Kalb kommen bei einer Geburt immer mit Keimen in Kontakt: Die Geburtswege der Kuh weiten sich, sodass Erreger aus der Umgebung dort eindringen können. Und das Kalb nimmt während des Geburtsvorgangs Keime über den Kot der Mutter auf. Das Risiko, dass die Tiere während und nach der Geburt durch einen zu hohen und damit kritischen Keimdruck erkranken, senken Landwirte aber wirksam durch hygienische Ställe.

Eine gründlich gepflegte Abkalbebox bietet dafür gute Voraussetzungen. Die Deutsche Landwirtschaftliche Gesellschaft (DLG) empfiehlt für die Einzelhaltung eine Boxengröße von 18 m² pro Kuh und 10 bis 12 m² je Kuh in der Gruppenhaltung. Zudem müssen, auch wenn mehrere Kühe gleichzeitig kalben, ausreichend Abkalbeplätze zur Verfügung stehen. Betriebe mit ganzjähriger Abkalbung sollten 5 bis 8 % des Kuhbestandes als Abkalbeboxen zur Verfügung haben. Diese sollten sie großzügig planen. Auf keinen Fall dürfen beispielsweise die Krankenbuchten als Puffer für den Abkalbereich herhalten!

Viele Keime vermehren sich in einem warmen und feuchten Umfeld explosionsartig. Daher sollten Rinderhalter für eine trockene, saugfähige Unterlage im Abkalbestall sorgen. Am weitesten verbreitet und gut geeignet sind Tiefstreubuchten. Auch gummierte Boxen bieten den Kühen Komfort. Diese müssen Landwirte aber stets zusätzlich einstreuen.

Während in der Schweine und Geflügelhaltung das Reinigen und Desinfizieren der Ställe gesetzlich vorgeschrieben ist, gibt es für Rinderhalter nur Empfehlungen. Beispielsweise die „hygienischen Anforderungen an das Halten von Wiederkäuern“ des Bundesministeriums für Ernährung und Landwirtschaft.Tiefstreubuchten sollten Landwirte demnach möglichst häufig grundreinigen, wenn die Bucht leer ist. Damit unterbrechen sie mögliche Infektionsketten von Geburt zu Geburt.

Wenn dieses Vorgehen aus Platzgründen nicht immer möglich ist, sollten Milchviehhalter nach jeder normal abgelaufenen Geburt mindestens den Kot, die Nachgeburt, Blut usw. großzügig mit dem umliegenden Stroh absammeln und anschließend reichlich frisch nachstreuen.Eine Desinfektion nach der Reinigung im Leerstand ist besonders dann sinnvoll, wenn ein kritischer Keimdruck vorliegt. Das ist der Fall, wenn der Tierarzt ein Bestandsproblem oder Fehlgeburten durch Infektionen diagnostiziert hat.

Über das passende Desinfektionsmittel informiert die frei verfügbare Liste der Deutschen Veterinärmedizinischen Gesellschaft (DVG-Liste). Diese enthält geprüfte Produkte und zeigt, welche Mittel gegen welche Erregerarten wirken.

Hygienerisiko Geburtshilfe

Kuh und Kalb können sich nicht nur bei einer natürlichen Geburt mit Keimen aus der Umgebung infizieren, sondern auch bei der Geburtshilfe. Der Überträger ist dann der Landwirt über Hände, Arme und sämtliche Geburtsinstrumente. Dazu zählen Geburtsstricke, und -ketten sowie mechanische Geburtshelfer.

Wer Geburtshilfe leistet, muss sich zuvor gründlich mit Seife die Hände und Arme waschen und neue Einweghandschuhe anziehen. Ein Kardinalfehler geschieht unmittelbar nach der Geburt: Landwirte sollten nicht mit den noch von der Geburtshilfe schmutzigen Händen in das Maul des Kalbes fassen. Denn so übertragen sie Keime direkt in das Kalb. Aber nicht nur die Hände, sondern auch Geburtsstricke haben direkten Kontakt mit den inneren Geburtswegen der Kuh. Über die Schleimhäute können Keime in das Tier gelangen und den Organismus schwächen.

Wie stark die Verkeimung ist, hat die Fachhochschule Südwestfalen untersucht und dafür den mikrobiologischen Zustand von Geburtsutensilien getestet. Bei der Untersuchung von Geburtsstricken auf Praxisbetrieben war der Keimgehalt pro Gramm Strick zum Teil sehr hoch.

Bedenklich waren auch die Nachweise der Bakterien Staphylococcus aureus und Staphylococcus xylosus. Diese können Gebärmutterentzündungen und Wundinfektionen verursachen. Einige Stricke waren zudem sehr spröde und alt und stellen damit ein Hygiene- und Verletzungsrisiko für das Tier dar.

Manche Betriebsleiter arbeiten auch mit Geburtsketten. Sie sind wegen ihrer glatteren Oberfläche zwar hygienischer, aber bei der Anwendung für das Tier weniger schonend.

Reinigen und Lagern

Um Geburtsutensilien hygienisch rein zu halten, bedarf es relativ wenig Aufwand. Viel entscheidender ist, die Arbeit regelmäßig und konsequent durchzuführen.

Der Keimgehalt auf Gleitgelflaschen, Geburtsketten und -stricken sinkt auf circa ein Tausendstel der Ausgangskeimmenge, wenn Landwirte diese gründlich mit Wasser und handelsüblichem Spülmittel reinigen.Dazu müssen sie die Materialien nach dem Gebrauch zunächst in Wasser einweichen, dann mit einer Bürste und Spülmittel reinigen und trocknen lassen. Stricke und Schürzen lassen sich häufig auch in der Waschmaschine waschen.

Da Geburtsutensilien bestenfalls nur selten zum Einsatz kommen, ist eine saubere Lagerung wichtig. In geschlossenen Behältnissen, wie Kunststoffkisten mit Deckeln oder einem Spint sind diese gut geschützt. Denn durch Stallstaub gelangen selbst Darmkeime auf Gegenstände in über eineinhalb Meter Höhe.

Damit immer alles griff- und einsatzbereit ist, hilft eine betriebliche Checkliste. Auf dieser sollten Betriebsleiter festhalten, welche Gegenstände nach dem Gebrauch wie zu reinigen sind. Eine Bestandsliste am Lagerort hilft zudem, stets alle Materialien vor Ort zu haben.

Diesen Beitrag von den Autoren Prof. Dr. Marc Boelhauve, Helene Bongard und Laura Henn von der Fachhochschule Südwestfalen (Soest) lesen Sie auch in der top agrar Ausgabe 7/2020.

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